mit, die seiner Meinung nacli die in der ersten Arbeit anfgestellten Behauptungen
unterstützen, und in der letzten Arbeit („Viridariiim norvegiciim“) endlich sammelt
er überliaupt alles, was nacli seiner Auffassung als Beweis für dieselben dienen kann.
Icli will liier im wesentlichen nur eine der verschiedenen Fragen behandeln,
nämlicli die behauptete kurze Vegetationsperiode bei Pfianzen, besonders Getreidearten
lind Kartoffeln, die im hohen Norden oder hoch im Gebirge angebaut werden.
Es zeigt sich auch hier, daß einwandfreie, vergleichende Versuche niclit
vorliegen. Es werden nur nacli anderen eine Reihe Angaben über die Zeit zwischen
Aussaat und Ernte gemaclit, indessen sind diese Angaben niclit immer mit der notwendigen
Kritik behandelt. So wird z. B. („Viridarium“, Bd. I, p. 117) über Kar-
toffelbaii in Alten (70° n. Br.) gesagt: „Die Kartoffeln werden gewöhnlich in den
ersten Tagen des Jnni gelegt und blühen Mitte Juli oder einige Tage später.“ Hier
ist es offenbar dem Verfasser nicht bekannt gewesen, daß man in diesen nördlichen
Gegenden die Kartoffeln immer erst auskeimen läßt, ehe man sie legt; die Angabe
über die auffallend kurze Zeit zwisclien Aussaat und Blüte ist demnach irreleitend.
Außer Pflanzensamen aus hohen nördliclien Breiten sollen auch („Viridarium“,
Bd. I, p. 141) Samen von in größerer Höhe über dem Meere lebenden Pflanzen bei
der Aussaat eine auffallend kurze Vegetationsperiode besitzen. Indessen beruhen
diese Behauptungen im wesentlichen auf Angaben in der Literatur, nicht auf ver-
gleichenden Versuchen.
Wälirend meines Aufenthalts als Lehrer an der höheren Landwirtschaftsscimle
in Aas bei Chi-istiania erhielt ich im Sommer 1891 eine Probe von Gerste aus einem
der höchstgelegenen Höfe in Thelemarken (ca. 2300' ü. M.), welche zusammen mit
in Aas (300' ü. M.) geernteter Gerste ausgesät wurde. Das Resultat war, daß die
Gerste aus Thelemarken zwar einige Tage früher keimte und daher eine kurze
Zeit einen kleinen Vorsprnng hatte, dann aber im Laufe der Entwicklung bald von
der aus Aas stammenden Gerste eingeholt wurde. Ein Unterschied in der Reifezeit
ließ sich nicht nacliweisen. Leider hatte icli keine Gelegenheit, diesen durciiaus
nur vorläufigen Versuch fortzusetzen, dem ich dalier auch keine wissenschaftliche
Beweiskraft beilege, doch machte mich dieser Versuch schon damals mißtrauisch
gegenüber den ScHÜBELERschen sogen. „Naturgesetzen“.
Ursprünglich nalim S c h ü b e l e r an, daß es in nördlichen Breiten das Licht
wäre, welches die von ihm angenommene, merkwürdige Wirkung liervorbrächte („Kulturpflanzen“,
p. 9): „In dem Folgenden werde ich versuchen, durch bestimmte Tatsachen
den auffallenden Einfluß nachzuweisen, den das Liclit der Sonne (unabhängig von der
Wärme gedacht) auf die Vegetation Norwegens ausübt.“ Man ersieht aus seiner
Arbeit, daß er durch eine Abliandlung von R o b e r t H u n t über verschiedene Arten
von Lichtstrahlen auf diesen Gedanken gebracht worden ist. S c h ü b e l e r betont
also das Licht als den wesentliclien Faktor im Pflanzenleben und unterzieht („Kulturpflanzen“,
p. 1—5) die früheren Forscher: A. d e Ca n d o l l e , Q u e t e l e t , B a b in e t
und B o u s s in g a u l t , die das Hauptgewicht auf die Wärme gelegt hatten, einer aiis-
führlichen Kritik. Später wurde indessen diese ScHÜBELERsclie Annahme einer im
liohen Norden wälirend des Sommers weit größeren Lichtmenge von dem Professor
der Astronomie an der Universität Cliristiania F e a r n l e y bestritten, der in einer
kleinen Abliandlung') zu dem Ergebnis kommt, „daß Cliristiania (59° 9' n. Br.) zu
j e d e r Zei t tagsüber weniger Licht und Wärme genießt als Proskaii (50° 5' n. Br.),
nämlich der erste Ort durchschnittlich 0,90, der letztere 0,95 in den fünf Monaten
Mai—September, ferner daß Piteä (65° 3 ' n. Br.) minder reich bedacht ist als Upsala
(59° 9' n. Br.), nämlich jenes mit durchsclmittlich 0,98 täglich, dieses mit 1,00 in
den vier Monaten Mai—August.“
Infolgedessen gibt S c h ü b e l e r , wenngleich widerstrebend, in seiner letzten
Arbeit („Viridarium,“ Bd. I, p. 147) seine frühere Belianptung bezüglich der eigentümlichen
Einwirkung des Lichtes auf: „Nach dem hier Angeführten kann man,
wenigstens was die Gerste betrifft, irgend einen sicheren Zusammenhang zwischen der
Belichtung (ebensowenig, wie frülier gezeigt, zwischen der Erwärmung) und vielleicht
auch zwischen der Summe von Belichtung und Erwärmung und der Vegetationsperiode
der Pflanzen fliclit nachweisen. Indessen deuten die zalilreiclien Tatsachen, welche
beweisen, daß die Entwicklung der Pflanzen in gewissen Hinsichten in einem bestimmten
Abhängigkeitsverhältnis zu der geographischen Breite steht, unabweislich
darauf hin, daß diese Entwicklung in dieser oder jener Wirksamkeit der Sonne
ihren Grund haben muß. Da diese jedoch nicht an und für sich auf einer d ir e k t e n
Wirkung der Wärmestrahlen, ebensowenig wie auf einer ähnlichen Wirkung des Lichtes
beruhen kann, es sei denn, diese Wirkung läge in den oben nachgewiesenen ununterbrochenen
Andauern des Lichtes, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß diese
Ursache, zum mindesten teilweise in sekundären, tellurischen Wirkungen der Sonnenstrahlung
zu suchen ist, ohne daß man indessen bei dem gegenwärtigen Standpunkt
der Wissenschaft nachweisen kann, welcher Art diese sind oder sein können.“
Es ist jedoch wohl kaum notwendig, derartige besondere mystisclie Wirkungen
seitens der Sonne anzunehmen, nm das Verhalten der Kulturpflanzen im nördliciien
Norwegen zu erklären.
Vor allem ist nämlich die Temperatur während der eigentlichen Sommermonate
in diesen Gegenden keineswegs so niedrig, wie man geneigt sein könnte,
zu glauben.
Nacli H. M o h n ") ist nämlich nach 50jälirigen Beobachtungen die Mitteltemperatur
für drei verschiedene Orte im südlicheil, westliclien iiiid nördliclien Norwegen
während der Sommermonate Mai bis einscliließlicli September:
(Siehe Tahello p. 394.)
Da es nur die Monate Juni, Juli und August sind, welche für das Wachstum
der Pflanzen in diesen nördlichen Gegenden eine entscheidende Bedeutung haben,
so wird man selien, daß die Wärme, welche die Pflanzen genießen, im nördlichen
Norwegen nicht sehr viel kleiner ist als im westlichen, ja selbst im südlichen Nor-
1) F e a k n l e y , „Fordelingen af den Lys-og Varmemängde, som Jorden modtager fra Solen“.
( F o r l i a n d l i n g e r i Videnskabs-Selskabet i Cliristiania Aar 1868, Cliristiania 1869, p. 350.)
2) H. M o h n , ,,Kliina-Tabeller for Norge. I. Lnftens Temperatur.“ (Videnskabs-Selskabets
Skrifter, 1. Mat. nat. Kl. 1895, Nr. 10, Cliristiania 1895, p. 18, 19.)