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Ptìanzenziiclitiiiig verwertet. Dodi iiidit über diese Ergebnisse will idi hier beriditen,
es sei vielmehr gleich zur Spezialfrage übergegangen, ob durch Fremdkreiizung
e i g e n t l i c h n e u e Merkmale, nicht bloß neue Kombinationen der an den Eltern
bereits sichtbaren Eigenschaften, zu entstehen vermögen. Die älteren Bastardforscher,
auch Da rw in , bestritten geradezu das Vorkommen eigentlicher Kreuzungsnova; höchstens
ließen sie gelegentliche Hybridatavismen gelten. In jüngster Zeit noch hat de V r ie s
jenen Fall als höchst selten bezeichnet. Durch Beobachtungen der letzten Jah re ')
glaube ich jedoch den Nachweis erbracht zu haben, daß Kr e u z n n g s n o v a oder
I lybridmi i t a t i o ii e n bei ei ner ganz e n Anzahl von Er b s en - , Bohnen- , Lev kojen
nnd Ge t r e ide r a s s e n u n s t r e i t ig Vorkommen, und daß das Auf t r e t en
der neuen Me rkma l e, w e n i g s t e n s viel fach, mi t ganz g e s e t zmäß ig e r We r t i g kei
t — zu s ammen h än g en d mi t dem MENDELSchen Ve r e rb u n g s s c h ema —
er folgt . Allerdings sind diese Hybridmutationen, wenn ich mich der Bezeichnung
von DE Vr i e s bedienen darf, meines Erachtens als. einseitige oder degressive, bezw.
als rückläufige oder retrogressive zu betrachten, nicht als vielseitige, progressive, wie
es die Spontanmiitationen von Denoterà Lamarckiana sind. Es handelt sich also in
meinen Beobachtungen um Entstehung neuer Rassen oder Varietäten (nach d e Vr i e s )
im Anschlüsse an Fremdkreuziing, nicht um Bildung neuer elementarer Arten : die
von mir erlialtenen, zum Teil gesetzmäßigen Hybridrautationen sind, kurz gesagt,
Rasseumutationen, niclit Artmutationen. Auch lassen sich nicht wenige Fälle als gesetzmäßige
Hy b r i d a t a v i sme u betrachten. Zweifellos ergibt sich aber aus meinen
\ ersuchen, daß die Fremdkreuzung einen Faktor darstellt, welcher in gewissen Fällen
den Zustand der Merkmale wesentlich zu verändern vermag, und zwar entweder in
aufsteigeuder Richtung von Latenz zu Aktivität oder in absteigender Richtung von
Aktivität zu Latenz. Dieser zustandsändernde Einfiuß, ivelcher in gleicher Weise der
Spontanmutation, nicht aber der Selektion zukommt ( Jo h a n n s e n ), läßt also aus einer
Defektrasse eine Rasse mit vollkommener Erblichkeit des positiven Merkmals, also
eine Vollrasse, oder eine Rasse von unvollkommener Erblichkeit, nämlich eine Halboder
Teilrasse, oder schließlich eine Mittelrasse, hervorgehen. Umgekehrt kann tla-
durch eine \ ollrasse zur Mittel-, Teil- oder Defektrasse herabgedrückt werden. Dieser
Umwandlungsprozeß wird auf dem nachstehenden Schema übersichtlich dargestellt;
(Siehe Tabelle S. .325.)
Durch die Erkenntnis dieser Bedeutung der Pfi-emdkreuzimg, wie überhaupt
durch den Nachweis einer gesetzmäßigen Hybridmutation ist meines Erachtens eine
neue Entwicklungsrichtung auf dem von Me n d e l eröfiiieten Forschungsgebiete angebahnt.
Die Eigentümlichkeit gewisser Formen, latente Eigenschaften zu besitzen und
speziell im Anschlüsse an Fremdkreuzimg — im Gegensätze zur Konstanz bei I r r zucht
— plötzlich n e u e Eigenschaften aufzuweisen, habe ich als K r y p t om e r ie bezeichnet.
Ein solclies Verhalten konnte an nicht wenigen Fällen, und zwar an etwa
I) Vgl. meine Arbeiten: Die Tlieorie der Kryiitomorie und des Kryptoliybridismus. Beih.
z. Botan. Zentralbl., Bd. XY'I, Heft 1 , 1903 und Weitere Kreuzungsstudien an Erbsen, Levkojen
und Bohnen. Zeitschr. f. d, landw. Versucliswesen in Österreich 1904.
Z u s t a n d s ä n d e r u n g von Me r kma l e n d u r c h F r em d k r e u z u n g .
A B
anfsteigende absteigende
Benennung der Träger
Vollrasse
(konstantes Novum)
A.
Mittelrasse
A t
Halbrasse
Defektrasse
Zustand des Merkmales
Y^ollaktivität
Halbaktivität
(alternierend mit Latenz)
Semilatenz
gelegentliche Manifestation)
Latenz
Benennung der Träger
Vüllrasse
Y
Mittelrasse
I
Halbrasse
Y Defek'trasse
20, aufgedeckt werden. In einem gewissen, heute noch nicht abgrenzbarem Umfange
scheint es jedoch auch an solchen Pflanzenformen nachweisbar zu sein, welche ursprünglich
aus einer hybriden Kreuzung hervorgegangen sind, aber bei Inzucht bereits
konstant bleiben. In diesem Falle liegt also ein Kryp t o l i ybr i d ismus vor.
Im Vorhinein sei die G e s e t zm ä ß i g k e i t d e r a n g e d e u t e t e n H y b r i d m
u t a t i o n e n als eine solche der Vererbungsweise bezw. der Keimzellbildung bezeichnet.
Das analoge Verhalten bezüglich der ma n i f e s t e n elterlichen Merkmale
hat bekanntlich Me n d e l zu der Lehre geführt, daß Rassenmischlinge verschiedene
Arten von Geschlechtszellen und zwar in g le i cher Anzahl produzieren, in welchen
die elterlichen Anlagen in allen überhaupt möglichen Kombinationen vertreten sind.
Die geschlechtliche Vereinigung dieser verschiedenen Arten von Gameten liefert infolge
der Ungleichwertigkeit je zweier konkurrierender Anlagen nicht gleichviel Träger
der einen und der anderen Eigenschaft, sondern erzeugt dominant merkmalige
und rezessivmerkmalige Hybriden zweiter Generation im Verhältnisse 3 : 1 — es
machen ja die mischmerkmalig veranlagten Individuen (50°/q) äußerlich denselben
Eindruck wie die einfach merkmalig veranlagten (je 25 %). Bezüglich der Details
der MENDELSchen Lehre, die ich hier als bekannt voraussetzen darf, verweise ich auf
die zwei nachstehenden Diagramme (vergl. nächste Seite):
Hier sei des Näheren nur ausgeführt, daß die K r e u z u n g s n o v a nach
Wertigkeit und Vererbuugsweise das eine Mal die Rolle eines überwertigen oder
dominierenden, das andere Mal die Rolle eines rezessiven oder unterwertigen Merkmals
spielen können. Im ersteren Falle erscheinen sie an allen Llybriden der e r s t e n
Generation und an der Mehrzahl der Individuen der zweiten Generation; im zweiten
Falle tritt das Novum erst in der zwe i t e n Generation und zwar an einer Minderzahl
von Indivuen in Erscheinung. Aber damit noch nicht genug: die Hybridrautation
kann auch im Verhältnisse 3 :1 angeschlossen an die dominante Elternform,
also als „mitdomiuierend“, oder im Verhältnisse 3 : 1 angeschlossen an die rezessive
Elternform, also als „mitrezessiv“, in der zweiten Generation erscheinen. Es i'esul