Über (las Alter der Fichte in Skandinavien ist viel gestritten worden, ich glaube aber,
daß alle darin einig waren und es noch sind, daß dieser Baum bei uns verhältnismäßig
jung ist und noch nicht seine klimatische Grenze auf der Halbinsel erreicht hat. Im
mittleren Norrland. wo sie sicherlich am ältesten ist, sind die ältesten Funde be^
deutend jünger als der höchste Stand des Litorinameeres. Aber allem Anschein
nach hat andererseits die Fichte schon zn jener Zeit die Pässe, die von Schweden
nach dem Trondhjem- und dem Ranen-Fjord führen, überschritten, da das Klima
noch etwas günstiger war als heute. Die verkrüiipelten Fichtenindividuen, welche dort
die Nadelbanmgrenze bilden (vergl. Fig. 25 und 26), kann man sich sicherlich jedes
für sich dadurch entstanden erklären, daß Samen über die klimatische Fichtengrenze
gelangten, weshalb, als diese einmal keimten, die von ihnen stammenden
Bäume nur ein elendes Fortkommen fristen und daher jene kümmerliche Gestalt annehmen.
Überschaut man aber das gesamte Vorkommen, so ist es wahrscheinlicher,
daß die Fichtengrenze im zentralen Jämtland einmal etwas höher lag. Das Alter der
Fichte im mittleren Skandinavien scheint, wenn man alles zusammenstellt, nur 5000
bis 6000 Jahre zu sein. Während dieser Zeit hat der Stamm sich stark in alle Waldgesellschaften,
die auf
einem mäßig feuchten
bis sauren Boden leben,
eingemischt und große
Gebiete, besonders an
den Nordseiten der
Höhenrücken, besetzt.
In Gebirgstälern (besonders
auf Silur, wie
in Jämtland) ist derselbe
auf weiten Flächen
Alleinherrscher geworden.
Das auffallende
Vorherrschen der Fichte
in vielen Wäldern
Schwedens steht gewiß
nicht nur im nächsten
Zusammenhänge mit
ihren biologischen Eigenschaften,
sondern
Fig. 26. Die obersten F id ite li in exponierter Lage dem auf Sax-
vallskhiin]ien in .Täintland, 63" 33' n. Dr. und ca. 600 ni ü. d. 51. An
der linken Seite (Nordseite), von wo die kalten, trockeneren Nordwestwinde
stürmen, sind sämtliche Aste abgestorben. VViuterliild, 1902
vom Verf. anfgenommen.
auch mit der noch in den letzten Jahrzehnten gewöhnlichen Bevorzugung der Kiefer
von seiten der Industrie, insofern man bei Plentorbetrieb die Fichte immer stehen
ließ. Mit der Entwicklung der Holzindustrie und besonders mit der Entstehung
der modernen Holzpapierindustrie ist dies jedoch in jüngster Zeit ganz anders geworden.
Durch die Verbreitung der Fichte und unter dem Einfluß der Klimaverschlechterung
sind besonders in Norrland bedeutende Veränderungen in der Zusammensetzung
der Vegetation vor sich gegangen. Dieselben treten zumal in der Einschränkung der
Laubwaldformationen und in der A'erbreitnng vieler alpinen und subalpinen Pflanzen
im Nadelwaldgebiet hervor.
Zur Verbreitung von gewissen Pflanzen in den letzten Jahrhunderten (oder
Jahrtausenden?) hat gewiß aucli in bedeutendem Umfang indirekt Menschenarbeit beigetragen,
und große Vorsicht ist notwendig, um nicht der jetzigen Verbreitung derselben
zn große Tragweite lieizumessen. Die Lichtungen, die immer mit den Ansiedelungen
Fig. 27. Urwald von Fichten im typisch schwedischen Waldgebiet. Der Boden wie die
(roßen l<'indlinge von Moosen und Aaccininm vitis idaea liedeckt. Dalekarlien, llamra 61" 50' n. Br.
Die Bäume ca. 150—200 .ialire alt, durclisclinittlicli ca. 30 cm im Durchm. Aufnalime des Verfasser.
des ackerbautreibenden Menschen entstehen, bieten eine in den dichten Urwaldgebieten
vorher gar nicht oder nur sehr wenig vorhandene Gelegenheit für die Verbreitung jener
Pflanzen, die, wie die alpinen Arten, unbedingt Licht und Raum erfordern. Die
Vegetation der verschiedenartigen Wiesen und besonders die Plätze der „Kulturränder“
(Gräben, Wegeränder, Höfe usw.) ist auch ganz besonders durch Artenreichtum und
Mischung der Florenelemente ausgezeichnet. Nur einige Beispiele sind hier zu nennen.
Rubus a r ct i c us ist eine Pflanze, deren Verbreitimgszentrum in Nordwesteuropa sich
in Finnland und dicht an der Westseite des Bottnischen Meerbusens befindet. Gegen