
beklagen können, dass ich Euch nicht deutlich gewarnt hätte. Lasst
uns deshalb in Frieden und Freundschaft leben, und achtet meine
Worte nicht gering.« — Die Freigebung von T s u - s a n hätte wenig
Bedeutung gehabt. Für den Ostindienfahrer Hindostan gewährte
der Kaiser volle Handelsfreiheit und Befreiung von allen Abgaben,
weil derselbe zum Geschwader des Botschafters gehörte. Die
Mandarinen und Kaufleute zeigten in T s u - s a n den besten Willen;
Thee und Seide waren viel billiger als in K a n - t o n , aber nur in
geringer Menge vorhanden, und die Ladung des Hindostan fand so
wenig Absatz, dass die vorhandenen Ausfuhrartikel mit baarein
Silber hätten bezahlt werden müssen. Darauf war der Supercargo
nicht vorbereitet, und das Schiff segelte mit der ganzen Ladung
nach K a n - to n zurück. T s u - s a n ist auch in neuerer Zeit kein
Handelsplatz geworden; dazu fehlen ihm viele Bedingungen.
Da man in England glaubte, dass Lord Macartney’s Mission
günstige Folgen für den Handel haben werde, so erliess Georg HI.
abermals ein Schreiben an den chinesischen Kaiser, das, von werthvollen
Gaben begleitet, im Januar 1795 zu K a n - to n eintraf. Den
königlichen Brief-.und die Geschenke für den Kaiser nahm der
Vice-König bereitwillig an und beförderte sie nach P e - k i n , von wo
alsbald eine Antwort und Gegengeschenke eintrafen. Die von den
englischen Ministern und der ostindischen Compagnie dem "V ice-
König bestimmten Gaben und Briefe wurden dagegen zurückgewiesen,
»da es chinesischen Staaatsdienern nicht erlaubt sei, mit
Beamten fremder Länder in Beziehungen zu treten«. — Die Chinesen
bezeichneten die vom Kaiser angenommenen Geschenke in späteren
Verhandlungen immer als Tribut, trotz allen Protesten der englischen
Diplomaten.
Obgleich Lord Macartney’s Sendung keinen positiven Erfolg
hatte, so erfüllte sich doch die Hoffnung der Engländer, ihre Lage
in ' China gebessert zu sehen. Ohne Zweifel waren aus P e - k in
Instructionen eingetroffen; die Mandarinen in K a n - to n merkten,
dass die Fremden Einfluss in der Hauptstadt üben konnten und
suchten dem für die Zukunft vorzubeugen. Wahrscheinlich trug
auch S un - T a d z e n ’ s Persönlichkeit viel dazu bei, dass die Beziehungen
sich günstiger gestalteten; bis zum Jahre 1807 wurden
sie durch kein Ereigniss getrübt, das eine Handelssperre herbeigeführt
hätte; man konnte sich über willkürliche Bedrückung nicht
beklagen. Gleichwohl blieb es bei den hohen Abgaben und Lasten;
die Einrichtungen waren für die Mandarinen und H o n -Kaufleute
zu vortheilhaft, um so leicht aufgegeben zu werden, und die Fremden
müssen trotz denselben grossen Gewinn aus dem Handel gezogen
haben.
Der Vorfall, welcher 1807 die Beziehungen trübte, war an iso7.
sich unerheblich, aber bezeichnend für die Verhältnisse durch
seinen Ausgang. Matrosen vom englischen Schiffe Neptune hatten
sich in einem Schnapsladen der an die Factoreien grenzenden
Gassen betrunken und eine Schlägerei mit Chinesen angefangen —
das war ein alltägliches Ereigniss. Die Officiere des Neptune sammelten
ihre Leute und brachten sie in die englische Factorei; der
chinesische Pöbel aber begann die verrammelten Thore mit Steinen
zu bombardiren; die aufgeregten Seeleute brachen durch Schloss
und Riegel und fielen über den Pöbel her, der schnell auseinanderstob.
Dabei erhielt ein Chinese einen Hieb über den Schädel und
starb daran. — Bei der an Bord des Neptune angestellten Untersuchung
konnte der Thäter nicht ermittelt werden; die Mandarinen
verlangten aber peremtorisch dessen Auslieferung und sperrten den
Handel. Ihrer Forderung, dass die Untersuchung in der chinesischen
Stadt geführt werde, entsprach man nicht, sondern
verstand sich nur dazu, das Verhör in der englischen Factorei vor
dem Ausschuss - Comité derselben und den chinesischen Richtern
in Gegenwart des Capitän Rolles vom englischen Kriegsschiffe Lion
stattfinden zu lassen. Seesoldaten mit aufgestecktem Bajonet hielten
dabei Wache. In dem Tumult waren so viele Streiche gefallen, dass
der des Todtschlages schuldige Matrose sich nicht ermitteln liess;
um die -Chinesen aber zu beschwichtigen, beschloss das Comité,
einen, der besonders heftig um sich gehauen hatte, in Gewahrsam
zu behalten. Es wurde abgemacht, dass eine Geldbusse an die
Verwandten des Gefallenen erlegt werden solle. Als aber das
Ausschuss - Comité zur gewohnten Jahreszeit nach Macao übersiedeln
wollte, verlangten die Mandarinen, dass der verhaftete
Matrose in K a n - to n zurückbleibe. Nun erklärte Capitän Rolles,
er werde denselben an Bord seines Schiffes nehmen ; die Mandarinen
fügten sich nach einigem Sträuben. Sie waren, wie bei
jedem ernsthaften Widerstande, in arger Verlegenheit. Nach
P e - k in mussten derartige Vorfälle berichtet werden; den Handel
wollte man nicht missen; so erfanden sie denn eine Erzählung, die
den Angeklagten, dessen sie nicht habhait werden konnten, schuldlos