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Schon habe icli erwähnt daß sich der Mensch in der späteren Kiefei'iizeit in Dänemark
und Südschweden fand. Aus verschiedenen Gründen können wir sagen, daß diese
Zeit melir als 10000 Jahre von heute znrückliegt. Vor etwa sieben- bis achttausend
Jahren lebte in den Küstengegenden Dänemarks und Südscliwedens eine ziemlich
zahlreiclie Bevölkerung, die beinahe sicher der germanischen Rasse angehörte'). Das
Volk der Steinzeit stand auf der Kulturstufe der Neolithenzeit. baute die lierühmten
Riesengräber meiner Heimat (cf. Karte, Fig. 28), kultivierte schon Weizen, Gerste
und Hirse, und besaß unsere wichtigsten Haustiere. In allen den seit jener Zeit
vergangenen Jahrtausenden hat dieser sich immer vergrößernde und verbreitende
Menschenstamm einen energischen Kampt mit dem Walde getührt. V\ o fi öhei Eichen-
uiid Nadelwälder und in späteren Zeiten Biiciienwälder standen, ptlügt nun der
Ackerbauer oder weidet sein Vieh. Die alten Eichenwälder (p. 7(i) sind so aiisgerottet,
daß ich in ganz Schweden auch nicht ein einziges, aucli noch so kleines Gebiet
kenne, von welchem ich sicher sagen könnte, daß es das ursprüngliche Bild dieser
Wälder zeigt.
' Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß der Mensch in Skandinavien viel älter
: ist als die Buche 2). wenigstens älter denn diese als Waldbildnerin. Allerdings haben
i E . Ch r . H a n s e n , N . H a r t z und A. J e s s e n in einigen Torfmooren Dänemarks in
bedeutender Tiefe und aus einer Zeit, die die Existenz der Buche vor der Zeit des
Maximums der Litorinasenkung beweist, Biichenblätter gefunden, aber das Fehlen
von Biichenüberresten in Hunderten von ptianzenführenden Ablagerungen zeigt, daß
die Buche in jenen ersten Zeiten ein sehr seltener Baum gewesen sein muß. Dasselbe
zeigt die Abwesenheit von Buchenkohle in allen bis jetzt nntersnchten, holzkohlenreichen
Überresten der Steinzeit in SchwedeiG). Sehr interessant ist auch ein
Vergleich der Karten über die 5'erbreitnng der Steinzeitgräber während der allgemeineren
Verbreitung der Buche in Schonen und benachbarten Provinzen (Fig. 28
lind 29), aus welchen hervorgeht, daß die Buchenwälder Südschwedens heutzutage in
größerem Umfang nur in den Gegenden bestehen, wo keine Gräber aus der Steinzeit
zu finden sind. Dies kann seine Ursache nur darin haben, daß die Küstengegenden
schon während der Verbreitung der Buche Kulturland waren, in welchen die Buche
am Keimen verhindert wurde.
Die Bliche befindet sich, wie A l b . N i l s s o n D in einer sehr sorgfältig aus-
geführten Studie über die nördlichen Biichenkolonien Schwedens gezeigt hat, noch
im Vorrücken gegen Norden. Auch in Norwegen kommt die Buche im südöst-
1) ü. R e t z i u s , Cr.inia Siiecia antiqua, Stockholm 1899.
2) Nach E. W a rm in g (1. c. p. 5) hat E. R o s t r u p Ruclienkohleii in den jüngsten Gräbern
der Steinzeit in Seelland und Möen (Dänemark) gefunden.
3) Im Sommer 190,5 hat Osc. 5 I o n t e l i u s in einem Steinzeitgrab bei Kuba Gnnnarstorp m
NW-Sclionen, das aus der 5Iitte des zweiten Jahrtausends vor Beginn unserer Zeitrechnung stammt,
mehrere Bucheckern gefunden. Das ist der älteste schwedische Fund und zeigt, daß die Buche in
der Umgegend des Öresunds 3500 Jahre alt ist. (Cfr. Ymer 1905, p. 340.)
4) Om bokens iitbredning och förekomstsätt i Sverige. Tidskrift för Skogshushällning 1902.
liehen Teil vor. Daß sie auch hier jung ist, ist fostgestellt durch eine Untersuchung
von in Biichenhainen gelegenen Torfmooren, die H o l m b o e ') neulich publiziert hat.
Weiter gegen Norden, am Säim.
40 km nördlich von Bergen, findet
sich eine vereinzelte Biiclienkolonie
((K)° 38') auf einer 12 ha großen
Fläche, über deren Herkunft viel
geschrieben tvorden. Diejenigen,
welche die Meeresströmungen und
Vögel als Verbreitungsmittel anzunehmen
lieben, meinen, daß die
ersten Früchte durch eines dieser
Mittel von den Britischen Inseln
hierher gekommen seien; andere
meinen, daß dieselben in diese
schon in uralten Zeiten bewohnten
Gegenden von dem Menschen gebracht
wären. Beide können recht
haben.
Solcher Arten, welche ungefähr
gleichzeitig mit der Buche ein-
wanderten, kennen wir nicht sehr
viele. Jedenfalls scheint die Hainbuche
(Carp inus bet nlus) ungefähr
gleichaltrig zu sein, und auch
einige von den Kräutern des Buchenwaldes,
wi eGal eobdo lon lut eum,
stammen wohl ans dieser Zeit.
Die meisten pfianzengeogra-
phischen Darstellungen enden an
dem Punkt, wo ich nun in der
Entwicklungsgeschichte der skandinavischen
Flora stehe, am Ende
der -spontanen Einwanderung. Es
unterliegt jedoch keinem Zweifel,
daß die Veränderungen, die unter
dem direkten und indirekten Einfluß
Fig. 30. Teil des nördliclislen s))ontanen Buclien-
w.'ildes von Sohweden auf Suvön im See Vänern,
Westgotland. Nacii N. S y tw e n .
des Menschen erfolgt sind, ebenso tiefgreifend und ebenso interessant sind wie
die früheren.
Die Wahrheit dieser xVnffassiing geht aus vielen Tatsachen hervor. Die
Artenzahl der schwedischen Flora beträgt ungefähr 1415 „gute“ Arten. Von dieser
1) Nyt Magasin for Naturvidenskal), Bd. 43 (1905), Heft 1.