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der Pürmentlehre angebahiit. Das was nur der äußerst komplizierte Organismus der
lebenden Zelle, wie man felsenfest glaubte, auszufüliren imstande sein sollte, war mit
einem Sclilage auf einen bestimmten von der Zelle allgetrennten lelilosen Bestandteil
der liefe zurückgefülirt. Diese Tatsaclie dürfte liei F r i e d e l ') den (ledanken erweckt
liaben, daß mögliclierweise aucli die CO^-Assimilation der cliloropliyllliältigen Zelle ein
enzymatisclier Prozeß sei nnd die 00,,-Assiinilation aucli iinabliängig von der lebenden
Zelle vor sicli gelien könnte. Vor 4 Jaiiren maclite er bereits die ülierrascliende Mitteilung.
daß es ilim gelungen sei, Kolilensäiireassimilation anßerlialb der Pflanze in
folgender Weise liervorzuriifen. Er extrahierte Siiinatblätter unter der Presse mit
wässerigem Olyzerin, ferner stellte er von Blättern derselben Art, naclidem er sie
liei 100° getrocknet liatte, ein grünes Pulver dar. Weder das Glyzerinextrakt nocli
das grüne Pulver vermoclite für sicli allein Assimilation hervorzurufen, wurden aber
beide Substanzen innig gemisclit, dem Sonnenliclite ausgesetzt, so war angeblicli eine
deutliclie Entwicklung von Sauerstoff und gleichzeitig eine entsprechende Absorption
von Kolilensäure zu bemerken. F r i e d e r maclite aucli sclion den Versuch, den wirksamen
Stoff aus dem Glyzerinauszug dnrcli Fällung mit Alkohol in reiner IWriii zu
gewinnen mul gab an, daß er mit diesem Fällungsprodukt in Verliindiing mit dem
erwälmten trockenem Cliloropliyllpulver ebenfalls positive Resultate erzielt habe.
Leider konnte derselbe Autor “) bei nacliträgliclier Wiederliolung seiner Ver-
siiche seine ersten Resultate niclit liestätigen, und desgleiclien kamen LIa r r o y «),
H e r z o g ') und in neuester Zeit B e r n a r d ") ") auf Grund eingeliender Untersiiciiungen
zu negativen Resultaten. Hingegen braclite M a c c h ia t i '°) in mehreren Arbeiten eine
Bestätigung der FRiEDELsclien Angaben.
In Anbetraclit solcher Widersprüclie und der großen Wichtigkeit der angeregten
Frage schien es verlockend, liier anstatt die gasanalytisclie Metliode zu verwenden.
mit feineren Vlethoden einznsetzen. Icii bediente midi hierzu E n g e lm a n n s
klassisclier Metliode des Sauerstoffnacliweises, basierend auf der großen Sauerstoffempfindlichkeit
gewisser Bakterien und B e y e r in c k s ") geistreiclien Verfahrens, die
Sauerstoffentbindung durch das Aufleuchten von Pliotobakterien nachzinveisen. Im-
jioniert sclion die erstere Methode durch ihre scliier ans Unglaubliclie grenzende
Feinlieit. so wird sie fast noch dnrcli die Leuciitbakterienmetliode, die das Auftauchen
fabelhaft geringer Sauerstoff'mengen durcli Entstellung von Licht dem unbewaffneten
Auge verrät, übertroft'en. Indem ich anf meine ansfülirliclien, mit Hilfe dieser beiden
Methoden aiisgefülirten Untersuclmngen") verweise, will id i liier nur die Zusammenfassung
meiner Ergebnisse geben; Der aus frisdien Laubblättern verschiedener Pfianzen
durcli Verreiben mit Wasser oder durch Aiispressen gewonnene und durch Filtrierpapier
filtrierte Saft von grüner Farbe hat, wie die von B e y e r in k zum Nachweis
der Kolilensäiireassimilation eingeführte Methode beweist, die Fälligkeit, Kohlensäure
zu assimilieren, beziehungsweise Sauerstoff zu entbinden und liierdurch Photobakterien
zum Aiitieuchten zu bringen. D e r s e l b e Sa f t aus t o t en B l ä t t e r n g i b t in
d e r Re g e l n e g a t i v e Re s u l t a t e . Ich habe bisher nur eine einzige Ausnahme
feststellen können, und diese betreffen die Blätter von Lamium album. Wenn die
Blätter dieser Pflanze an der Luft liegend bei gewöhnlicher Zimmertemperatur oder
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im Luftbad bei 35 ° C. vollständig eintrockneten, so daß sie sich rauschdürr anfühlten
nnd ihre Lebensfähigkeit vollständig eingebüßt hatten, so gaben sie mit Wasser verrieben
ein Filtrat, welches die Pliotobakterien, wenn auch im scliwäclieren Grade als
das frisclier Blätter, zum Antieuchten bringt.
In beiden Fällen, sowohl bei dem Safte lebender als bei dem toter Blätter,
entliält das grüne Filtrat des Blattgereibsels oder des Preßsaftes plasmatisclie Teile
und Cliloropliyllkörner. Werden diese Bestandteile durcli eine Berkefeld- oder Cliamlier-
landkerze entfernt, so ergibt der resultierende Satt bezüglicli der Sauerstoftentwicklung
nacliher ein negatives Resultat.
Nnr wenn das Filtrat von grünen Blättern eine von Cliloropliyllkörnern lier-
rührende grüne Farbe liatte, liraclite es durcli Sauerstoff'produktion die Bakterien zum
Autleucliten. Es gibt nämlich Blätter (Rliemn sp., Robinia Psendacacia, Polygonuni
Sieboldi etc.), die keine grünen Preßsäfte und Filtrate geben, nnd diesen geht das
Vermögen, Lenclitbakterien zum Aufleucliten zu bringen, ab. Das letztere gilt aucii
vom Safte etiolierter Blätter.
Meine und and e r e r Bemühungen, aus grünen Bl ä t t e r n einen Stoff
zu gewi nnen, der für sich oder in V e r b i n d u n g mi t Cl i l or ophyl l far bs to ff
die K o h l e n s ä n r e a s s im i l a t i o n auße r h a l b der Zel le dur chf ül i r t , wie dies
F r i e d e l und Ma c c h ia t i gelungen sein soll, s c h e i t e r t e n ; infolgedessen konnte aucli
die Frage, ob bei dieser Erscheinung ein Ferment eine bedeutungsvolle Rolle spiele,
derzeit niclit beantwortet werden. Man i s t d a h e r v o r l ä u f i g noch n ic l i t be-
r e c h t i g t , die K o l i l e n s ä i i r e a s s imi l a t i o n a l s e i n e n F e rm e n t p r o z e ß zu
b e z e i c lme n . docli ist mit der in prinzipieller Beziehung wichtigen Tatsaclie, daß
auch tote Blätter von Lamium nocli Sauerstoff im Liclite entbinden können, die Hoffnung
nälier gerückt, daß man vielleicht in Zukunft den Kohlensäureassimilationsprozeß
unabhängig von der lebenden Zelle wird studieren können.
Vielleiciit wird, mancher geneigt sein, die Blätter von Lamium oder wenigstens
seine Clironiatoiihoren, eben weil sie noch im völlig lufttrockenen Zustande Sauerstoff
entbinden können, niclit für tot zu halten. Namentlich werden jene, welche die
Fermente für „Protoplasmasplitter“, begalit mit Resten von vitalen Kräften oder gar
als „gelöste Zellen“ bezeichnen, geneigt sein, einer solclien Auffassung zu huldigen.
Eine Einigung in diesem Punkte wird bei den schwankenden Definitionen des Lebendigen
schwer zu erzielen sein; ich für meinen Teil glaube, daß die meisten Physiologen
mir beistimmen werden, wenn icli ein Lamiumlaublatt, welclies liei 35° so weit
als möglicli getrocknet wird, so daß es sich rausclidürr antülilt nnd dann nocli tagelang
im Exsikkator liegt, als niclit melir lebensfähig nnd tot bezeichne.
11. Die Rolle des Chloropliyllfarbstoffs bei der Kohleiisäiireassiiiiilatioii *).
So nützlich und bedeutungsvoll die Bestrebungen erscheinen, die Lebensvorgänge
auf physiko-chemische Prozesse zurückzuführen, so liaben sie doch auch
*) Auf andere Funktionen des Chlorophylls einzngelien, z. B. auf seine Beziehungen zur
Transpiration, wie sie durch W i e s n e k " ) anfgedeckt worden sind, liegt anßerlialb des 1‘lanes meines
Vortrages.
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