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Da der Sommei- im iiöi'diiciien Norwegen kurz ist, so ist es kiai-, daß spät
reifende Sorten, die iiire voile Reife niclit erlangen, eine geringere Zuckermenge anfweisen
können, wenn sie im liolien Norden gebaut werden. Jedocli zeigen die von
W e r e n s k j o l d bei der ans dem nördliciien Norwegen stammeiiden Gerste festgestellten
Stärkemeiigeii, daß diese niclit ziiriickznstelien brauclit.
Da man niclit annelimen kann, daß der Zucker als Reservestoff so völlig
verscliiedeiies Veriialteii zeigen werde, so liegt es a priori nalie, sich vorläufig gegenüber
den nocli unbewiesenen Angaben über das verscliiedene Auftreten des Zuckers
bei Frücliten derselben Sorte aus dem südliciien und aus dem nördliclien Norwegen
abwartend zu verlialten. Man könnte vermuten, daß es sicli liier wie mit der
Wachstumsdaner verliält, nämlicli, daß das Küstenklima die Zuckermeiige herabsetzt,
das kontinentale Klima sie dagegen vermelirt. Jedoch müssen, elie inan dies konstatieren
kann, eine größere Anzahl von Bestimmungen der Zuckermenge bei Pflanzen
derselben Art, aber aus verscliiedenen Klimaprovinzeii vorliegen. G. B o n n i e r ') und
C h . F l a h a u l t haben bezüglich der Honigabsonderung bei denselben Pflanzen einerseits
ausDovre in Norwegen, andererseits aus Frankreich vergleichende Untersuchungen
vorgenommen, deren Resultate aber aucli niclit mit den S c h ü b e l e r sclien Gesetzen
ühereinstimmen, insofern nämlicli die Hoiiigmenge bei Pflanzen aus nördlichen Breiten
größer war als bei solclien ans südlicheren Breiten.
Mit Hinsiclit anf Sc h ü b e l e r s Beliauptnng, daß das Aroma mit znnelimender
geographisclier Breite steigt, liegen genügend zalilreiclie direkte nnd objektive Be-
obachtnngeii, nach denen man sicli eine begründete Ansicht hierüber bilden könnte,
noch nicht vor. Es ist freilicli eine vergleichende üntersnchung von C. N i c o l a y s e n ")
über die Bestandteile des Öles ans den Früchten von Carum Carvi ans Cliristiania
im südliciien und ans Tromsö im nördliclien Norwegen vorlianden, indessen zeigt
diese, daß die Saclie komplizierter ist, als man liätte erwarten sollen. Denn freilich
gab Kümmel aus Cliristiania 6,1% Öl und solcher aus Tromsö 6,4%, was mit dem
S c h ü r ELERschen Gesetz übereinstimmte, indessen ist das Kümmelöl kein einfaches
Piodukt, sondern entliält vielmehr Karven nnd Karvol, die sich verschieden verlialten.
N i c o l a y s e n liat diese Bestandteile von Kümmelöl ans Pflanzen ans Cliristiania, dem
Gudhrandsdal und Tromsö berechnet. Die Zusammensetzung ist die folgende:
Cliristiania
(59» 55' n. Br.)
Gudhrandsdal
(ca. 61 » 30' n. Br.)
Tromsö
(69 » 39' n. Br.)
K a r v e n ........................
Karvol . . . .
5 1 4 “/o
48,9 »/„
52,9 »/„
47,1 7o
52.0 »/„
48.0 »/„
Hieraus geht hervor, daß der Breitengrad offenbar ohne Bedeutung ist (vorausgesetzt,
daß man dies aus den Untersuchungen eines einzigen Jahres scliließen darf);
1) G. B o n n i e r et C h . F l a h a u l t , „Observations sur les Modifications des Végétaux suivant
les Conditions physiques du Milieu“. (Annales des Sciences naturelles, 6^ Sér. Botanique Paris 1879
T. VII, p. 17.)
2) Ca r l N ic o l a y s e n , ,,0m den norske Karveolje“ . (Nyt Magazin for Naturvidenskaberne,
Christiania 1890, Bd. XXXI, p. 223.)
denn das Kümmelöl von dem nördliclisten Standort Tromsö stellt in seiner Zusammensetzung
in der Mitte zwischen den Ölen von den zwei südlichen Standorten der
Kümmelpflanze.
Wenn icli im vorhergehenden zu zeigen versucht habe, daß die objektiven Tatsachen,
auf welche F. C. S c h ü b e l e r seine ursprünglich vor nunmehr bald einem
halben Jahrhundert vorgebrachten Behauptungen über gewisse Eigentümlichkeiten der
Vegetation in liohen, nördlichen Breiten einer unparteiischen Kritik gegenüber nicht
länger bestellen können, so ist es doch desliaib nicht meine Absicht, diesem hochverdienten
Gelehrten hierdurch etwas von seiner Bedeutung zu rauben. Jedoch führt
der Fortschritt der Wissenschaft oft mit sich, daß man die Tatsachen später in anderer
Weise deutet und daß Theorien, die zu ihrer Zeit plausibel erschienen, in einer
späteren Zeit dem wachsenden Wissen entsprechend abgeändert werden, und Beweise,
die man in dem einen Zeitraum für genügend ansah, in dem nächsten für unzureichend
erklärt werden müssen.
Das große Verdienst wird jedenfalls immer an den Namen F. C. S c h ü b e l e r s
geknüpft sein, daß er zuerst auf die eigentümlichen Vegetations Verhältnisse im nördlichen
Europa aufmerksam geworden ist und sie einer vergleichenden Untersuchung
unterzogen hat. Er hat diese verwickelten Fragen nicht lösen können, weil seine
Hilfsmittel nicht ausreichend waren, was indessen kein Grund ist, daß es nicht dem
gegenwärtigen Jahrhundert besser gelingen sollte, sie zu lösen. Sie müssen zu lösen
versucht werden, denn sie haben, wie S c h ü b e l e r mit seinem scharfen Blick klar
erkannte, nicht nur wissenschaftliche, sondern auch eine sehr große, direkte, ökonomische
Bedeutung für die Pflanzenkiiltur nicht allein in Norwegen, sondern sicher auch in
ganz Nord- und Mitteleuropa.
Diese Fragen können indessen nur durch exakte Untersuchungsmethoden gelöst
werden, wie sie sicli nur von einer wissenscliaftlich ausgerüsteten Station, an
welcher die Arbeit während einer Reihe von Jahren systematisch betrieben werden
kann, ausführen lassen.
Von dänischer Seite wird gegenwärtig eifrig daran gearbeitet, die Erriclitung
einer wissenschaftlichen Versuchsstation bei Disko auf Grönland zu erreichen. Wenn
eine solche Station auch ungefähr unter demselben Breitengrad in Alten in Norwegen
errichtet werden könnte, so würde sicherlich das Zusammenarbeiten dieser
Stationen unter sich und mit den amerikanischen und europäischen Versuchsstationen
außerordentlich wichtige Ergebnisse ebenso für die Pflanzenphysiologie wie für die
Pflanzenkultur liefern können.
Alten (70° n. Br.) liegt mit seinen lebhaften Dampfschiffsverbindungen mit
dem südlichen Norwegen außerordentlich günstig für die Errichtung einer wissenschaftlichen
Station, welcher hier ein ausgedehntes Arbeitsfeld zur Verfügung stände.
Schon 1838 — 39 stellte eine französische Expedition unter L o t t in und B r a v a i s in
Alten Beobachtungen über Erdmagnetismus und Nordlichter an; später haben norwegische
Expeditionen von 1882 ab wiederholt ähnliche Beobachtungen dort vorgenommen.
Auf der Naturforscherversammlung 1886 in Cliristiania betonte der nor