
but aller Provinzen des weiten Reiches waren darin aufgehäuft.
Jedes Zimmer soll einer Raritätensammlung geglichen haben; an
den Wänden liefen Etageren hin, darauf standen dichtgedrängt die
kunstreichsten Arbeiten, auch pariser Luxussachen, namentlich
Uhren aus dem vorigen Jahrhundert, in ungezählter Menge119).
Ein solches Zimmer reihte sich an das andere, und ein Palast an den
anderen: viele waren bis zur Decke mit kostbaren Gewändern, Pelzen
und Seidenstoffen vollgepfropft, andere enthielten Haufen von Gold
und Silber.120) Der amtliche Bericht an die französische Regierung
behauptet, dass Y u a n - m in - y u a n reichere Schätze enthielt, als sämmt-
liche Schlösser in Frankreich, und ein englischer Cavallerie - Officier
erzählte dem Verfasser, dass seine Pferde, anderer Streu entbehrend,
bis an den Bauch in Seidenstoffen standen. — Die kostbarsten Gegenstände
und viele wichtige Documente fand man in den Wohn-
gemächern des Kaisers und in der Audienzhalle.
Der Truppen und sogar der Officiere scheint sich eine Art
Raserei bemächtigt zu haben: was man nicht fortbringen konnte,
zerschlug, verdarb, vernichtete man. Lord Eigin und Sir Hope
Grant kamen am Morgen des 7. October herübergeritten und fanden
die Verwüstung schon furchtbar. Die Plünderung wurde in den
nächsten Tagen fortgesetzt; alle englischen Officiere erhielten Urlaub
dazu aus dem Lager vor Pe- kin; stündlich entdeckte man
neue Fundgruben und erschöpfte doch keineswegs den Schatz;.für
die Chinesen blieb die reichste Nachlese, Die Franzosen, welche
die Auswahl hatten und an der Quelle sassen, behielten jeder, was
sie nahmen; k e in e r soll zu kurz gekommen sein. Sir Hope Grant
fürchtete für seine Truppen den entsittlichenden Einfluss der Plünderung
und gestattete sie nur den Officieren. Diesem und die englische
Reiterei, welche gleich nach den Franzosen am Sommerpalast
eintraf, mussten ihre Beute an das Obercommando abliefern; sie wurde
im Lager versteigert und der Erlös unter die ganze Armee vertheilt.121)
119) Viele Gegenstände, die man ihrer beträchtlichen Grösse wegen für Bronze
hielt, waren aus purem Golde.
12°) Man fand u. a. viele Säcke mit portugiesischen Dublonen, den für den Besitz
von Macao jährlich gezahlten Grundzins.
121) Viele Gegenstände wurden zu unerhörten Preisen gekauft. — Der ganze -
Erlös betrug 123,000 Dollars. Jeder Gemeine erhielt 17 Dollars. Die Officiere
wurden nach ihren Rangstufen in drei Classen gesondert und erhielten verhältniss-
mässige Antheile. Die Generale Sir Hope Grant, Sir John Michell und Sir Robert
Napier verzichteten auf die ihren zum Besten der' Truppen.
Wann der Kaiser Y u a n - m in - y u a n verliess, ist ungewiss.
Man fand die Denkschriften S a n - k o - l i n - si'n ’s , welcher zur Flucht
rieth, und vieler Censoren und Minister, welche diesen Gedanken in
den stärksten Worten verdammen. In den an die kaiserlichen Gemächer
stossenden Höfen lagen blutige und zerfetzte Kleidungsstücke
der gefangenen Parlamentäre; dort standen auch ihre Pferde;
man glaubte, dass H i e n - e u n selbst sich an ihren Qualen weidete,
und verbrannte diese Gebäude schon damals. — Wo der Prinz von
K u n in dem Zeitraum vom 7. bis zum 12. October, dem Datum
seiner nächsten Mittheilung weilte, ist ebenfalls unklar. Nach
H a n - k i ’s Aussage, zog er sich mit der chinesischen Armee zurück;
wahrscheinlich suchte er den Kaiser auf.
Am 9. October marschirten die französischen Truppen nach
dem Lagerplatz der englischen und stellten sich auf deren linkem
Flügel auf; am 10. richteten die Generale Sir Hope Grant und
de Montauban an den Prinzen von Kun eine Sommation auf Auslieferung
des Nordost-Thores der Tartarenstadt, G a n - t i n - m e n ,
welchem die Verbündeten gegenüberstanden; sei dieselbe bis zum
13. October nicht erfolgt, so würde die Stadtmauer bombardirt. —
Man traf alle Anstalten; die recognoscirenden Officiere konnten bis
unter die Mauern reiten, deren Besatzung eifrig weisse Fahnen
schwenkte, aber keinen Schuss feuerte. In die Häuser der kleinen
Vorstadt vor dem GAN-riN-Thore, kaum hundert Schritt von dessen
Kanonen, brach man ohne Belästigung Schiessscharten. Für die
Breschebatterieen bot die hohe und starke Parkmauer des Tempels
der Erde passende Emplacements; etwa 600 Schritt östlich vom
G att- t i n -Thore sollte die Stadtmauer niedergelegt werden.
Die Dolmetscher hatten am 10., 11. und 12. October Zusammenkünfte
mit H a n - e i, der zuversichtlich eine Lösung versprach
und am 12. die Antwort des Prinzen von K u n auf die Sommation
vom 10. October übergab. Er habe wiederholt gemeldet, dass seine
Officiere zu ehrenvoller Behandlung des Herrn Parkes angewiesen
seien, dass nach Feststellung aller die Unterzeichnung der Convention
betreffenden Fragen mit Demselben die britischen Unter-
thanen ausgeliefert werden könnten. Wie es nun komme, dass
nach diesem grossmüthigen Verfahren gegen die englische Regierung
britische Truppen den kaiserlichen Gartenpalast beschimpft,
Seiner Majestät Audienzhalle und Wohngebäude niedergbrannt
hätten. »Ist es vernünftig, dass, während die Nation des Gesandten