Ptlanzent'ainilien existierten luul die Weiterentwicklung dieser Stämme an sehr vielen
Stellen der Erde in zwar oft ähnlicher Weise, aber doch zu verschiedenen Eormeii
fülirend, vor sich gegangen ist. Ich habe es gänzlich unterlassen, hei der Darstellung
de)' Entwicklung der Elora Europas auf die gewaltigen \ ’eränderuugen hiiizuweisen,
welche nach dei' Eiszeit der Mensch durch \hehwirtschaft und Ackerbau in der natürlichen
Vegetationsdecke hervorgerufen hat. Sie wai'en gewiß bedeutend; aber immer blieb
doch ein gewisser Teil der ursprünglichen PÜanzenvereine an weniger zugänglichen Stellen
erhalten. Viel eingreifende)' und vernichtende)' wii'kten ei'st seit der zweiten Hälfte des
voi'igen .lahi'hunderts. ganz abgesehen vom Wachstum der Bevölkerung, i'ationelle lo rs t-
kultnr und rationelle Landwirtschaft, Entwässerungen, Fhißregulierungen, Moorkulturen
und Düngungen, voi' allem abei' die Entwicklung der Eisenbahnen und Elektrizitätswerke.
Naturfi'eunde und Natnrfoi'schei' sehen teils mit Bedauern, teils mit Entrüstung
diese gewaltsamen Veränderungen und \'ernichtungen dei' natürlichen Vegetationsdecke
voi' sich gehen und hei besonders schmerzlichen Ereignissen dieser Art verwünschen
sie manche Ei'rungenschaften der modernen Kultur, von denen sie sonst
auch gern Gebrauch machen. Sie werden den Bestrebungen nach einer Vei'besserung
der Existenzbedingungen der sich vermehrenden Menscliheit nicht entgegengetieten
wollen und die nicht selten bi'utale Gewinnsucht nicht so leicht niederzwingen; aber
es kann schon sehr viel zui' Ei’haltung der ursprünglichen Vegetationsformationen
geschehen, wenn hie und da gewisse Komplexe derselben als Naturdenkmäler reservieit
wei'den, nicht bloß in Eui'opa, sondeiii auch in den troiiischen und subtropischen
Kolonien, wo so häuhg Raubbau dauernde Ausnutzung dei' vorhandenen Naturprodukte
schädigt und nicht selten die von europäischen Aktionären vorgeschossenen Gelder
in unverständiger Weise verwendet werden, welche nicht bloß die ursprüngliche
Vegetation vernichtet, sondern auch die nicht genügend geschützten Pflanzungen zu
einer Brutstätte unheilvoller Pflanzenkrankheiten macht, für deren Vertilgung dann
wieder bedeutende Summen hergegeben werden müssen. In Nordamerika, wo man
wahrlich auch nicht mit den ursprünglichen Ptlanzenformationen skrupulös umgeht,
hat man doch so viel Einsehen gehabt, daß man einen Teil der Rocky Mountains,
dessen Größe der des Königreichs Sachsen wenig nachstellt, zum unantastbaren
Nationalpark machte; möge man auch in Europa noch mehr als bisher darauf bedacht
sein, solche Pflaiizenformationen oder Pflanzenvereine, welche mit ihrem Bestand die
Geschichte längst vergangener Epochen repräsentieren, als schätzienswerte Naturdenkmäler
der Nachwelt zu erhalten.
3. Die Entwicklungsgeschichte der skandinavischen
Elora.
Von Dr. Guniiar Andersson’) (Stockholm).
Mit 30 Textabl)ildungen.
Jede Darstellung der Entwicklungsgeschichte der skandinavischen Quartär-
flora hat mit der Eiszeit zu beginnen. Der kritische Forscher kann, wenn er von
den gegenwärtig bekannten Tatsachen ausgeht, nicht den geringsten Zweifel darüber
hegen, daß während der größten Verbreitung des Landeises keine einzige höhere Pfianze
in Fenno-Skandia lebte. Jede andere Annahme ist, sofern sie sicli nicht auf bisher
unbekannte Tatsachen stützt, olme weiteres zu ignorieren.
Auch wenn man diesem Ausgangspunkte zustimmt, stellt sich doch sofort
eine neue Frage ein; wie war das Pflanzenleben dieser Länder gestaltet während
der interglazialen Zeiten, die in südlicheren Gegenden, meiner Meinung nach, unzweideutig
festgestellt sind? Hiermit stoßen wir auf die erste große, bis jetzt ungelöste
Frage der skandinavisch-finnischen quartären Pfianzengeographie, der die meisten
Autoren bis jetzt aus dem Wege gegangen sind. Die Tatsachen liegen, soweit ich
ermitteln konnte, so, wie ich unten zu zeigen versuchen will.
A. Skandinavien während der Interglazialzeiten.
Östlich, südlich und westlich von dem baltisch-nordseeischen Becken sowie
auch in den Randzonen der Alpen kennen wir an zahlreichen Punkten eine fossile
Flora, die uns unzweideutig
zeigt, daß Zeiten
von gemäßigtem Klima
mit anderen von bore-
alem bis arktiscliem abgewechselt
haben. In
verschiedenenGegenden
haben gewissenhafte
Forsclier, die den Tatsachen
jahrzehntelang
dauernde kritische Untersuchungen
gewidmet
haben, schon im großen
und ganzen übereinstimmende
Resultate erlangt,
wie eine graphische Zusammenstellung
der von
P e n c k mul B r ü c k n e r
P e n c k im d B riic lo ie r (Alpen)
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James Geikie (NoriLniropa')
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Fig. 1. Sclieniatische Darstellung der Einteilung der Eiszeit
lacli P e n c k u. B r ü c k n e r sowie .J am e s G e ik i e .
1) Dieser Vortrag wurde in der Sitzung vom 13. ,Juni in sehr verkürztei' Form gehalten.
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