
deren Gewährung ihn befähigen werde, auf den Kaiser zu Gunsten
der Alliirten zu wirken. Er sprach mit grösser Wärme; an der
Vertreibung der Tae- pin aus seinen Provinzen hing ja sein Leben.
Die versprochene Abschrift des kaiserlichen Decretes sandten
die Commissare nicht; Ho - kwei - tsin zeigte aber das vom 13. Mai
datirte Original dem französischen Legationssecretär Grafen von
Klesczkowsky, welcher ihn bald nach jener Zusammenkunft besuchte,
aber nur die beiden ersten Colonnen des Decretes lesen
durfte. Darin befahl der Kaiser den Commissaren in allgemeinen
Ausdrücken, zu gewähren, was gewährt werden müsse, und zu verweigern,
was man verweigern müsse. Die Mandarinen waren wohl
selbst von der Unzulänglichkeit dieser Vollmacht überzeugt, welche
ausserdem Gehässiges gegen die Barbaren enthalten haben mag.
H o -kwei- tsin sprach die Absicht aus, in Gemeinschaft mit
dem Statthalter von Tse- kian eine Vorstellung an den Kaiser zu
richten, dass angesichts'der durch die Rebellen - Invasion hereingebrochenen
Noth die Forderungen der Verbündeten unbedingt erfüllt
werden müssten. Die Abschrift einer solchen Eingabe gelangte
in die Hände der Engländer und wurde wohl mit Unrecht ange-
zweifelt; denn der Freimuth dieser Darstellung stimmte durchaus
zu Ho- kwei- tsin’s derber Sprache gegen den Kaiser bei früherem
Anlass, und selbst die darin ausgesprochene Unwahrheit, dass Herr
Bruce die Audienz nachgesucht und sich zu ihm begeben habe,
spricht für die Echtheit des Documentes. Ho’s Degradirung und
Ungnade, welche Ende Juli in Shang- hae bekannt wurde, brachte
man mit dieser Eingabe in Zusammenhang; sie war aber das gewöhnliche
Loos unglücklicher Statthalter, deren Provinzen die Rebellen
besetzten. Von einer fulminanten Erwiederung des Kaisers,
welcher den Gedanken, die Barbaren um Beistand anzurufen, mit
Entrüstung zurückgewiesen hätte, hörte man in Shano- hae nur gerüchtweise.
Unter dem Eindruck, dass die chinesische Regierung denjenigen
Bevollmächtigten leichter Zugeständnisse machen werde,
welche die Verträge von Tien- tsin abschlossen,: als denjenigen,
welche sie am Pei- ho mit Erfolg zurückwies, hatten die englische
und die französische Regierung Lord Eigin und Baron Gros als
ausserordentliche Botschafter mit weitreichenden Vollmachten nach
China gesandt. Ein Schiffbruch im Hafen von Point de Galle
(Ceylon) verzögerte bis Ende Juni ihre Ankunft in Shano-hae, von
wo sie in kurzem nach deiü Golf von P e - t s i - l i weitergingen.
Rendezvous der englischen Schiffe war die Bai von T a - e i e n - w a h
an der Nordküste, das der französischen die Bucht von Tsi- fu am
Südufer des Golfes. Die Effectiv-Stärke der englischen Flotte im
nordchinesischen Meere betrug am 11. Juli 1860 2 Schrauben-Fre-
gatten, 3 Räder-Fregatten, 2 Segel-Fregatten, 5 Räder-Corvetten
(Sloops), 4 Segel-Corvetten, 5 grössere Kanonenboote (despatch-gun-
boats), 18 Kanonenboote, 1 Schiff der indischen Seemacht, 1 Tender,**^
zusammen 41 Kriegs-Fahrzeuge mit 261 Geschützen. Ausserdem
lagen damals 126 Transportschiffe in der TA-LiEN-WAN-Bai.
Die Gesammtstärke der Landmacht, welche lange am Ufer lagerte,
betrug am 11. Juli einschliesslich der Officiere 11,564 Köpfe (dienstfähige
Mannschaft in Reih und Glied 10,202). — In der Bucht von
T s i- e u waren 29 französische Kriegsschiffe und an Landtruppen
8467 Mann mit 296 Officieren versammelt.
Die Rüstungen der Franzosen wurden erst im Juli fertig;
am 26. Juli fuhren beide Flotten nach dem Rendezvous vor der
P e i - h o - Mündung; mehrere Dampfer schleppten eine Anzahl
Dschunken mit den französischen Landtruppen dahin. Am 29. Juli
trafen auch die Kanonenboote mit Dschunken im Schlepptau ein,
welche Lebensmittel auf zehn Tage für die ganze Armee an Bord
hatten. Die Recognoscirungen hatten ergeben, dass in P e - t a n allein
eine Landung der Truppen möglich sei; am 30. Juli bewegte sich
also die ganze Flotte nach dieser Rhede und ankerte sechs Seemeilen
vom Ufer. Dort lag auch eine russische Fregatte nebst
drei Kanonenbooten; der Gesandte, General Ignatief hatte kurz
zuvor mit den Botsehaftern von England und Frankreich in
S h a n g - h a e conferirt und sich erst eben wieder nach P e - k in
begeben.W
egen stürmischen Wetters blieben die Alliirten am 31. Juli
unthätig. Am 1. August landete ihre Vorhut südlich von P e - t a n
und erreichte nach beschwerlichem Waten in tiefem Schlamm den
Dammweg, welcher von da längs dem Strande nach der P e i - h o - Mündung
führt. Die Nacht über bivouaquirten die Truppen grossentheils
auf schlammigem Boden; zuweilen erschien eine tartarische Reiterpatrouille.
Sobald die Fluth erlaubte, liefen Kanonenboote in die
Flussmündung; sie fanden die Forts zu beiden Seiten sowie den
Flecken P e - t a n von der Garnison verlassen. Die Einwohner empfingen
die Truppen freundlich, als diese sich am 2. August dort