
seinen Truppen wiederzunehmen. Statt diesem Befehl zu gehorchen,
hat er Verzögerungen herbeigeführt, unter dem Vorwande, dass
weder Geschütze noch Truppen bereit wären. Sobald er aber hörte,
dass die Engländer zum Abzug entschlossen seien, schickte er Soldaten
hin. Da nun offenbar die Engländer von der Iusel flohen,
weil sie von den in Kan-ton z u ihrer Vernichtung getroffenen
Maassregeln hörten, so war es Pflicht des I - li-p u , grausame Rache z u
üben, die Befehle des Himmels durch völlige Vernichtung der Eindringlinge
zu vollziehen, und durch kräftige Maassregeln das Herz
des Volkes zu erfreuen. Deshalb befehlen wir, dass I - l t - p u aus
dem Staatsrath ausscheide und seine Pfauenfeder verliere, sein Amt
als General-Gouverneur aber behalte.« Diesem Erlass folgte auf
dem Eusse ein zweiter in den bittersten Ausdrücken: 1 - l i - p u habe,
den kaiserlichen Befehlen ungehorsam, Ki-sen’s Rathschlägen Gehör
o-eo-eben. Der Mongole Ytj-kien, bis dahin Statthalter Ö O ° von Kian - su,
der bitterste Feind der Engländer, wurde zu seinem Nachfolger als
kaiserlicher Commissar ernannt. Dieser sollte nicht zögern, die
ganze Brut der verhassten Fremden zu vernichten. Ein drittes
Decret befahl I - i.i-ru zur Verantwortung in Pe-kin z u erscheinen.
— Drei Tage kniete er am Thore des Palastes und flehte um den
Richterspruch: der Greis von 75 Jahren, der als kaiserlicher Rath,
Statthalter und Vice-König lange die höchsten Aemter bekleidet
hatte, musste wie ein gemeiner Verbrecher nach der sibirischen
Grenze wandern, wo die Verbannten am A m u r Schiffe ziehen oder
den Pelzjägern als Sclaven dienen.
Nach Herstellung des durch den Tai- fün angerichteten Schaum.
dens segelte das britische Geschwader gegen den 20. August 1841
nach Norden. Auf Hong-kong blieb eine schwache Besatzung
zurück, die trotz aller Prahlereien der Chinesen ausreichte, die
Insel zu halten. Die Mandarinen in Kan - ton schrieben dem Kaiser,
die Engländer brächen nach dem Norden auf, weil sie gegen
Kan- ton nichts mehr ausrichten könnten; nun solle Hong- kong
schleunigst wiedergenommen werden.
Tau- kwan befahl in einem Erlass an die Statthalter der
Küsten - Provinzen die völlige Ausrottung des Feindes; »Yi - san hat
in Kan- ton ihre Schiffe zerstört und verbrannt; deshalb verliessen
sie diese Gegend. Die Beamten sollen ihre Ansicht aussprechen,
wie die Ueberbleibsel des Geschwaders zu vernichten sind.« — Die
englische Flotte steuerte zunächst nach der Küste von F u - k ia n ,
deren Bewohner ein unternehmender zäher Menschenschlag, vorzügliche
Seeleute und mehr als alle anderen Chinesen mit Europäern
bekannt sind; denn sie wandern zu Tausenden nach den
Colonieen in Hinter-Indien und kehren, sobald sie genug erworben
haben, an ihre heimathliclien Küsten zurück. Deshalb mag die
chinesische Regierung auf dieses Gebiet und besonders A - m o i ihr
Augenmerk gerichtet haben. Seit der Recognoscirung der Fregatte
Blonde im Juli 1840 war der Hafen stark befestigt worden; von
der Stadt lief eine Steinmauer von unmässiger Dicke bis zur Hafenmündung.
— Am Abend des 25. August fuhr das englische Geschwader
in den Hafen und beschoss sich am folgenden Morgen
eine Weile mit jener steinernen Schanze; dann landete eine Abtheilung
Infanterie und stürmte sie fast ohne Widerstand in der
ungedeckten Flanke. Die Chinesen warfen ihre dicken Schilde auf
den Rücken und liefen davon; der Commandeur wandelte bedächtig
in das Wasser und ertränkte sich angesichts der Flotte. Am
Morgen des 27. August drangen die Truppen ohne Widerstand in
die Stadt; ihr Verlust an beiden Tagen betrug zwei Todte und
fünfzehn Verwundete.
Der Gouverneur der Provinz Y e n - T a d - z e n hatte vor dem
Angriff nach P e - k in berichtet, die Werke würden die feindliche
Flotte in verheerendes Feuer hüllen und ihr keinen Weg zum
Entschlüpfen lassen. Bei Beginn des Geschützkampfes bestieg er
einen Hügel um Alles zu übersehen, und, machte sich nach Erstürmung
der langen Schanze aus dem Staube. »Ich selbst«, schreibt
er dem Kaiser, »führte die Soldaten zur Schlacht. Wir versenkten
einen ihrer Dampfer und vier Kriegsschiffe durch unser schreckliches
Feuer; aber die Barbaren antworteten. Der Südwind blies
unseren Soldaten den Pulverdampf in das Gesicht, und so ging
A - m o i verloren.«40)
-40) Der Kaiser antwortete: » A . -m o i ist der Schlüssel von F u - k ia n . Y e n und
der Admiral der Station müssen es wiedemehmen. Dazu erlauben wir eine genügende
Anzahl Milizen auszuheben; aiich sollen Truppen zu Hülfe geschickt werden. Aber
der Statthalter muss bedacht sein, die Hauptstadt F u - t s a u z u schützen und, statt
die Barbaren .zur See zu bekämpfen, ihren Angriff auf dem Lande abwarten. Uebri-
gens soll das Betragen des Gouverneurs und der anderen Commandeure, welche
nicht Stand hielten, vom Strafgerichtshof untersucht werden.« Der Admiral der
Station hatte bei Annäherung der englischen Flotte geglaubt, einen Zug gegen die
Piraten unternehmen zu müssen, .und rettete so das Geschwader der Provinz.