die Ausbildung der llocligebirgsgattungen anznnelnnen. als wenn wir uns diese nur
innei-ball) der Kettengebirge entstanden denken. Schon vor beinahe 40 Jahren, als
ich niicli mit Saxifraga zu beschäftigen anfing, konnte ich, obgleich ich alle Wanderungsmöglichkeiten
vei'folgte, doch niclit umhin, anzunehmen, daß sclion in der Tertiär-
periode die meisten der in dieser Gattung liervortretenden Sektionen existiert haben
mußten. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß schon in der Kreideperiode an ver-
schiedenen Stellen der Erde neben den bereits bestellenden Pteridophyten und gymno-
spermen Siphonogameii auch angiosperme auftraten, und zwar keineswegs überall die
gleichen. Es ist ferner als wichtigstes Resultat der systematisch-entwicklungsgeschicht-
liclien Studien zu beachten, daß zahlreiche Familien und Familieugruppen auf einzelne
Teile der Erde beschränkt sind, daß namentlich mehrere nur auf der südlichen Hemi-
spliäre, mehrere sich nur auf der nördlichen Hemis])häre, viele nur in den Tropen,
viele nur auf der östlichen Hemisiihäre, mehrere nur auf der westlichen Hemisphäre
sich entwickelt haben. Es ist klar, daß die Perücksichtigung dieses Nebeiieinander-
steliens verschiedener Familien und der Gattungen einer lamilie, der Sektionen
einer Gattung für die Entwicklung dersellien eine viel längere Zeitdauer als Spielraum
ergibt, als die sukzessive Entwicklung der Familien und Gattungen auseinander. Daß
eine solche auch stattgefunden hat, soll nicht bestritten werden; aber ich kann keinen
triftigen Grund gegen die andere Annalime finden.
Versuchen wir nun, uns ein Bild von der L’egetation Europas in der Tertiärzeit
zu machen, so wird dies der Wahrheit um so näher kommen, je mehr wir die
nicht sicher zu bestimmenden fossilen Ptiaiizenreste ausscheiden.
Nach der Ansicht der Geologen befanden sich in der Kreideperiode an Stelle
Europas eine Anzahl größerer Inseln und im Norden ein die Ostseeländer mit umfassender
großer skandinavischer Erdteil, der nach Westen sehr dem einen Teil von
Nordamerika und Grönland umfassenden nearktischen Kontinent genähert war. In
der Tertiärperiode wurde Europa durch LYreinigung der Inseln mehr kontinental, es
wurde der Zusammenhang mit Asien, in welchem nördlich des turanischen Hochlandes
und des sinoanstralischen Kontinentes der arktische Ozean immer mehr zurücktrat,
hergestellt und die Annäherung an Grönland und Amerika gemindert. Wir
wissen, daß in der Kreideperiode die Baumwelt Grönlands in ihrem Charakter nicht
selir verschieden war von der des damaligen Mitteleuropas, von der heutigen des
extratropischen Ostasiens und Nordamerikas. Wir wissen, daß in der Kreidezeit noch
in Grönland ein Cycas Stenstru])ii Heer existierte, während wir jetzt die nördlichste
Art dieser Gattung im südlichen Japan finden. Auch die heute auf Japan beschränkte
Gattung Ginkgo, ein durchaus eigenartiger Typus der Gymnospermen, seit der permischen
Periode auf der nördlichen Hemisphäre reich entwickelt, war im älteren Tertiär
noch in Grönland, im jüngeren noch in Italien und Sachalin durch G. adiantoides
Heer vertreten. Wir wissen, daß dann in der Tertiärperiode in Grönland, ebenso
in den nord- und mitteleuropäischen Ländern zahlreiche Nadelhölzer, insbesondere
Pinaceen aus den Gruppen der Taxodieen und Cupressineen, aber auch einige der
Abietineen (Kiefern und Fichten) existierten, welche letzteren das fast einem Edelstein
gleichgeschätzte Harz des Samlandes, den Bernstein, lieferten, den wir Naturforscher
als Erhalter aiisgestorbener Pflanzen und Tiere noch ganz besonders hoch
schätzen. Diese Kiefern und Fichten waren aber nicht mit den gegenwärtig in den baltischen
Ländern wachsenden verwandt, sondern mit dem heutzutage im nördlichen Ostasien
vorkoniinenden. Mit den Mammutbäumen der Sierra Nevada in Kalifornien nahe
verwandte Seiiiioien, Taxodien, welche jetzt auf die südlichen Vereinigten Staaten
beschränkt sind, Glyptostrobus, welche jetzt nur noch in Ostasien Vorkommen, waren
damals in Europa häufig; die neben ihnen vorkommenden cypressenähnlichen Libo-
cedrus und Cupressus, sowie Thnjaarten erinnern an die jetzt noch in Ostasien und
Nordamerika reichlich vertretenen Cupressineen und die bis in das jüngste Tertiär in
dem damaligen ganzen Euro])a verbreitete Callitris Brongniartii EmlL, verwandt mit
dem im algerischen Bergland häufigen Saiidarak. der Callitris (luadrivalvis Vent., von
welcher neuerdings auch einige Exemplare im südlichen S])anienB gefunden wurden.
Fächerpalmen und Fiederpalmen vom Typus der gegenwärtig im Mittelmeergebiet
(Chamaerops, Phoenix), Nordamerika (Sabal) und Japan (Trachycarpus) ihre
Nordgrenze findenden Gattungen waren im Eozän noch bis zum Samland, im späteren
Tertiär bis zum Alpengelände verbreitet. Fast die ganze Schar der Laubholzgattiingen,
welche gegenwärtig in Mittel- und Südeuropa Vorkommen, existierten zu Beginn der
Tertiärperiode in Grönland, auf Spitzbergen und in Mitteleuropa, Erlen, Birken,
Hopfeiibuchen (Ostrya), Hainbuchen (Car])inns). Haselnüsse, Buchen und Edeltannen,
Walnußbännie, Pappeln, Weiden, Ulmen, Platanen, Storaxbäiime (Liquidambar), einzelne
Ahorne, eine Parrotia und Diosiiyros waren weit nach Norden verbreitet. Fallen
in dieser Liste schon einige jetzt nur in Südeuropa und dem Mittelmeergebiet vorkommende
Gattungen auf, so wird in unserer Vorstellung von dem arktotertiären
Waldcharakter noch besonderen Eindruck machen, daß außer den genannten von
Grönland bis Mitteleuropa und weiter südwärts und ostwärts verbreitet waren die
Ulmaceengattung Zelkova, Tulpenbäume (Liriodendron), ein sehr naher Verwandter
des Kampferbaums (Cinnamomum polymorphum A. Br.), der Sassafrasbaum und
Götterbäume (Ailantlius), also Vertreter von GaUungen, welche ebenso wie mehrere
der vorhergenannten Nadelhölzer jetzt auf Nordamerika oder Ostasieii beschränkt
sind. In Mitteleuropa existierten ferner zahlreiche Eichen und Ahorne, auch einige
Walnüsse, welche zum Teil mit den heutigen ostasiatischen und amerikanischen verwandt
sind, auch eine Koelreuteria (jetzt nur ostasiatisch), eine Fothergilla (jetzt nur
nordamerikanisch), eine Clethra, deren Verwandte jetzt in Amerika. Ostasien und auf
Madeira gedeihen. Sowie die in der Tertiärlandschaft Europas verbreiteten Eichen
sich melir den ostasiatischen und mediterranen Arten nähern, so sind auch von den
zahlreichen im Tertiär vorkommenden Weiden die sicher bestimmbaren Arten mit
den in Afrika und auf den benachbarten Inseln (Madagaskar, Kanaren) vorkommenden
nahe verwandt: dagegen sieht man ebensowenig von unseren jetzigen mitteleuropäischen
Eichen, ebensowenig von den jetzt so zahlreichen siibarktischen Weiden, wie
1) Ch . l’Aty Le Callitris quadrivalvis Yent. nouveau pour la flora d’Europe. Bull, de
l ’Acad. internationale de géogr. bot. 1903, T. XII, ]). 521, 522. Die Fundorte der einzelnen nocli
vorhandenen Exemplare sind Coto Abpiexias, Barranco de Aviiupie, Fenya de FAguila bei Cartagena.
3 I I é s u ) t a t s s c i e n l i f i ( ) i i e a d u C m i x iR S i n l . c r n a L i oH a l d p R o l a n i ( | u o .