
Landes verratli: die Engländer wollten das Gebiet von K a n - t o n
nehmen, die Stadt besetzen; das sei nicht zu dulden. — Im Decem-
1342. her 1842, also wenige Monate nach dem Eriedensschluss, zog ein
Pöbelhaufen nach der englischen Eactorei und steckte sie an allen
Ecken an; schallender Volksjubel begrüsste das Zusammenstürzen
des Flaggenmastes. Die politische Bedeutung dieser That gab sich
auch darin kund, dass die Volksmänner der Plünderung wehrten.
— Die Bewohner retteten sich, doch alle Gebäude verbrannten. Im
Bericht an den Kaiser sagte der Gouverneur, die Bevölkerung habe
in gerechter Entrüstung einige Excesse gegen die Barbaren begangen.
Die Regierung zahlte ohne- Umstände eine Geldbusse für den angerichteten
Schaden, aber die Thäter blieben straflos; der grosse
Haufen bestärkte sich im Wahn seiner Macht.
In früheren Jahren hatte die Mandschu-Regierung dem Volke
niemals Waffen erlaubt; während des Krieges waren aber in K a n t
o n und der Umgegend viele vertheilt und nachher nicht wieder
abgeliefert worden. Mit diesen exercierten die Kantonesen unter
selbstgewählten Führern — nicht, wie die Milizen, unter kaiserlichen
Officieren — und bildeten sich selbstständig zu Soldaten aus.
Gleich nach dem Brande der Factorei kam von den umliegenden
Dorfschaften das Erbieten, sich den bewaffneten Vereinen an-
zuschliessen. Auf den Bericht darüber antwortete der Kaiser sehr
gnädig; die Mandarinen förderten die Bewaffnung und Einübung der
Landbewohner; auch entferntere Bezirke traten in den Verband.
Der Vice-Gouverneur inspicirte bald darauf die nach Zehntausenden
zählenden Schaaren und berichtete dem Kaiser: bei so vollkommener
Wehrhaftigkeit sei künftig nichts zu fürchten. Die Namen
der Führer wurden in P e - k in genannt, und sechszigtausend Dollars
zur Vertheilung angewiesen. Die Häupter der Bewegung erhöhten
den Werth ihrer Dienste durch Geldsammlungen für den Bau von
Festungswerken, und erweckten im Volke eine Freude am Waffen-
haüdwerk, ein männliches Bewusstsein der eigenen Kraft und
Selbstständigkeit, welche einer despotischen Regierung auf die Länge
Gefahr bringen konnten. — Der Central-Verein tagte in K a n - t o n
und hielt seine Versammlungen in einer zum Confucius-Tempel-ge-
hörigen Halle, wo die Berichte der Zweigvereiue .vorgetragen und
alle wichtigen Schritte beschlossen wurden. Die Volksmänner schalteten
mit schrankenloser Willkür, brannten die Amtsgebäude verhasster
Mandarinen nieder und liessen unredliche Polizei - Beamten
öffentlich hinrichten, ln der Folge führten diese Selbstregierung
und der Fremdenhass anarchische Zustände herbei, die gewa tsam
unterdrückt werden mussten.
Im Sommer 1843 kamen die Handelsbestimmungen und der
Zoll-Tarif zum Vertrage von N a n - k in z u Stande, und am 8 . October
wurde ein Additional-Vertrag unterzeichnet, nach welchem in Zukunft
alle civilisirten Völker des Westens unter denselben Bedingungen
wie die Engländer zum Handel in den fünf geöffneten
Häfen berechtigt se in ,58) die Engländer aber alle Rechte, welche
jemals einem anderen Volke zugestanden würden, ohne weiteres
ebenfalls gemessen sollten. Dieser Artikel der »meistbegünstigten
Nation«, durch welchen die Verträge der westlichen Volker mit China im.
eine gewisse Solidarität erhalten, ging in alle später abgeschlossenen,
zunächst in diejenigen-von America und Frankreich über, welche,
im Sommer 1844 in Macao verhandelt, ersterer am 3. Juli, letzterer
am 24. October unterzeichnet wurden. Beide enthielten die wesentlichen
Bestimmungen des Vertrages von N a n - k in . Neu waren im
americanischen Vertrage einige Erleichterungen für den Schiffsverkehr
und die Bestimmung, dass die Fremden chinesische Unter-
thanen als Sprachlehrer annehmen und nach Gefallen chinesische
Bücher kaufen dürften,,— worauf früher harte Strafen standen.
Der französische Vertrag enthielt das neue Zugeständniss, dass jedes
Kriegsschiff in a l l e chinesischen Häfen einlaufen und sich mit
Lebensmitteln versehen dürfe. In beiden Verträgen wurde die Bestimmung
getroffen, dass sie mit den Tarifen nach zwölf Jahren
einer Revision unterliegen- sollten. Die Gültigkeit dieses Artike s
auch für den englischen Vertrag erkannten die. Chinesen mit der
ausdrücklichen Erklärung an, dass dessen Dauer über diesen Zeitraum
hinaus dadurch nicht angefochten würde; die contrahirenden
Mächte sollten nach Ablauf jener Frist nur Bevollmächtigte ernennen,
welche sich über das Bedürfniss von Neuerungen verständigten.
an Die E n g län d e r rühmen sich d e r Initiative fü r die se Maassregel. Die chinesischen
Bevollmächtigten machten ab e r schon im Ju n i 1843 b ek a n n t: -d a s s , sobald
sie vom F in a n z -M in is te r in P e - k,n die Handelsbestimmungen u n d die 1T n r f e fü r dm
fü n f Häfen erhalten u n d veröffentlicht haben w ü rd en , diese au f den H an d el d e r an-
d e ren V ö lk er eben so g u t Anwendung finden s o llte n , als au f d en e n g is c en.«
st'eht auch im Einklang m it dem G ru n d sa tz , B arb a ren durch B arb a ren p i bezwingen,
wenn sie sich die an d e ren N a tio n en verbinden wollten. Die So lid a ritä t d e r In te re s sen
is t aber fü r die -Engländer mindestens eb en so wichtig als fü r alle an d e ien
Nationen.