
10 Pinto. — Gründung von Macao.
Landes durchstreiften, oft einen schweren Stand bereiten. Es grab
darunter merkwürdige Naturen, deren Verwegenheit, Unternehmungslust
und Zähigkeit Bewunderung erregen, wenn auch die
meisten kaum mehr als rohe Banditen waren. Hier möge noch ein-
mal des Mendez Pinto5) gedacht werden, welcher als würdiger
Vertreter dieser Menschenclasse gelten kann. An den Küsten von
T s e - k ia n kreuzend, erkundeter eine Insel bei N i n - po , wo die mit
reichen Schätzen gefüllten Gräber siebzehn chinesischer Fürsten
liegen. Pinto und seine Gesellen beladen dort ihre Fahrzeuge mit
Gold und Silber, müssen aber einen Theil der Beute an die nachsetzenden
Chinesen wieder ausliefern. Dann leiden sie Schiffbruch;
nur vierzehn retten das Leben, werden aber aufgefangen, gemartert,
nach N a n - k in geschleppt, dort zu öffentlicher Peitscliung und Verlu
st eines Daumens verurtheilt. Man schickt sie nach P e - k in . Auf
der Reise haben sie Gelegenheit, die guten Sitten, bürgerliche Ordnung,
den Gewerbfleiss und die Gerechtigkeitsliehe der Landeskinder
zu bewundern, wovon Pinto lebendige Schilderungen gieht.
In P k - k in verurtheilt man die Portugiesen nochmals zu einjähriger
Zwangsarbeit; aber noch vor Ablauf des Strafmaasses gewinnen sie
die Freiheit, erreichen die Küste und schiffen sich nach N i n - po ein,
werden aber vom Schiffer auf einer wüsten Insel ausgesetzt, von
Piraten aufgenommen und kommen, durch Stürme verschlagen, nach
Japan. — Ein Kern von Wahrheit ist in Pinto’s Berichten leicht
zu erkennen, nicht aber die Grenze der Lüge.
Die Gründung von Macao und das frühere Verhältniss dieser
Colonie zur chinesischen Regierung sind in Dunkel gehüllt. Die
Halbinsel G a ü -m e n , auf welcher die Stadt entstand, bildet die südöstliche
Spitze der grossen Insel H i a n - s a n und hängt mit derselben
durch einen schmalen Isthmus zusammen. Schon 1537 sollen die
bestochenen Mandarinen den Portugiesen erlaubt haben, auf dem
unbewohnten Vorgebirge Schuppen zum Trocknen ihrer Waaren
zu bauen, welche unter der Bezeichnung »Tribut« eingeführt wurden.
Bald entstanden auch steinerne Wohngebäude; ohne Einspruch
liess man die Bevölkerung anwachsen. Die Portugiesen
bauten Festungswerke und richteten eine eigene Regierung ein,
ohne Zweifel unter Connivenz der erkauften Local-Behörden,
aber ohne ausdrückliche Zustimmung des Kaiserhofes, mit welchem
5) Seiner Schicksale ist auch im i Bande S. 4G gedacht.
Macao. — Die Spanier. 11
ein Vertrag darüber niemals geschlossen wurde. Die Hoheitsrechte,
welche die Regierung von Lissabon wiederholt beanspruchte, sind
ihr in der That bis in neuere Zeit hartnäckig verweigert worden6).
Die Portugiesen haben immer behauptet, das Territorium sei ihnen
als Ersatz für gewisse Dienste abgetreten worden, welche sie den
Chinesen zur Unterdrückung der Seeräuber geleistet hätten. Dem
widersprechen aber die Thatsachen. Sie entrichteten jährlich
eine bestimmte Summe als Grundzins an den Hof von Pe-kin und
erhielten dafür die Erlaubniss, auf der Halbinsel zu wohnen und
sich selbst zu regieren, übten diese Rechte aber nur ad nutum
des Kaisers, der sie jeden Augenblick vertreiben konnte. Ein chinesischer
Civil-Gouverneur bewachte, in Macao wohnend, unter
dem Statthalter von Kuan - t u n die portugiesischen Behörden und
regierte die dort ansässigen Chinesen im Namen des Kaisers; chinesische
Officiere untersuchten jährlich die portugiesischen Festungswerke,
und chinesische Zollbeamte erhoben Abgaben von portugiesischen
Schiffen. Kein neues Haus, keine Kirche durfte ohne
Einwilligung der Mandarinen gebaut werden. Schon 1573 zogen
diese eine Mauer quer über die Landenge und schnitten jeden freien
Verkehr mit dem Inneren ab. Die Mandschu-Kaiser erklärten nach
Unterwerfung des Reiches die Colonisten in Macao ausdrücklich
für Unterthanen der TA-xsiN-Dynastie. Erst in neuester Zeit hat
Portugal einen ähnlichen Vertrag mit der chinesischen Regierung
geschlossen, wie die anderen westlichen Völker.
Die Spanier erlangten für den Verkehr in Macao und K a n - to n
bald ähnliche Zugeständnisse wie die Portugiesen. Der Besitz der
Philippinen bot ihnen wesentliche Vortheile; dennoch blieb ihr
Handel unbedeutend. Man glaubt, dass ein grösser Theil des
Waarenverkehrs sich in Manila concentrirt hätte, wenn dort Speicher
zur zollfreien Wiederausfuhr eingerichtet worden wären. Zuweilen
berührten fremde Schiffe Manila, um Reisladungen einzunehmen und
dadurch die schweren Hafengebühren in K a n - t o n zu vermeiden;
aber selbst diesen Handelszweig drückte die spanische Regierung.
6) Portugiesische Gesandte gingen in den Jahren 16G7, 1727 und 1753 nach
P e - k in . Sie scheinen sich den Forderungen des Hof - Cereinoniels unterworfen zu
haben.