
1792 zu Portsinnutli auf dem Kriegsschiffe Lion (64 Kanonen) ein.
Der Ostindienfalirer Hindostán und die Brigg Jackall, — letztere
als Tender — begleiteten den Lion; die Reise bis zum P e i - ho
dauerte zehn Monate. Der Empfang des Botschafters war durch
Commissare der ostindischen Compagnie vorbereitet worden, welche
ihn durch die Behörden in K a n - to n der kaiserlichen Regierung
anmeldeten.
An der P e i - h o -Mündung erwarteten die Gesandtschaft zwei
Mandarinen hohen Ranges, welche an Bord des Lion kamen und
für die Ausschiffung sorgten. Sie machten den Engländern die
Reise nach P e - k iñ so angenehm als möglich, behandelten sie aber
durchaus als tributbringende Gesandtschaft. So lautete die Bezeichnung
auf allen Flaggen der für die Flussreise gestellten Boote;
und nicht nur alle Bedürfnisse, sondern auch die Ankäufe der
Engländer wurden aus dem kaiserlichen Säckel bezahlt. —
K i e n - lo ñ befand sich auf dem Jagdschlösse D z e h o l in der Tartarei,
etwa dreissig deutsche Meilen nördlich von P e - k i ñ ; dort wollte er
die Gesandtschaft empfangen. — ln einer Villa zwischen dem Dorfe
H a e - t i e n und dem Sommerpalast Y u a ñ - m iñ - y u a ñ , wo Lord Ma-
cartney bei P e - k iñ einquartiert wurde, versuchten die begleitenden
Mandarinen ihn zur Einübung des Ko-xo zu bewegen; er machte
die Bedingung, dass ein chinesischer Beamter von seinem
Range dem Bilde des Königs von England dieselbe Ehrfurcht
erweise, und man stand einstweilen davon ab. — Nach kurzem
Aufenthalte in P e - k iñ wurde die Reise fortgesetzt. In D z e h o l versuchte
man wieder, dem Botschafter vor der Audienz das Versprechen
des K o -r o abzudringen, wahrscheinlich auf Veranlassung
der Behörden in K a n - t o n , deren Einfluss sich fühlbar machte;
K i e n - lo ñ willigte aber unverzüglich in seinen Gegenvorschlag, ein
Knie vor ihm zu beugen, wie vor seinem eigenen Könige.
Lord Macartney hatte mehrere Audienzen, bei denen weder
grosses Gepränge noch beengendes Ceremoniel herrschte. K i e n - lo ñ
behandelte ihn gnädig und ehrenvoll; seine Einfachheit und unbefangene
Würde machte auf die Engländer den besten Eindruck.
Die Hoffnungen jedoch, welche sie auf den guten Empfang bauten,
erfüllten sich nicht. Der Kaiser erklärte freundlich aber bestimmt,
dass er keine schriftliche Uebereinkunft, keinen Vertrug mit der
Krone England unterzeichnen werde, da solcher Schritt gegen das
alte Herkommen, in der That ein Bruch der Reichsverfassung
wäre. Er habe hohe Achtung vor Seiner Grossbritannischen
Majestät und fühle sich geneigt, dessen Unterthanen grössere Zugeständnisse
zu machen als anderen Europäern, auch die neuen
Einrichtungen für den Handel in K a n - t o n z u treffen, welche Hauptzweck
der Gesandtschaft zu sein schienen; er werde aber stets vor
Allem das Wohl und den Vortheil seiner eigenen Unterthanen im
Auge behalten und niemals eine Spur davon opfern. Jeder fremden
Nation, deren Interessen sich nicht mit den chinesischen vertrügen,
werde er seine Gunst entziehen; die Engländer könnten die ihnen
gewährten Vortheile durch schlechtes Betragen wieder verwirken.
Dieser Ausdruck seines bestimmten Willens, erklärte der Kaiser,
bedürfe keiner Aufzeichnung oder Unterschrift. — Noch deutlicher
sprach der Minister, mit welchem Lord Macartney verkehrte: es
könnten keine Verhandlungen auf der Basis gegenseitiger Vortheile
stattfinden; alle Zugeständnisse seien nur als Gnade und Herablassung
des chinesischen Kaisers aufzufassen.
Bei der Abschieds-Audienz in D z e h o l übergab K i e n - lo n dem
Botschafter mit den gnädigsten Worten einige kostbare Steine, die
seit 800 Jahren in seiner Familie seien, und eigenhändig geschriebene
Verse für den König von England16); Lord Macartney reiste noch
voll Hoffnung auf den schliesslichen Erfolg seiner Mission nach
P e - k in zurück, wo er am 26. September wieder eintraf. Er hatte in
dem ihm dort angewiesenen Palast während seiner Abwesenheit
glänzende und bequeme Einrichtungen für einen längeren Aufenthalt
treffen lassen, denn man hoffte da den Winter durch von den
Mühsalen der Reise auszuruhen. Die Decoration des Staatszimmers
mit Thronhimmel und königlichem Wappen in Purpurseide und
reicher Goldstickerei, kostbaren Teppichen und den lebensgrossen
Bildnissen der Königsfamlie muss sehr prächtig gewesen sein.
Die Repräsentation sollte erst hier beginnen, denn der Kaiser wurde
unverzüglich erwartet. In D z e i io l war wenig Gelegenheit zu
15) Nach Andersons Bericht hätte der Kaiser dabei Folgendes gesagt: »TJeber-
gieb dieses Kästchen deinem Herrn dem König mit eigener Hand. So klein es
scheinen mag, so ist es doch nach meiner Schätzung das Werthvollste, was ich ihm
geben und mehr Reich aufweisen kann. Denn es ist, von einer langen Reihe
meiner Vorfahren auf mich übergegangen, und ich hatte es zur letzten Liebesgabe
für meinen Sohn und Nachfolger bestimmt, als ein Denkmal der Tugenden seiner
Ahnen, dessen Anblick ihm den edelen Entschluss eingeflösst hätte, ihrem glänzenden
Beispiel nachzueifern und gleich ihnen die Ehre des kaiserlichen Thrones, das
Glück imd den Wohlstand seines Volkes zu seinem grosscn Lebenszweck zu machen.«