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2. Über Assimilation der Kohlensäure durch
chlorophyllfreie Organismen.
Von F e rd in a n d Hueppe (Prag).
Als ich vom Organisationskomitee des internationalen botanisclien Kongresses
aufgefordert wurde, neben einem botanischen Fachmanne. meinem Prager Kollegen
Professor Mo l i sch , der die Assimilation der Kohlensäure dnrcli das Clilorojiliyll besprechen
sollte, über die Assimilation der Kohlensäure durch cliioropliyllfreie Organismen
zn sprechen, befand ich mich in einer heiklen Lage, als botanischer Außenseiter in
der Lage eines Forschers, dem es mir einmal vergönnt war, den großen Kreis phanzen-
pliysiologisclier Probleme in einer Tangente zn streifen. Aber ein Vortrag, den unser
verehrter Präsident, Herr W i e s n e r , im vorigen Jahre in St. Louis gehalten hat, gab
mir einigen Mut an die Sache lieranzutreten. Hat doch Herr Wi e s n e r damals aus-
füliren können, daß die Phanzenpliysiologie durch die Forschungen von Vertretern
anderer Disziplinen in die Ersclieinnng getreten ist nnd dauernd Anregung von Außenstehenden.
besonders von Medizinern, erfahren hat.
AVenn ich von der von Heri'u Mol i sch eingehend auseinander gesetzten
Cliloroiiliyllfunktion ansgelie, so können wir bei derselben zwei Wirkungen auseinander
halten, die frülier einem pliylogenetischen Vei'ständnisse niizugänglicli waren. Solange
man die balinbrecliende Entdeckung von I n g e n -H ousz nur auf das Chlorophyll anwenden
konnte, mußte dieser grüne P’arbstoff als der erst erschaffene organische
Körper erscheinen, eine Vorstellung, die aber schlechterdings mit den entwickelungs-
gescliiclitlichen Ermittelungen über die Phanzen nicht in Einklang zu bringen war.
Indem die Pflanze durch das Chlorophyll Kohlensäure reduziert, bildet sie einerseits
kohlenstoffhaltige höhere Körper, die zum Aufbau der Leibessubstanz dienen, w'älirend
andererseits dabei Sauerstoff frei wird, der zur Atmung fremder Organismen, vielleicht
aber auch der eigenen Körpersubstanz dienen kann.
Der erste Prozeß der COg-Reduktion ist Aufbau nnd Assimilation, der zweite
ist gerade im Gegenteil Abbau, Dissimilation, und man darf wohl vermuten, daß diese
beiden Prozesse in irgend welchem kausalen Konnex stelienV Das würde also eines
der Probleme sein, welches die allgemeine Biologie der Pflanzeniihysiologie verdankt.
Deshalb will ich nicht unterlassen, darauf liinzuweisen, daß die moderne Physiologie
tatsächlich Assimilation und Dissimilation mehr nnd mehr in nrsäclilicliem Zusammenhänge
erkennt, indem wir in dem labilen Aufbau nnd dem dadurch lierbeigefülirten
Vorgänge der Aufstapelung potenzieller und kinetisch-labiler Energie die chemischen
Ursachen des Lebens wahrnelimen. Pfianzen und Tiere bilden in dieser Beziehung
keine prinzipiellen Gegensätze, sondern zeigen iiui- dieselben Vorgänge in quantitativ
verschiedener Entwickelung. Man muß somit erwarten, daß schließlich im Protoplasma
selbst irgendwie Reduktion und Oxydation verknüpft sind oder, wenn wir dies niaterialistiscli
aiisdrücken und die Wirkung an bestimmte Substanzen, an Protoplasmasplitter,
gebunden denken wollen, an Reduktasen und Oxydasen geknüpft sind.
Bei der Pflanze ist am anffallendsten die Anpassung an das Licht. Licht ist
aber für uns nnr der Ausdruck für Strahlen von bestimmten Wellenlängen, an die
das menscliliclie Auge angepaßt ist. In diesem Sinne müssen wir erwarten, daß keine
von uns als Farbe empfundene Substanz in der Welt zwecklos ist, sondern daß jede
Farbe sich mit den uns sichtbaren Wellenlängen auseinandersetzt, daß aber dem Proto-
lilasma in einem viel weiteren Sinne die Fälligkeit zukomnit, sich mit Strahlen bestimmter
Wellenlängen auseinanderzusetzen, auch mit solchen, die vielleicht nicht
mehr für uns sichtbar sind, aber chemische oder tliermisclie Wirklingen ausüben.
Eine solche Anpassung von Farbe und Licht kann vielleicht mit der Kolilen-
sänreassimilatioii in Beziehung stehen, sie kann aber auch eine andere sein. So flnden
wir z. B. bei gefärbten Bakterien die eine Seite der Cliloropliyllfunktion, nämlich die
Sauerstoft'aiissclieidLing, bezüglich die Sauerstoffanliänfnng von Arten ausgeführt, die
die Fähigkeit der Kolilensäurereduktioii nicht besitzen. So haben P f e f f e r nnd E wart
nacligewiesen, daß einzelne Farbbakterien die Fälligkeit, Sauerstoff locker zu binden
und ihn dann für die eigene Atmung oder die von anderen Lebewesen abzugeben,
ähnlich, zum Teile in höherem Maße besitzen, als das Blut mit seinem Hämoglobin.
Die Farbbakterien sind aber für die Entwicklung ihrer Farbstoffe mit Ausnahme
des anaöroben Spirillum rubrum, welches ich aber vor vielen Jahren bereits auch zur
Aërobiose bringen konnte, an das Lnftleben gewöhnt. Wir haben also hier bereits
Beziehungen zwischen Luftsauerstoff und Farben.
In diesem Zusammenhänge wird in noch viel höherem Maße die Tatsache
interessant, daß auch der Blutfarbstoff selbst, das Hämoglobin, welches der Dissimilation
dient, die nächste chemische Verwandtschaft zn dem assimilatorischen Chlorophyll hat.
Nach vorbereitenden Arbeiten von H o p p e -Se y l e r , N enck i und Si e b e r haben Schunck
und Ma r c h l ewsk i festgestellt, daß das Phylloporphyrin C^gH^LgNgO und das Hämato-
porphyrin CiePIisNgOg nahe verwandte Pyrrolprodnkte sind, und Ma r ch l ewsk i
ermittelte außerdem die Identität der Hämatinsäure mit dem entsprechenden Chlorophyllprodukte.
Wenn im tierischen Organismus ein solcher Eiweißkörper Träger für Oxydationswirkungen
und im Pflanzenreiche sein nächster Verwandter Atermittler gewaltiger
Reduktionswirkimgen ist, daß man früher geradezu das Tier einen Oxydations-, die
Pflanze einen Rediiktionsmeclianismus nannte, so darf man erwarten, daß oxydierende
und reduzierende Wirkungen, Abbau und Aufbau im nicht oder wenig differenzierten
Protoplasma in inniger Beziehung zu einander stehen.
Das konnte man nicht in Betracht ziehen, solange man die Wirkung des
Chlorophylls nur darin sah, daß es für die Pflanze den Aufbau besorgt, aber Sauei-
Stoff abgibt, der dem Tiere zur Atmung dienen kann, eine Vorstellung, die in dem
Ausdrucke „Kreislauf des Stoffes“ einen sehr schönen, aber vermutlich nur teilweise
richtigen Ausdruck gefunden hat. Ich habe wenigstens- schon vor längerer Zeit dem
Zweifel Ausdruck gegeben, daß man nicht in dem früheren Sinne von einem Kreisläufe
sprechen kann, indem die Pflanze etwa gerade so viel Sauerstoff produziert, wie
Résultats snjentifiques du Congrès international Botanique. •
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