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werden, wie er sonst nnr an der Basis anftritt. Die innei-en Vorgänge, welche diese
Erscheinung bedingen, sind nicht bekannt, der Fall ist aber insofern von Interesse,
als er zeigt, daß eine innere Unistiminiing der Pflanze niöglich ist, welche sich auch
in einer Änderung der Polarität aussjiriclit. Sonstige Eingriffe haben meiner Ansicht
nach wesentlich nnr gezeigt, daß die Äu ß e r u n g der Polarität unterdrückt, nicht
aber, daß sie nmgeändei-t werden kann.
Das bekannteste Objekt in dieser Beziehung sind wohl die Wui-zeln von Tai’axa-
cnni. Unter gleichmäßige Wachstnmsbedingungen gebracht, zeigen sie die übliche
Regenerationsanordnung. Verhindert man aber die Sproßbildiing am basalen Ende,
z. B. durch eine Siegellackkappe, so erfolgt sie am apikalen; es ist offenbar dazu notwendig
oder doch ein fördernder Umstand, daß das Cambium freigelegt wird, das
vom übrigen Gewebe umschlossene Cambium bringt gewöhnlich keine Adentivsprosse
hervor; daß aber die Polarität niclit aufgehoben ist, spricht sich schon darin aus, daß,
wenn man zwischen apikalem und basalem Ende eine Wunde anbringt, dann an dieser,
nicht am apikalen Ende Sproßbildiing eintritt. Auf dasselbe scheint es mir hinaiis-
zukommen. wenn K ü s t e r beobachtet hat, daß an Stecklingen, welche mit dem basalen
Ende in Wasser stehen, die Regenerationssprosse an der apikalen an der Luft befindlichen
Schnitttiäche sicli bilden; offenbar wird im Wasser, sei es durch ungenügende
LuftveiSOIgung, sei es aus anderen Gründen, die Sproßbildung verhindert resp. g e hemmt
. W i e s n e r ') war der erste, welcher an beiderseits abgeschnittenen Taraxacum-
wnrzeln bei Kultur am Licht manchmal sowohl am basalen als am apikalen Ende
erhielt und daraus auf eine Anfhebnng der Polarität schloß. Meiner Ansicht nach
aber ist hier ebenso wie in dem vorher angeführten Falle die Polarität nicht aufgehoben,
sondern nur nicht zum Ausdruck gekommen, weil die Releiichtiing die
Wurzelbihlung nngünstig, die Sproßbildiing günstig beeinflußt. So ließ sich auch bei
Tubularia am basalen Ende ein Kopf erzielen, wenn das apikale in den Sand gesteckt
wird, oder die Äu ß e r u n g des positiven Geotropismus einer Wurzel aufheben durch
positiven Hydrotropisnuis; ebensowenig wie hier der Geotropismus aufgehoben ist,
ist auch in dem oben erörterten Falle die Polarität aufgehoben. Außerdem ist
in Betracht zu ziehen, daß die „Tendenz“ zur Sproßbildiing an den Schnittflächen
dieser Wurzelstecklinge ohnedies eine größere ist, als die zur Wurzelbildung, die
lelztere also auch leichter unterdrückt werden kann, wenn ein die Sproßbildimg begünstigender
Faktor auf die basale Schnittfläche einwirkt.
Auch wenn die Knollenbildnng der Kartoffel, die normal an der Basis der
orthotropen Sprosse stattfindet, an die Spitze verlegt wird, wie dies in Versuchen
V ö c h t in g s geschah, wird dies ermöglicht durch Verhinderung der basalen Knollenbildung
(unter Darbietung der für die Knollenbildung günstigen äußeren Bedingungen
an der Spitze), und ähnliche Tatsachen ließen sich noch in größerer Zahl aufführen.
Bei Weidenstecklingen hat K ü s t e r durch Zenti-ifngieren das Austreiben der
apikalen Knospen gehemmt, bei Ribesstecklingen die Wnrzelbildung durch Unter-
1) W i e s n e r , Die Elemeiitarstriktur und das Wachstum der lebenden Substanz, Wien
Xo92j p. 112.
2 ) K l e b s , Willkürliche Entwicklungsänderungen bei Pflanzen. .Tena 1903.
tauchen in Wasser. Ebenso kann die Äußerung der Polarität natürlich unterdrückt
werden dadurch, daß die äußeren Bedingungen z. B. für Wurzelbildung an verschiedenen
Stellen ungleich günstig gehoben werden. In all diesen Versuchen, auch in
denen von K l e b s "), so interessant sie sind, kann ich nicht eine Umstimmung der Polarität
sehen, sondern nur den Ausdruck der Tatsache, daß die Äußerung der Polarität
zeitweilig unterdrückt sein kann. Eine dauernde Unterdrückung oder Umstimmung
wäre dann nachgewiesen, wenn z. B. an einer Taraxacumwurzel, deren apikales Ende
zur Sproßbildung genötigt wird, nachdem man sie unter normalen Bedingungen aufs
neue der Regeneration aussetzt, jetzt gleichfalls das apikale Ende das sproßbildende
wäre. Ein solcher Nachweis, der analog auch für die Sprosse gilt, ist aber bis jetzt
nicht geführt.
Die Pflanzen, welche aus solchen Wurzeln entsprossen, wuchsen in meinen
Kulturen kümmerlich, wie man denn ja auch an einem umgekehrten kultivierten
Sprosse dieselbe Erfahrung gemacht hat. Kn y ') kultivierte Stecklinge von Ampelopsis
hederacea nnd Hederá Helix vier Jahre in umgekehrter Lage, ohne dadurch eine
Änderung der Polarität, welche sich speziell in der Föi-derung des Kallus am basalen
Ende aussprach, zu erzielen. Die Wurzeln dürften ein günstigeres Objekt in dieser
Beziehung abgeben; es scheint mir nicht unwahrscheinlich, daß durch die Einwirkung
der Adventivsprosse an dem nach oben gekehrten basalen Ende auf die neu zugewachsenen
Teile eine ähnliche, wenn auch begrenzte Umstimmung der Polarität sich
erzielen ließe, wie die Zoologen sie an Tubularia beobachtet haben. Von zahlreichen
Pflanzen, welchen die Sproßbildung am apikalen Teile durch eine Siegellackkappe
verhindert wurde, während sie an dem nach oben gekehrten bsalen Teile eintrat,
sind nur vier spärlich bewurzelte übrig geblieben; ihr Verhalten bei der Regeneration
soll später geprüft werden. Zunächst ist festzulialten, daß das, was bei der Regeneration
zutage tritt, der äußere Ausdruck der Struktur (im weitesten Sinne) des
Pflanzenteiles ist, an welchem die Regeneration erfolgt.
Bei den Sprossen mit periodischer Entwicklung tritt dies scheinbar besonders
deutlich hervor. Man hat die Tatsache, daß an Weidenstecklingen die apikalen
Knospen die begünstigten sind, darauf zurückführen wollen, daß sie von vornherein
die besser ernährten seien, was ja schon äußerlich sichtbar ist. So plausibel das
auch erscheinen mag, so ist doch nicht zu vergessen, daß die bessere Ernährung
der apikalen Knospen eben auch nur ein Ausdruck der Polarität des ganzen Sprosses
ist und auch an knospenlosen Sproßstücken wie den obenerwähnten Corydalisknollen
oder Ausläuferstücken von Tussilago Farfara die Sproßbildung an der apikalen Schnittfläche
eintritt.
Auch an Sprossen aber kann von der Pflanze selbst die Änßernng der
Polarität unterdrückt, ja sogar iimgestimmt werden. Wii- wissen z. B., daß die daraufhin
untersuchten Kurztriebe sich bei der Regeneration verhalten wie Blätter, mit
denen sie ja auch physiologisch übereinstimmen. Es ließ sicli experimentell an
Phyllanthus zeigen"), daß die Kurztriebe wenigstens an jungen Pflanzen von den Lang-
1) Berichte der Deutschen botanischen Gesellschaft 1889, p. 201.
2) Organographie, p. 83.
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