
Schicksal sehr zufrieden und übten die frechste Bosheit. Nach
dem Bericht von Augenzeugen waren sie die Geissel des Landvolks,
verwüsteten muthwillig, was sie nicht brauchen konnten, und
marterten die Bauern im schweren Frohndienst mit teuflischer Grausamkeit
zu Tode. Vergleicht man diese. Truppen mit denjenigen,
welche 1851 von K u a n - si auszogen, selbst mit denen, welche
Meadows 1853 in N a n - k i n und T s i n - k i a n sah, so zeigt sich, dass
ihre Entartung gleichen Schritt hielt mit dem Sinken ihrer Lehre
und der wachsenden Verirrung des Lenkers. Als Gegenstück zu
jenem Edicte des T i e n -w a n möge hier der Brief stehen, welchen
er gleich nach Einnahme von Nan- kin 1853 an seinen Lehrer, den
Missionar Roberts in Kan- ton schrieb:
»Obwohl lange Zeit ve rging, seit wir uns tren n ten , hege ich
doch beständig in Liebe dein Andenken. Jetzt-,; da holde Friihlings-
, lüfte die'Menschen grüssen,- gedachte ich deiner in der F e rn e , mein
v e rehrte r älterer Bruder! Wahrhaft ruhmwürdig ist e s, dass du über
Myriaden Meilen des Oceans hergekommen b ist, die wahre Lehre des
Erlösers zu verkü n d en , u n d ’dass du von ganzem Herzen dem Herrn
dienst. Ehrerbietig theile ich dir mit, dass d e r himmlische Vater mich
trotz meiner Unwürdigkeit und Schwäche nicht verworfen, sondern in
der Fülle seiner Gnade befähigt h a t, die in L ian - g u n u nd Kian - n an
(H u - n a n , H u - p i , G a n - w u i und K ia n - su) begriffenen weiten Länder
in Besitz zu nehmen. Ich schrieb dir w iederholt, erhielt aber noch
keine Antwort.
Wegen d e r Vielfältigkeit der öffentlichen Angelegenheiten, die
meine Aufmerksamkeit beschäftigen, hatte ich nicht Müsse, das Volk
früh und spä t zu unterrichten. Aber ich machte dem Heer und der
übrigen Bevölkerung die zehn G ebote.kund, und lehrte sie , Morgens
und Abends zu beten. Doch sind ih re r nicht Viele, die das Evangelium
verstehen. Deshalb finde ich angemessen, dir den Boten . . . in
Person zu senden, um dir Frieden zu Wünschen, und dich, mein
älterer B ru d e r, zu ersuchen, wenn du mich nicht verlassen willst, zu
mir (zu kommen) recht viele Brüder mitzubringen, um das Evangelium
zu verbreiten und den heiligen Gebrauch d e r Taufe zu üben. Später,
wenn mein Unternehmen erfolgreich zu Ende geführt is t, will ich die
Lehre im ganzen Reich aussäen, dass Alle zu dem einen He rrn zurückk
ehren und n u r den wahren Gott anbeten mögen. Das is t, wonach
mein Herz wahrhaft strebt. Ich unterlasse andere Dinge zu berühren,
und sage für je tz t nicht mehr. . Mit Segenswünschen griisst dich dein
unwissender jü n g e re r Bruder Hun-siu- tsuen.«
Dieser Brief wurde von dem Boten, welcher N a n - e in wenig
Tage nach der Einnahme verliess, am 11. Mai 1853 dem Missionar
Dr. Happer in K a n - t o n übergeben, der ihn sofort an Herrn Roberts
sandte; er war mit freier kräftiger Hand geschrieben, den
Namen bedeckte ein Stempel mit folgenden Zeichen: T i e n - t i , T a e -
p in , W a n - y i n : d. h. Siegel des T a e - p i n -Königs T i e n - t i . 180) Am
Ernst des Inhalts liess sich kaum zweifeln; gesunden Verstand bewies
er sicher. Herr Roberts wünschte der Einladung zu folgen
und ging nach .S h a n g - h a e ; warum er N a n - k in nicht erreichte und
seinen Plan damals aufgab, ist unbekannt. Seit dem Besuch der
englischen Kriegsschiffe 1854 scheint alle Verbindung mit den Rebellen
aufgehört zu haben, bis Lord Eigin im Herbst 1858 nach
N a n - k in fuhr. Dem an Letzteren gerichteten Manifest des T i e n -
w An war eine Erkundigung nach Herrn Roberts und die Bitte beigefügt,
dass er nach N a n - k in kommen möge.
Erst nach der Einnahme von S u - t s a u begab sich Herr Roberts
von S h a n g - h a e aus auf die Reise, und gelangte im October
1860 nach N a n - k in . Vom T i e n - w a n mit Auszeichnung behandelt
und mit hohem Range bekleidet, bequemte er sich zur Tracht der
T a e - p in und wurde in den schmutzigen gelben Gewändern und der
goldgestickten Krone das Gespött aller N a n - k in besuchenden Fremden.
Den verantwortlichen Posten eines Ministers des Auswärtigen
— der T i e n - w a n hoffte durch Roberts mit den fremden Mächten
anzuknüpfen — schlug er klüglich aus; denn die weit über die
Prätensionen der rechtmässigen Kaiser hinausgehende Anmaassung
des Himmelsfürsten machte solche Verbindung unmöglich. Wäre
er dessen lästerlichem Wahn mit vollem Freimuth entgegen getreten,
so konnte er überhaupt in N a n - k in nicht Fuss fassen: In der
Hoffnung, Einfluss zu gewinnen, machte er wohl einige Zugeständnisse,
musste aber als christlicher Prediger grade diejenigen Lehren
des T i e n - w a n anfechten, welche dessen tollem Herzen am nächsten
lagen. So verlor er alles Ansehn und lebte in N a n - k in ganz
unbeachtet. Leider scheint Herr Roberts ausser einem später mitzu-
theilenden Schreiben garnichts über die T a e - p in publicirt zu
ls0) Meadows muss diesen in dem Buch, von Lindesay Brine abgedruckten Brief
nicht gekannt haben, sonst hätte er denselben sicher erwähnt. An seiner Aecht-
heit zu zweifeln, ist keine Veranlassung; hätte Meadows ihn gekannt und für
unächt gehalten, so hätte er sich ganz gewiss darüber ausgesprochen: — Der
Stempel vertritt bei den Chinesen die Stelle des .Siegels.