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•nur die leere Verheissung, dass alle Beschwerden streng untersucht
und für das zerstörte Opium einige Entschädigung geleistet werden
sollten. »In K a n - t o n ,« betheuerte K i - s e n bei den Verhandlungen
immer wieder, »sei der Streit entstanden, nur dort könne die Untersuchung
geführt werden,« und drang damit durch. Das englische
Geschwader segelte nach dem Süden.
Elliot’s Umkehr scheint nadi unserer jetzigen Kenntniss der
chinesischen Zustände unbegreiflich und wurde auch heftig ange-
fochten; zu bedenken ist aber, dass man damals im Umgang mit
den Grossen des Kaiserhofes noch keine Erfahrung • hatte, dass
ein günstiges Vorurtheil für deren redliche Gesinnung waltete.
Erwägt 'man ferner, dass Elliot über sehr geringe Streitkräfte verfügte,
nur unvollkommene Karten von den chinesischen Küsten
besass und sich nothwendig eine falsche Vorstellung von der
Wehrkraft des Landes machen musste, so erscheint die äusserste
Mässigung nur gerechtfertigt.
Um wurde nun degradirt, K i - s e n an seiner Stelle zum
kaiserlichen Special-Commissar in K a n - t o n ernannt und mit den
Verhandlungen beauftragt. »Die englischen Barbaren,« lautete seine
Instruction, »beklagen sich, dass die degradirten Beamten L in und
T e n ihre ursprünglichen Zusagen nicht hielten und so die jetzigen
Zerwürfnisse herbeiführten. Da ihre Sprache unterwürfig und nachgiebig
ist, so soll K i - s e n , zum stellvertretenden Statthalter von
K han - t u n ernannt, die Sache sorgfältig untersuchen. Wollen die
Barbaren Reue zeigen und sich demüthig und unterthänig betragen,
so mögen sie noch an der zärtlichen Gnade unserer himmlischen
Dynastie für die Fremden Th eil ■ haben. Nichts darf übereilt
wurde aber auch aus den Schiffen ausserhalb des Hafens genommen, da der Commissar
die Eigenthümer durch Hunger und Todesdrohungen zwang alles, herauszu-
geben. Dann 'bestand er auf einer Verschreibung, nach welcher alle Leute an Bord
eines Opiumschiffes künftig das Leben verwirkt haben sollten; aber der englische
■Commissar und die Kaufleute weigerten sich eine solche auszustellen, worauf die
Commissare L in und T e n den Handel in den Häfen schlossen, zu einer Zeit, da die
HoN-Kaufleute englischen Unterthanen mehrere Millionen schuldeten.« Der Kaiser
soll geantwortet haben: »Wir haben L in und T e n angewiesen, die Opium-Angelegenheit
in K a n - t o n zu ordnen; aber nach zwei Jahren haben sie, statt den
Schleichhandel zu beseitigen, veranlasst, dass die Barbaren der Hauptstadt nahten.
Was sind das für Dinge? Die Beamten haben den Staat und das Volk geschädigt,
ihre Aufgaben aber nicht vollbracht. Ihre Vorgesetzte Behörde hat. sie der Degra-
dirung würdig befunden, und sie müssen sich in K a n - t o n zur Untersuchung
stellen.«
werden. K i - s e n soll diese Angelegenheit in Treue schlichten und
meine Absichten ausführen. Danach richtet euch!« — Die Küstenbehörden
erhielten Befehl zu Einstellung jeder herausfordernden
Feindseligkeit gegen die britischen Schille für die Dauer der Verhandlungen.
K i - s e n fand seine Stellung in K a n - to n schwierig, denn die
Bevölkerung nährte den bittersten Fremdenhass und trat dem neuen
Bevollmächtigten feindlich entgegen, sobald dessen Absicht- einer
friedlichen Lösung bekannt wurde. Der grosse Hauten wähnte mit
den rebellischen Barbaren leicht fertig zu werden und drängte zu
rascher Entscheidung; der degradirte L in war noch immer sein
Abgott. Ernstlich glaubte wohl K i - s e n selbst nicht an friedliche
Vergleichung; seine erste Sorge in K a n - to n war die Verstärkung
der Werke an der Flussmündung. Er gab dafür grosse
Summen aus, aber die Anstalten blieben kindisch und unwirksam.
K i - s e n setzte sich auch mit L in in Verbindung, der einige Hundert
Freiwillige auf eigene Kosten einüben liess, denn der Kampf war
unvermeidlich. Der neue Bevollmächtigte wusste wohl, dass der
Kaiser befriedigende Zugeständnisse an die Engländer niemals genehmigen
würde; als Aeusserstes mochte ihm die Aufhebung des
Handelsverbotes und eine Entschädigung für das Opium gelten, die aus
den dafür aufzulegenden Zöllen in jährlichen Raten bezahlt werden
könnte. Durch Verhandlungen suchte er Zeit zu gewinnen. Die
Engländer liessen sich eine Weile täuschen, entdeckten aber am
6. Januar 1841 einen geheimen Erlass, nach welchem alle englischen imi
Unterthanen und Schiffe, wo man sie auch treffen möchte, vernichtet
werden sollten. Schon am folgenden Tage antwortete die englische
Flotte durch Zerstörung der Werke vor der Flussmündung. Zuerst
bewarfen ihre Geschütze T s u e n - p i mit solchem Frfolge, dass die
Besatzung nach 25 Minuten ausriss. Eben so schnell ging es mit
dem gegenüberliegenden T i - k o k - t o . Die Werke wurden in Trümmer
gelegt, 173 Geschütze unbrauchbar gemacht. Die chinesische
Flotte stob auseinander als bei Beginn des Kampfes eine grosse
Dschunke in die Luft flog; die anderen rannten an das Ufer und
die Besatzung floh landeinwärts. Dreizehn grosse Kriegs-Dschunken
wurden verbrannt.33) Am folgenden Morgen bat Admiral K w a n
um Waffenstillstand.
33) Die Engländer erbeuteten den rothen Knopf, das Rangzeiclien des alten
Admiral K w a n , das ihm auf sein dringendes Bitten zurückgestellt wurde,
m. ®