
rathung der einzuschlagenden Wege darauf bestanden, dass von
keiner Aenderung die Rede sein dürfe. Die Bevollmächtigten hätten
mehrere Vorstellungen in diesem Sinne an den Thron gerichtet,
jedesmal aber die peremtorische Weisung erhalten , den vorgeschriebenen
Standpunct einzuhalten. Zuletzt, hätte der Kaiser eingewilligt,
unter folgenden vier Bedingungen Frieden zu machen: dass
kein Handel nach den Häfen am Y a n - t s e erlaubt würde; dass
kein Gesandter nach P e - k in käme; dass Fremde nicht im Innern
des Landes reisen dürften; dass K an - t o n schleunigst geräumt
würde. — »Die Commissare können unmöglich so dumm gewesen
sein, sich in Alles zu fügen. . . . Niemals, seit Anfang der Welt,
galt-der Grundsatz, dass ein Beamter, statt den Räuber für seinen
Diehstahl zu strafen, ihn versöhnen soll, indem er Alles thut, was
dessen Bosheit gegen die beraubte Person vorschreibt.« — Der
Verfasser, offenbar ein Mann von geringer Bedeutung, erzählt
manches den Thatsachen Widersprechende und klagt über die
Heimlichkeit der Verhandlungen; der grösste Theil seines Berichtes
wurde aber durch später aufgefundene Papiere und durch die
Ereignisse vollkommen bestätigt; so die Angaben über Ho- k w e i t
s i n , der während der Verhandlungen noch mehrere Vorstellungen
an den Thron gerichtet und endlich dem Kaiser geschrieben hätte,
derselbe möge, wenn er seine Vorschläge nicht billigte, die drei
Fürsten (die Prinzen von Wur, K on und T s in ) nach S h a n s - h a e
schicken, denen die oberste Leitung der auswärtigen Angelegenheiten
anvertraut sei, worauf der Kaiser an den Rand geschrieben
hätte: »Seine Halsstarrigkeit wird ihm Verderben bringen«.
Nach der Schlussberathung über die Handelsbestimmungen
ersuchten nun die Commissare Lord Eigin in einer vom 22. October
datirten Note — unter Erörterung der Umstände, welche den Abschluss
des Vertrages von T i e n - t s in bedingten — von Einrichtung
einer Gesandtschaft in P e - k in abzustehen und die englische Regierung
zu Wahl eines anderen Wohnsitzes für ihren Vertreter zu
vermögen. Sie stellten das Erscheinen fremder Gesandten in der
Hauptstadt als die grösste Beschädigung dar, welche China zugefügt
werden könne; es müsse die Lage der durch Rebellionen im Inneren
ohnedem schon bedrängten Regierung wesentlich verschlimmern
und könne zu Aufständen in P e - k in führen, deren Folgen sich
nicht absehen liessen. Die Commissare gaben zu, dass England
auf Erfüllung des unter dem Zwange der Waffengewalt bewilligten
Vertragsrechtes bestehen könne, baten aber, dasselbe nicht zu
urgiren, versprachen auch dafür gewissenhafte Erfüllung aller
anderen Bestimmungen und Gewährung neuer Vortheile ausserhalb des
Vertrages. — Lord Eigin wechselte mit ihnen mehrere Noten darüber
und versprach schliesslich, unter Festhaltung des R e c h t e s einer
stehenden Gesandtschaft, ihr Gesuch dahin zu befürworten, dass,
wenn der mit Auswechselung der Ratificationen beauftragte Diplomat
zu P e - k in in angemessener Weise empfangen und der Vertrag
in allen Stücken gehalten würde, — die Regierung von Grossbritannien
ihren Vertreter anweisen möge, seinen Wohnsitz anderswo
als in der Hauptstadt zu nehmen und diese nur vorübergehend bei
dienstlichem Anlass zu besuchen.
Hier beginnt erst der ernste Kampf um Gleichberechtigung,
welchen die Diplomaten mit dem Vertrage von T i e n - t s in aus-
gefochten wähnten. Der Himmelssohn, dessen Vorgänger seit
mythischer Zeit als Herren der W elt gegolten und nur Unterthanen
gekannt hatten, sollte in seiner Nähe Barbaren dulden, die ihm
nicht einmal gleiche Ehrfurcht erwiesen, wie die seinen Hof besuchenden
asiatischen Fürsten; er sollte sie mit dem Bewusstsein
dulden, dass er sich von ihnen zwingen liess und sie mit
Achtung und Rücksicht behandeln müsse, um neuen Demüthigungen
vorzubeugen. Dem Herrscher über 300 Millionen, der keine
Ahnung hatte von der übrigen Welt, muss das unfasslich gewesen
sein. Ohne irgend verhältnissmässige Stützung auf physische Gewalt
übte der Kaiser von China schrankenlose Macht über unbegrenzte
Ländermassen, über ein Drittel der Erdenbewohner, und
diese uralt angestammte Eigenschaft des weltbeherrschenden Himmelssohnes,
dessen Willen anerkannt war als höchstes Gebot
nicht etwa nach menschlicher Satzung, sondern nach unabänderlicher
Weltordnung, sollte nun aufgegeben werden. Ein durch
Jahrtausende gereifter Wahn verschwindet nicht mit e in em
Schlage. Der Frieden von N a n - k in rüttelte daran. H i e n - e u n lieh
aber von Anfang an der retrograden Parthei sein Ohr und musste
durch Yi’s Erfolge 1856 in der durch Schmeichler genährten Ansicht
bestärkt werden, dass zäher Widerstand zu gutem Ende
führe. Angesichts des Feindes konnte er wohl kurze Zeit den
Rath verständiger, den Machtverhältnissen Rechnung tragender
Männer hören; nachher aber erschien ihm die vorübergehende Bedrohung
wohl als böser Traum, den man ahschüttelt, um sich zu
m. i?