
kurze Schwerter, oder eine Art Dreschflegel. Der zweite drang auf
den ersten ein, und dieser zeigte seine Gewandtheit, indem er tlieils
die Schläge mit dem Schilde parirte, theils auswich, sich auf der
Erde kugelte und hinter seinem Gegner aufsprang. Zehn solcher
Paare erschienen hintereinander und thaten dasselbe; man glaubte
Kunstspringer zu sehen, so abgepasst, so unkriegerisch waren alle
Bewegungen. Die anwesenden französischen Officiere erklärten, in
der Action niemals solche Luftsprünge chinesischer Soldaten gesehen
zu haben; es waren wohl abgerichtete Trabanten, die der F u - t a e
vorführte.
Den Gästen, welche im Zelt an einem langen Tische sassen,
war unterdessen Thee gereicht worden, in welchem frischgrüne
Blätter herumschwammen, wahrscheinlich etwas Erlesenes, das nur
den Europäern wie ein Kräuterdecoct aus der Apotheke schmeckte.
Ein darauf folgender Imbiss aus frischen und eingemachten Früchten,
Fleischpastetehen, Kuchen und schrecklichem Champagner war so
ärmlich und schmutzig, dass nur Höflichkeit den Ekel überwand.
Die bunten, abgestossenen Porcelan-Teller bildeten eine Musterkarte
chinesischer und englischer Service, wie sie sich nur bei
Klein-Trödlem findet; die europäischen Messer, Gabeln, Lötfel und
Gläser schienen vielfach gebraucht, aber selten gereinigt zu sein.
— Warme Mandelmilch und eine zweite Dosis Thee, anders bereitet,
schlossen die Mahlzeit.
Am 12. April machte der Gesandte mit einigen Begleitern
dem F u - t a e einen Besuch. Morgens sandte er nach chinesischem
Brauch seine Visitenkarte. Jeder Mandarin hat deren zwei; die
eine nur mit seinem Namen, die andere mit allen Titeln, in fetten
Lettern von oben nach unten auf Stücke carmoisinrothen Papieres
in länglichem Gross - Octav gedruckt. Sie sind auch jedem Europäer
im Verkehr mit den Chinesen nothwendig; der Dolmetscher
Herr Marques, welchen Graf Eulenburg für die Zeit seiner Anwesenheit
in China aus Macao zu sich berufen hatte, entwarf sie für.
die Gesandtschaft. Da die Chinesen keine Buchstabenschrift kennen,
so ist es schwierig, den Klang der fremden Namen wiederzugeben.
Ihre Schriftzeichen drücken Begriffe aus; das einsilbige
Wort aber, das solchem Zeichen entspricht, hat nebenbei noch
viele andere Bedeutungen. Da nun jede anstössige Nebenbedeutung
bei der Wahl der Zeichen vermieden werden muss, so hat die Zusammenstellung
grosse Schwierigkeit. P in z. B. heisst Soldat, Eis,
Krug, eine Krankheit, Ruhe und Pfannkuchen; die feinen Unterschiede
der Aussprache nach der verschiedenen Bedeutung sind bei
vielen Worten kaum hörbar. Lord Eigin, dem in P e - e in die mongolischen
Kartoffeln schmeckten, bat einen der Dolmetscher, 200
K a t t i davon zu bestellen, die er mitnehmen wollte. Zum Unglück
bedeutet dasselbe Wort »Aal«, und der Botschafter erhielt 200 K a t t i
lebender Aale. — Da wenige chinesische Silben gleich deutschen lauten,
so giebt es oft komische Klänge: den Namen Eulenburg drückten
die Zeichen G n a i , L i n , Pu aus. G n a i heisst die Blume Artemisia,
auch Anmuth, Lieblichkeit; L in heisst Wald; Pu Meereswelle oder
leuchtend, schimmernd. — Im Ausdruck des Ranges auf den offi-
eiellen Karten mussten die Worte T a - e u o , Reich, und T s in , kaiserlich,
der eigenartigen Sprache der Chinesen entlehnt werden; nach
chinesischer Anschauung gebühren sie nur dem Reich der blumigen
Mitte und seinem himmlischen Herrscher; alle anderen Ausdrücke
bezeichnen aber abhängige Staaten und wären deshalb unangemessen.
Das chinesische Ceremoniel fordert auch, dass man in Sänften
»vorfährt«; dabei sind die Farbe, die Zahl der Träger u. s. w. für
jeden Rang genau vorgeschrieben. Herr Probst hatte für den Gesandten
eine schöne geräumige Sänfte besorgt, die mit grünem
Zeug beschlagen und mit Frangen garnirt war; acht Träger, die
seinem Range gebührten, erhielten kleidsame grüne Costüme mit
rothen Borten. Die für seine Begleiter gemietheten Sänften zu vier
Trägern waren eng und gebrechlich, aber bequemer als der japanische
N o r im o n ; man sass wenigstens aufrecht. Die Bewegung
ist unangenehm; die langen Tragstangen aus Bambus federn,
und es geht im Laufschritt. Von je zwei Trägern einer Sänfte
hat jeder die beiden Tragstangen auf den Schultern, von je vier
jeder eine Tragstange; bei acht Trägern hängt das Ende
jeder Stange mittelst ' Strickes an einem Tragholz für zwei
Männer.
Gegen zwei Uhr Nachmittags bestiegen wir die Sänften; es
ging durch die Fremdenstadt, dann mit Hindernissen durch die
engen Gassen der Chinesenstadt; oft mussten die Träger über Ge-
räthe setzen, die im Wege lagen. Eimer mit Fischen, Gemüsekörbe
und alte Leute, die sich nicht schnell genug an die Wände drückten,
wurden ohne Besinnen Umgerannt; entgegenkommende Sänften
mussten oft in die offenen Kaufläden geschoben Werden. Dabei