
Um die Barbaren von weiteren Gewaltthaten abzubringen;
es war nur Verstellung und durchaus nicht ernst gemeint.« —
Der Staats - Gerichtshof erklärte K i - s e n für einen Hocli-
verräther und des schleunigen Todes würdig; der Kaiser aber
milderte den Spruch dahin, dass er der Hinrichtung gewärtig eingekerkert
bleiben sollte. K i - s e n schmachtete, den Tod vor Augen,
geraume Zeit im Kerker; die spätere Wendung der Dinge bewies
jedoch, dass er nur der Gewalt der Umstände, gèwichen sei.
Er wurde dann entlassen und gegen Ende 1841 ohne Rang und
amtliche Stellung mit der gemessenen Weisung nach T s e - k ia n geschickt,
die Barbaren zur Umkehr zu vermögen; seine alte an der
P e i - h o -Mündung so gut gespielte Rolle sollte er nochmals versuchen.
K i - s e n reiste Tag und Nacht bis H a n - t s a u ; der Com-
mandirende der Truppen aber liess dem »Verräther«, der keine
schriftliche Vollmacht hatte, die Thore schliessen. Er kehrte nach
P e - k in zurück und lebte dort eine Zeit lang O ohne StellunOg ;' dann
berief ihn der Kaiser zur Dienstleistung bei seiner Person. Nach
dem Frieden von N a n - k in wurde K i - s e n kaiserlicher Resident
in Tibet, wo Père Huc ihn sprach, und später Statthalter der Provinz
S e - TSUEN.
Die englische Regierung missbilligte die Convention von
K a n - t o n und enthob Eihot und Sir Gordon Bremer ihrer Aemter
in China. An des Ersteren Stelle trat Sir Henry Pöttinger als
einziger Bevollmächtiger; Sir William Parker erhielt den Oberbefehl
der Flotte; sie trafen Mitte August 1841 in Macao ein und
beschlossen, unverzüglich einen Feldzug gegen die mittelchinesischen
Küsten zu unternehmen. Das kam den Mandarinen unverhofft. Der
Präfect Yu eilte nach Macao, um die Expedition zu hintertreiben,
deren Ausführung auf die Häupter der kantonesischen Regierung
Ungnade und Verderben bringen musste, trat aber so unverschämt
auf, dass Pöttinger ihn gar nicht vorliess. Obwohl ihm nun die
Engländer ihre Absicht deutlich meldeten, so berichtete Yu doch
dem Kaiser, »es seien Gerüchte in Umlauf, dass die Barbaren nach
dem Norden g-elien wollten; er halte das für müssige Erfindung,
werde aber wachsam sein u. s. w.« An die Behörden in A - m o i
schrieb der Präfect: »die Engländer hätten sich einiger Dschunken
bemächtigt und würden wohl heimlich in den Hafen zu schlüpfen
suchen.« Der Kaiser wurde von allen Seiten getäuscht. Er hatte
in Erwägung der Gefahr, welche das Eindringen der Engländer in
den Y a n - t s e - k ia n dem Reiche bringen könnte, Berichte über den
Zustand des Fahrwassers u. s. w. eingefordert, und erhielt von allen
Uferbehörden die übereinstimmende Versicherung, das Einlaufen der
Flotte sei ganz undenkbar.
Die Behörden der mittelchinesischen Provinzen hatten während
der Ereignisse im Süden nicht aulgehört zu rüsten. Als Vice-
König der »beiden K ia n « fungirte der alteTartare I - l i - f u , welcher
mit K i - s e n als vertrauter Rath des Kaisers seinen ganzen Einfluss
zu Abwendung des Krieges aufgeboten hatte, trotz der Proscri-
birung aller friedfertigen Gesinnung seinen Ansichten auch treu
blieb und eifrig eine Ausgleichung herbeizüführen strebte. Als das
am P f i - h o mit K i - s e n geschlossene Abkommen bekannt wurde,
befahl I - l i - p u iü seinen Provinzen die Einstellung aller Feindseligkeiten
und sandte, wie K i - s e n am P e i - h o , den Engländern auf
Tsu - s a n eine Rinderheerde zum Geschenk. Dafür zieh man Beide
nachher des Landesverrathes. Er behandelte auch die auf T su- sa n
aufgehobenen Engländer mit grösser Milde und lieferte, gegen die
Befehle aus P e - k in , bei Uebergabe der Insel die Gefangenen aus.
Als Hüter der Küste rüstete er aus allen Kräften.
Eine der ersten Maassregeln bei Ausbruch des Krieges war
ein Verbot des Küstenhandels gewesen; keine Handelsdschunke
durfte auslaufen. Man glaubte, die Engländer bedürften, aus so
weiter Ferne kommend, der Lebensmittel, und wollte sie aushungern.
Der ungeheuere Ausfall an Steuern brachte aber die Regierung bald
zur Besinnung, und das Verbot wurde aufgehoben. — Nach der
Einnahme von Tsu - s a n erhielt I - l i - p u den B efehl, sofort drei Linien-
schiffe nach englischem Muster bauen zu lassen. Der kaiserliche
Willen leidet keinen Einspruch; der Beamte aber, welchem I - l i - p u
das Unmögliche auftrug, nahm sich das Leben. Dann sollten in
Eile Kanonen gegossen werden, wozu alle Vorbereitungen fehlten.
Endlich gelang e s, eine Giesserei einzurichten; man stellte aus
schlechtem Metall eine Menge Rohre vom grössten Kaliber her, die
beim erstenSchuss platzten. Später wurden bessere Stücke aus Bronze
und Eisen gegossen, die fast sämmtlich in die Hände der Engländer
fielen. Die Chinesen glaubten, immer, dass ihr Heil vom Umfange
ihrer Rüstungen abliinge , und verschleuderten unmässige Summen.