
wieder Verhaltungsbefehle, einholen. — Bald kam er wieder; wenn
Parkes schriftlich erkläre, dass der Prinz ausnehmend gütig gegen
ihn gewesen und ein Mann von hoher Begabung und Weisheit sei,
so möge auch Herr Loch das Gefängniss verlassen. Dessen weigerte
sich Herr Parkes: er verlange keine Gunst, sondern Gerechtigkeit;
des Prinzen Fähigkeiten könne er nicht heurtheilen und von
seiner Güte habe er keinen Beweis, so lange er im Kerker sitze
und nicht als Kriegsgefangener behandelt werde, sondern als Verbrecher.
Auf angemessenen Vortrag werde der Prinz ihn sicher aus
der schimpflichen Lage befreien.
Der listige H a n - k i bemühte sich auch ferner vergebens.
Ain 29. September brachte er die Weisung, Parkes und Loch
aus dem Kerker zu ziehen und näch dem K a o - m ia o - Tempel in
der Nähe des nordöstlichen Thores, G a n - t i n - m e n z u bringen. Das
geschah in zwei Karren, unter starker Bedeckung. Ihr Gemach im
Tempel war zwanzig Fuss lang und zehn breit, mit Ausgang auf
einen Hof von vierzig Fuss im Geviert, den sie benutzen durften.
»Zu ihrer Bedienung« wohnten im Vorzimmer acht Schliesser aus
dem Gefängniss; am Eingang und rings um das Gebäude hielten
Soldaten Wache. Man versah die Gefangenen mit allen Bequemlichkeiten,
guter Nahrung, sogar mit Handtüchern, Seife und Schreibmaterial.
Parkes stellte darauf folgendes Zeugniss aus:
»Herr Loch und ich werden von den chinesischen Behörden
jetzt gut behandelt; man sagt uns, dass es auf Befehl des Prinzen
von R un geschieht Man sagt uns auch, dass Seine Hoheit ein
Mann von grösser Entschlossenheit und Klugheit ist, und ich meine,
dass unter diesen Umständen die Feindseligkeiten eine Weile suspen-
dirt werden können, um Gelegenheit zu Unterhandlungen zu geben.«
H a n - k i und andere Würdenträger kamen nun täglich: Krieg
und Frieden, Recht und Unrecht, Verrath und Treue, Barbarei und
Cultur wurden eingehend besprochen. Die Invasion eines Landes
und das Anrücken auf die Hauptstadt, meinten die Chinesen, streite
sreeen Recht und Vernunft; nähmen die Alliirten P e - k i n , so wür- Ö O
den die Vicekönige der Provinzen gegen sie zu Felde ziehen. Herr
Parkes erinnerte sie dagegen an die Invasion der Mandschu und
den Aufstand im Süden. — Am 1. October verlangte H a n - k i , er
möge Lord Eigin schriftlich ersuchen, die Armee der Verbündeten
10 oder 20 Li zurückzuziehen und Verhandlungen auf neutralem
Gebiet einzuleiten. Herr Parkes verstand sich nur zu dem zweiten
Vorschlag, schrieb in diesem Sinne an Lord Eigin und fügte
Privatbriefe bei, für. den Fall, dass der Prinz sie befördern möge.
Am 3. October meldete ihm H a n - k i , dass sie nicht abgeschickt
seien, weil Lord Eigin nach seiner Antwort die Verhandlungen
»zwischen den beiden Heeren«, nicht, wie beantragt wurde, »auf
neutralem Gebiet« haben wollte. Es kostete viel Mühe, ihm den
gleichen Sinn beider Ausdrücke begreiflich zu machen.
Von den Schliessern brachte Herr Parkes heraus, dass die
Verbündeten bei P a l i - k a o standen; H a n - k i suchte ihn im Dunkeln
zu halten, zu überlisten. Statt der Originale zeigte er ihm Auszüge
von Lord Elgin’s Noten und verlangte deren Auslegung: ob
danach von der Audienz abgestanden, ob nichts Anderes verlangt
würde, als Erfüllung des Vertrages von T i e n - x s in , u / s . w . Erst
am 3. October gab er Herrn Wade’s Brief ab, der gleich nach Empfang
der Karte aus dem Kerker mit der Bitte um H a n - k i s Besuch
eingeschickt worden war. Darin stand: »Unsere Granaten
können mit Leichtigkeit die Stadt zerstören; und wenn Ihnen Leides
geschieht, so wird P e - k in von einem Ende zum anderen ver-
brannt.« Aus diesem Briefe erfuhr Herr Parkes auch zuerst, dass
seine Gefährten, die er bei T s a n - k ia - v a n verliess, gefangen seien.
H a n - k i wollte nichts von ihnen wissen; er habe nur zufällig von
einigen Fremden im Lager S a n - k o - l i n - s in ’s gehört. — Parkes antwortete
am 3. October und erhielt am 4. die Versicherung, dass
nun auch alle seine früheren Briefe befördert seien. Am 5. gab
H a n - k i nach heftigem Sträuben einen Brief von Herrn Wade vom
4. October her.aus; er kannte den Inhalt dieses wie aller anderen
aus der beigefügten Üebersetzung: vor Auslieferung der Parlamentäre
werde Lord Eigin nicht auf Verhandlungen eingehen; wollten
die kaiserlichen Behörden sich nicht fügen, so nähmen die Feindseligkeiten
ihren Fortgang; geschähe den Gefangenen Leides, so
Würde P e - k in bombardirt; dessen Zerstörung müsse den Sturz der
Dynastie bewirken; im Süden machten die T a e - p in ungeheuere
Fortschritte. Parkes las den Brief laut vor H a n - k i und einem anderen
Grossen, welche umsonst nach Fassung rangen: man könne
die Forderungen nicht bewilligen; die Dinge müssten ihren Lauf
nehmen. Sie schieden, kehrten aber zweimal um: ob es denn gar
keinen Ausweg gäbe! Befreit würden die Gefangenen zur Rache
drängen. Der Prinz wünsche Parkes vor der Auslieferung zu
sprechen; das könne erst in zwei bis drei Tagen geschehen.