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Recht schäften sollte; dass sie immer Zutritt zu seiner Person
hätten; dass sie ihre Dolmetscher und Schreiber nach eigenem
Ermessen wählen dürften; dass keine Soldaten oder andere
chinesische Beamten ihnen zur Bewachung oder Begleitung aufgedrängt
würden; dass alle vom König angekauften Waaren zollfrei
wären, alle andere Einfuhr aber eine Werthsteuer von drei Procent
zahlen sollte«. Die Bestimmungen dieses merkwürdigen Vertrages
beweisen, dass die Schwierigkeiten des Verkehrs damals ganz ähnliche
waren, wie in unseren Tagen. Ihre Geschütze und Munition,
mussten die englischen Schiffe während des Aufenthaltes im Hafen
abgeben.— Mit der Zeit wurde dieser Handel unbequem; die Com-
1681. pagnie gab 1681 ihre Beziehungen zu T a e - w a n und A -m o i wieder
auf und trachtete, sich in F u - t s a u und K a n - t o n einzurichten.
Der englische Handel in N i n - po und A - moi scheint nur so
lange geblüht zu haben, als diese Plätze vom Tartarenjoche frei
blieben; die neue Dynastie war unsicher auf dem Throne und
leas, wohl deshalb dem Fremdenverkehr besonders abhold. Um 1685
versuchte die East-India-Company in A - moi wieder Fuss zu
fassen und bemühte sich ernstlich, in regelmässige Verbindung mit
K a n - to n zu treten. Aber die eifersüchtigen Ränke der Portugiesen,
welche alle Schiffe der Briten von Macao ausschlossen und die Mandarinen
gegen sie aufhetzten, blieben ein unüberwindliches Hinderniss.
Bei den Tartaren setzte sich der Argwohn fest, dass die
Engländer unter dem Schein des Handels politische Zwecke ver-
i68ä. folgten. — Als 1689 das englische Schiff Defence nach K a n - to n
kam, forderte der H o p - P o oder Steuer-Director 2484 T a e l 12) Hafengelder,
begnügte sich aber schliesslich mit 1500 T a e l . Einer von
der Schiffsmannschaft tödtete einen Chinesen, und in dem daraus
entstandenen Strassen-Krawall wurden der Schiffsarzt und mehrere
Matrosen erschlagen. Nun wollten die Mandarinen das Schiff nicht
segeln lassen, wenn nicht eine Busse von 5000 T a e l erlegt würde;
der Capitän bot 2000, führte aber, als diese nicht angenommen
wurden, sein Schiff ohne Weiteres den Fluss hinab und gewann
unangefochten die See. — Bald nach diesem Ereignisse muss die
12) Der Ausdruck T a e l bezeichnet keine Münze, sondern ein Gewicht; alles
Silber wird in China gewogen, Silbermünzen giebt es nicht. Im Cours auf London
galt 1861 der S h a n - h a e - T a e l 6 Shilling 4 pence bis 7 Shilling 4 pence. Der
K a n - t o n - T a e l ist um 9 - ^ Procent, der H a i - k u a m - oder Regierungs - T a e l um
1 1 ^ Procent schwerer als der S k a n g - h a e - T a e l . .
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englische Factorei entstanden sein. In einem Schreiben des Direc-
toriums der Compagnie an ihren Handelsvorsteher in K a n - to n vom
Jahre 1699 lieisst es: »Wir haben den Auftrag von Seiner Majestät «k».
erhalten, Euch und Diejenigen, welche nach Euch zu unseren
Handelsvorstehern in China ernannt werden, zum königlichen Bevollmächtigten
(minister) oder Consul für das englische Volk zu
ernennen, und denselben alle mit diesem Posten verbundene Amtsgewalt
zu verleihen.«ls)
Das ganze 18. Jahrhundert hindurch hatte der Handel mit
grossen Schwierigkeiten, vor Allem mit der Habgier der Beamten,
zu kämpfen, welche sich an den Fremden zu bereichern suchten.
Zwischen ehrenhaften Kaufleuten und gewissenlosen Abenteurern
machte man wenig Unterschied; alle Fremden hafteten solidarisch
für die Vergehen Einzelner. Die Maxime, nach welcher man sie
behandelte, drücken folgende von Pere Premare aus einer chinesischen
Schrift übersetzten Worte aus: »Die Barbaren sind gleich
Bestien, und nicht nach denselben Grundsätzen zu regieren wie
Chinesen. Wollte man versuchen, sie nach den hohen Gesetzen
der Weisheit zu leiten, so würde das nur zur ärgsten Verwirrung
führen. Die alten Könige haben das wohl gewusst und regierten
deshalb die Barbaren durch Missregierung. Deshalb ist Missregierung
bei weitem die beste Art, sie richtig zu leiten.« Nach diesen
Grundsätzen entzog man ihnen selbst die Wolilthaten der chinesischen
Rechtspflege. »Die Fremden«, heisst es in den Aufzeichnungen
der englischen Factorei, »werden nicht nach Gesetzen,
sondern nach der Willkür der Mandarinen regiert, und der Grund,
dass nicht noch mehr Unzuträglichkeiten Vorkommen, liegt nur darin,
dass die Rgierungsbeamten noch lieber durch Erpressung ihre
Taschen füllen, als harte Maassregeln ergreifen.« — Oft mussten,
wie gesagt, schuldlose Menschen für geringe Versehen, die schlimme
Folgen gehabt hatten, der chinesischen Justiz ausgeliefert werden,
nicht zum Verhör, sondern zu grausamer Hinrichtung. Solches
Verfahren erbitterte natürlich auch den besseren Theil der Fremden;
die gewissenloseren rechtfertigten damit ihre eigenen Gewalt-
thaten, welche sie Vergeltung nannten, die aber unter geordneten
Verhältnissen Mord, Seeraub und Brandstiftung geheissen hätten.
1S) Diese Bestallung scheinen die Directoren der ostindischen Compagnie nicht
gekannt zu haben, da sie 1832 im englischen Parlament behaupteten, der Handels- .
Vorsteher in K a n - t o n sei lediglich ein Vertreter der Compagnie.