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sicher durch das Kanal- und Isonzotal, also über den Malborget- und Predilpaß nach
Kcärnten gelangt nnd findet sicli gegenwärtig mit mehreren Begleitpflanzen bei Raibl,
Tarvis, im Gailtale, im oberen Drautale, bei Bleiburg, am Abhange der Saualpen und
an anderen Stellen. Bekannt ist deren Vorkommen aucli bei Innsbruck.
Zahlreiclie zerstreut vorkommende Karstpflanzen gedeihen gegenwärtig am
Ostrande der Alpen in Österreich, sowie im benaclibarten Ungarn. Es sind dies die
Schwarzfölire (P inus nigra), die Hopfenbuche (Ost rya carpinifol ia), die Zerreiche
(Quercus cerris), die weichhaarige Eiclie (Quer cus ianuginosa) , die Edelkastanie
(Ca s t a n e a sat iva), der Perrückenbaum (Co ti n us coggygr ia) , der Goldregen
(Cyt i sus l aburnum) , weiters Buclisbaum (Buxus s emper vi r ens ) . Rus cu s liypo-
g l os sum. Phi ladel pl i u s coronar i u s, St aphy l e a jiiniiata, ferner zahlreiche
Stauden und Kräuter wie: Asj i l iodelus al bus . Cr ocus albi f lor i is, Narci s s us
p o e t i c u s , A n a c am p t i s p y r ami d a l i s , Joi ior ch is ab o r t i v a , Lorog l os sum
h i r c i n um, P a e o n i a c o r a l l i n a , An emo n e t r i f o i i a , H e l l e b o r u s vir idis,
H. d nme t o r um, P e l t a r i a al l iacea, Cyt isus-Ar ten, Med icago pros t r a t a ,
La th y ru s var i e g a t u s , L. nissol ia, Ha c q u e t i a epipact i s , Pe u c e d a n um or eo-
s e l innm, Sco r zone r a humi l is n. a.
Am östlichen Abfalle der niederösterreicliischen Kalkalpen, wie z. B. bei
Baden und Vöslaii. verdichten sicli diese Pflanzen neuerdings selbst zu Pflanzenformationen,
die nach ilirem Oberliolze mit jenen des Karstes überraschend zusammenstimmen.
Wir verfolgen einzelne von oliengenannten Karstgewächsen auch weiter am
Nordliange der österreicliisclien Aljien und sehen, daß eine größere Zalil derselben
die Donau nacli Norden hin überschreitet, uml wie z. B. Orchis t r i d e n t a t a ,
Alyssi im moi i taiuim. Si lene ot i tes, Peu c e d a n um o r eos e l inum, Ses e l i hippo-
ma r a t um, Stachys r e c t a u. a. sogar bis nach Deutschland vorgedrungen sind.
Wie erklären sicli nun diese pflanzengeographischen Tatsachen?
Icli habe bereits die Ansicht ansgesproclien, daß in einer Periode der Diluvialzeit
die jetzigen Karstgewäclise die Ostaljien umgürteten und deren montane Region
bewohnten, d. li. jenen Platz besetzt hielten, welchen heute die montane mittel-
enropäische Flora daselbst bedeckt. Im Herzen der Alpen wurden diese Gewäciise
durch die letzte Eiszeit vernichtet. Am Ostrande der Alpen waren aber niclit mir
die Bedingungen für das Gedeihen einer Waldvegetation wie jener dflr Karstflora
gegeben, sondern es konnten sich auch Gewächse mit höheren Wärmeansprüchen
erhalten, wie z. B. Ca s t a n e a sat iva, Colut e a a rbo r e s ce ns , Pa l iu ru s aus t r a l i s .
Convo l vu l u s c a n t a b r i c u s , Pl a n t a g o cynopo, Jono r c h i s a b or t i va , Cy p e r u s
longus , Pflanzen, die gegenwärtig an der Grenze zwischen der mediterranen und
Karstflora leben und deren Zuteilung zu einer dieser Floren Schwierigkeiten bereitet.
Siclier ist also der Schluß gerechtfertigt, daß die zerstreuten Inseln der Karstflora
nicht als Vorposten einer vordringenden, sondern als Relikte einer reduzierten
Flora anzusehen sind, die an klimatiscli günstigen Örtlichkeiten, selbst noch in Formationen
erlialten blieb.
Die Karstflora stellt uns daher eine tertiäre Flora dar, die während der
Diluvialperiode bereits bestand und sicli mit ihrem großen Reichtum eigentümlicher
Gewädise aucli außerhall) ihres im nordwestliclien Teile der Balkanhalbinsel gelegenen
Stammlandes unbeeinflußt durcli die Vergietsclierung der Alpen erhielt.
Ihre durcli die vorliandenen Relikte dokumentierte, weitgehendste frühere
^'erbreitnng gescliali siclier in der Riß-Würm-Interglazialzeit, in der nach P e n k die
Sclineegrenze um 300—400 in liölier lag als gegenwärtig. Unter solchen Verhältnissen
konnte diese Flora aiicii die lieute für sie imüberwindliclien Pässe der südlichen Kalkalpen
übersclireiten nnd das Innere der Alpen erreiclien. In dèr derzeitigen Zerstückelung
ilires damaligen Areales jirägt sicli der Einfluß der letzten Eiszeit aus und die geringe
Allsbreitlingsfälligkeit der Karstpflanzen in der Gegenwart läßt die Annahme zu, daß
die für sie liereingebroclienen, ungünstigen Lebensverhältnisse in den Ostalpen seit
der letzten Eiszeit nocli niclit völlig behoben sind, und auch eine Neueinwanderung
derselben bislier aussclilossen.
Anf solclie Weise läßt sicli aucli die relative Armut der Südalpen an Karst-
jirianzen erklären, denn liier wurde den durch die letzte Eiszeit von den Höhen
lierai) ged längten Karstpflanzen dnrcli das die Poebene bedeckende Meer jeder Wanderweg
gegen Süden versiierrt und die Karstflora dalier größtenteils vernichtet. Die
Neiieinwanderimg von Osten lier begegnete aber bedeutenden Schwierigkeiten.
Ebenso wird liiedurcli das gegen Westen zu auffällig rasche Verschwinden
der Karstptlanzen am Nordhange der Alpen durch die stärkere nnd weiter ausgreifende
Vergietsclierung der Alpen zur Genüge erklärt.
Bekanntlicli liat schon K e r n e r im Jalire 1888 angenommen, daß in einer
Periode mit warmen, trockenen Sommern, die er in die postglaziale Zeit verlegte,
eine eigentümliche Flora in die Alpen eingedrungen sei, weiche er als die aqui -
l o n a r e bezeiclinete. Letztere stellt aber nacli seinen Angaben sicher weder eine
einheitliche, nocli gleiclizeitige Flora dar. Sie enthält neben xeropliytischen Hochgebirgspflanzen
nnd mediterranen Tyjien vornehmlicli Karstpflanzen und pontische
Steppenpflanzen. Nur von letzteren gilt in der Tat die Annahme K e r n e r s , daß sie
postglazial einwanderten. Die Steppenpflanzen wie Stipa-Arten, As t r a ga l u s exscapus,
Oxyt ropi s p il os a sind in den österreichischen Alpenländern in der Tat erst nach
der letzten Glazialzeit eingewandert, als die Austrocknung des pannonischen Binnensees
erfolgte und lieiße, trockene Sommer zeitigte. Diese Einwanderung pontisch-
pannonischer Xerophyten vollzieht sicli, wie ich nachgewiesen habe, auch heute noch,
während von einer Ausbreitung der Karstptlanzen in der Gegenwart keine Rede
sein kann.S
omit können nach meinen hier nnr ganz flüchtig berührten Untersuchungen,
welche in meinem Werke über die Pflanzenwelt Österreichs eingehender gewürdigt
werden, folgende Schlüsse über die Entwicklung der Flora in den ostalpmen Ländern
gezogen werden.
Die heutige Ka r s t f l o r a war es, welche während der letzten Interglazialzeit
die montane Region der östlichen Alpen besetzt hielt. Über derselben war die
Résultats scientifiques du Congrès intornational de Botanique.
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