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 niclit  halten  konnten;  auch  selbst  im östlichen  Teil  der Nordalpen  war  die  Entwicklung 
 der  Gletscher  keine  so  starke  wie  im Westen. Es waren  aber  auch  die  Pyrenäen 
 zum  größeren  Teil,  die  Karpathen mul  der Kaukasus  in  nicht  geringer  Ausdehnung 
 von  Schnee  und  Eis  bedeckt,  desgleichen  die  politischen  Gebirge  und  der Ararat,  der  
 Demawend.  der  Himalaja  namentlich  in  seinem  östlichen  Teil,  der  Tian-shan  und  
 Altai.  Durch  das  allseitige  Zurückweichen  der  subtropischen  Flora  und  später  der  
 übrigen  Geliölztiora  wurde  für  die  Plauzen  der  höheren  Regionen  Platz  in  den  
 niederen  Hölien  gescliaffen,  niid  schließlich  konnten  gewisse  Pflanzen,  welche  vordem  
 Hölienbewoliner  gewesen  waren,  selbst  noch  in  der  Ebene  sich  ansiedeln,  in  der  
 Bedingungen  herrschten,  wie  wir  sie  gegenwärtig  im  snbarktisclien  Sibirien  finden.  
 Diese  Verhältnisse  wurden  in  ganz  Mitteleuropa  noch  wesentlich  dadurcli  gefördert,  
 daß  in  den  arktischen  und  subarktischen  Ländern,  welche  in  der  Tertiärperiode  noch  
 eine  reiche  WaldHora  und  über  derselben  eine  (höchstwahrscheinlich)  mit  der  heutigen  
 ostsibirischen  verwandte  Hochgobirgsfiora  besaßen,  die  Vergletscherung  einen  so  liohen  
 Grad  erreichte,  wie  er  heutzutage  noch  in  Grönland  besteht.  Von  Nowaja-Semlja  
 erstreckte  sich  die Eisbedeckimg  bis  Irland,  ließ  nur  das  südliche  England  frei,  reichte  
 bis  an  die  Sudeten,  bis  in  die  Nähe  der  Zentralkarpatlieu,  im  mittleren  Rußland  bis  
 ungefähr  zum  50°  n.  Br.,  stellenweise  noch  weiter  südlich,  während  in  Nordamerika  
 dauernde  Schnee-  und  Eisbedeckung  bis  unter  den  50°  n.  Br.  hinaus  nachgewiesen  
 worden  ist.  Durch  all  diese  Verhältnisse,  welche  innerhalb  sehr  langer,  Jahrtausende  
 zählender  Zeiträume  eintraten,  wurde  sicher  ein  großer  Teil  der  ehemals  existierenden  
 Arten  vernichtet,  wie  sich  ans  den  Befunden  der  pliozänen  Ablagerungen  Europas  
 ergibt,  welche  noch  die  Reste  einer  mannigfachen  Bannifiora  einschließen;  aber  es  
 wurde  auch  durch  die  in  der  Ebene  geschaffenen  Verhältnisse  ein  großes  Areal  frei  
 zur  Besiedelung  durch  die  von  den  Gebirgsländern  hinabgedrängten  Arten;  die Areale  
 der  einzelnen  Gebirgsiloren  delinteii  sicli  nunmelir  bedeutend  nach  allen  Richtungen  
 aus  und  auf  dem  durch  die  geänderten  Verhältnisse  offenen  Terrain  war  den  am  
 besten  mit Verbreitiingsmitteln  ausgerüsteten  Arten  die  schönste  Gelegenheit  zur  Ausbreitung  
 gegeben.  So  entwickelte  sich  eine  glaziale  Mischiiora  aus  Pflanzen,  welche  
 in  verschiedenen  Gebirgssystemen  entstanden  waren.  Daß  wirklich  in  dem  Tiefland  
 Mitteleuropas  Glazialpflanzen  gelebt  haben,  ist  jetzt  durch  zahlreiche  fossile  Funde  
 am  Fuß  der  Alpenländer  und  in  den  Ostseeländern  erwiesen. 
 Auf  diese  erste  glaziale  Periode  folgte  eine  wärmere,  jedenfalls  auch  nur  
 allmählich  ein tretende  und  als  Steppenperiode  oder  als  Interglazialzeit  bezeichnete,  
 als  Steppenperiode  deshalb,  weil,  wie  zuerst  N e h r in g   nachgewiesen  hat,  während  
 derselben  in Mitteleuropa  ausgedehnte  Steppen  an Stelle  der  tundrenartigen Formationen  
 traten;  als  Interglazialzeit  deshalb,  weil  auf  diese  Periode  wieder  eine  kältere,  eine  
 zweite  Glazialperiode  folgte.  In  diese Steppenperiode  wird  das Vordringen  enrasiatischei  
 xerophytischer  Pflanzen  nach Mitteleuropa,  auch  der  stark  xeropliytischen  Hochgebirgspflanzen  
 verlegt.  Hierzu  möchte  ich  mir  die  Bemerkung  gestatten,  daß  man  dies  
 doch  nicht  mit  voller  Entschiedenheit  behaupten  kann,  daß  sehr  wohl  auch  schon  
 vorher mehrere  der xerophilen  oder  steppenbewohnenden  osteuropäischen  und  asiatischen 
 Pflanzen  nach  dem  mittleren  Europa  und  sogar  nach Westeuropa  gelangt  sein  können.  
 Zunächst  ist  zu  bedenken,  daß  heutzutage  die  Steiiiiengebiete  des  mittleren  Rußland  
 keineswegs  bloß  hhimenreichc  Grasfliiren  tragen,  sondern  auch  von  Waldparzelleii,  
 von  Sümiifen  und  Flüssen  mit  ITferfioren  durchzogen  sind  und  daß  in  Waldgebieteii  
 sicli  elien  auch  trockene,  vegetationslose  und  vegetationsarnie  Plätze  von  größerer  
 oder  geringerer  Aiisdelmnng  flnden,  auf  denen  fremde  Ankömmlinge  sich  ansiedeln  
 können.  Zweitens  ist  zu  berücksichtigen,  daß  die  Wandeningsfäliigkeit  einer  Pflanze  
 in  erster  IJnie  durch  die  Verhreitungsfäliigkeit  ihrer  Früchte  und  Samen,  sowie  
 durch  die  Dauer  ihrer  Keimfähigkeit  bedingt  wird.  Für  die  Wanderung  xerophytischer  
 Gewädise.  welche  diese  Eigenscliaften  besitzen,  war  niciit  gerade  ein  ausgesprochenes  
 Steiipenklinia  in Mittel-  und Westeiiroiia  erforderlich;  es  konnten  sehr  wolil  e i n z e l n e   
 nacli  und  nach  auch  unter  klimatisclien  \'erhältnissen,  wie  sie  die  Gegenwart  bietet,  von  
 Osten  iiacli  Westen  Vordringen  und  auf  den  für  sie  geeigneten  offenen  Plätzen  sich  
 entwickeln;  anderseits  ist  es  aber  auch  klar,  daß  mit  dem  Eintreten  eines  richtigen  
 Steppenklimas  die  Zahl  der  für  xerothermische  Pflanzen  geeigneten  Standorte  erheblich  
 zunelimeii  mußte.  Mit  dem  Abschmelzen  der  Gletscher,  welches  natürlich  an  der  
 Südseite  rascher  und  ausgedehnter  erfolgte,  als  in  den  Zentralalpen  und  als  im  Norden,  
 war  den  al])inen  Pflanzen  und  der  glazialen  Mischflora  wieder  Gelegenheit  zum  Aufsteigen  
 in  die  Gebirgssysteme  geboten,  und  von  den  früher  zurückgedrängten  Holzgewächsen  
 konnte  wieder  ein  Teil  sich  am  Fuß  und  in  den  Tälern  der Alpen  ansiedeln.  
 L’on  den  Seealpen  und  der  Provence  her  drangen  mit  einem  Teil  der  Alpenpflanzen  
 melirere  Pyrenäenpflanzen  ein  und  von  Illyrien  sowie  dem  südöstlichen  Alpenvorland  
 lier  eine Anzalil  illyrisclier  Tyiien  neben  den  alpinen:  von Osten  her  Karpatheniiflanzen,  
 von  Norden  lier  namentlicli  die  subarktischen  und  arktischen  Tyjien  der  glazialen  
 Miscliflora,  welche  ganz  besonders  in  den  noch  heute  bestehenden  Gletschergebieten  
 der  Zentralalpen  sich  dauernd  ansiedelten.  Aber  auch  in  den  Hochmooren  am  Fuß  
 der  Alpen  haben  viele  von  ihnen  eine  bleibende  Stätte  gefuiideii.  Am  schnellsten  
 drang  jedenfalls  die  südalpine  Flora,  welche  sich  am  Fuß  der  Südalpen  gehalten  hatte,  
 mit  einem  Teil  der  mediterranen  wieder  vor;  aber  sie  war  nunmehr  stark  dezimiert;  
 denn  wir  flnden  in  den  südwestlichen  Seealpen  und  in  dem  südöstlichen Alpenvorland  
 mehrere  südalpine  Arten,  welche  dazwischen  fehlen,  ja  auch  mehrere  alpine  Arten  
 gleichzeitig  im  Westen  und  Osten,  aber  nicht  dazwischen.  Doch  läßt  sicli  ohne  fossile  
 Beweisstücke  nicht  sagen,  ob  solche  nur  im  Osten  und  Westen  vorhandene  Arten  im  
 Zwischengebiet  schon  zur  Zeit  der  Interglazialperiode  verschwunden  waren  oder  erst  
 in  der  zweiten  Glazialperiode  der  Vernichtung  anheimflelen.  Es  ist  dies  jedenfalls  
 geschehen  bei  Rhododendron  ponticuni.  Auf  diese  wärmere  Interglazialzeit  ist  auch  
 vorzugsweise  zurückzuführen  das  Auftreten  zahlreicher  xerothermischer  Arten  der  
 submediterranen,  illyrischen  und  pannonischen  Floreneleinente  an  Stellen,  welche  nicht  
 mehr  im  kontinuierlichen  Zusammenhang  mit  den Haiiptarealen  dieser  Pflanzen  stehen,  
 aber  durch  besonders  günstige  Exposition  zur  Erhaltung  dieser  Pflanzen  auch  in  der  
 folgenden  Glazialperiode  befäliigt  waren,  so  an  vielen  Süd-  und  Ostabhängen  der  
 Zentral-  und  Südalpen,  auf  diese  Zeit  auch  das  Vordringen  pannonischer  Formen  am  
 Nordrande  der  Alpen,  das  sich  aber  nach  der  zweiten  Glazialperiode  wiederholen