, Tj!
(lai-aufhiii das Eiweißinolekel geradezu als ein Nitril mit Aldehyd- oder Ketongruppen
angesprochen, wie ich T r e u b entnehme, dem wohl nnr in den Formeln ein Druckfehler
unterlaufen ist, die wohl so lauten sollen:
() = C - N H - H O H - C - N H - H
y 0
\ h
oder C = 0
Nun hat K o s s e l die Polymerisationsfähigkeit von Blausäure nachgewiesen,
indem er das Adenin als i )-CNH bestimmte und als Arnidohypoxanthin nachwies:
5CNH =: Q H G N H iy .
Die Xanthingriippe ist aber tür den Aufbau des tierischen und jitlanzlichen
Eiweiß von Bedeutung. Cyananieisensäure liefert abei' durch Reduktion die schon
ei wähnte Amidoessigsäiire, die als Glykocoll oder Leimsüß für die Tierphysiologie von
großer Bedeutung ist:
CN . COOH + 4H = I I . ;
man kommt so wieder auch über die Nitrile zu Amidoverbindungen.
Formaldehyd liefert mit Cyanammonium Methylenamidoacetonitril, welches
Beziehungen zur Glykocollgruppe hat und für die Auffassung der Albuminate als
Nitrile interessiert:
2 H . COH y CN . N y = C R ,. N • CH^ • CN y 2H2O.
Wenn Ammoniak auf das Cyanwasserstoff-Additionsprodukt eines Aldehyds
einwirkt, entstehen Nitrile der Amidosäure, die durch intermediäre Verseifung, wie
sie im Organismus möglich ist, im chemischen Versuch durch Salzsäure herbeigeführt
wird, auch zn Ämidosäuren führen, speziell z. B. im Glykocoll:
L H - COH y CNH = H - C H <•CN
OH ’
2 . H . C H < 4 + NH,“OH = H . C H < “ -I- H ,0 ,
X N
3. H - C H < J j" ^ y 2 y 0 y HCl = H - y n h , c i .
Ich begnüge mich mit diesen chemischen Daten, mit denen ich nur zeigen
möchte, daß wir einmal mit ein und demselben primären Reduktionsprodukte der
Kohlensäure, dem Formaldehyd, ob photosynthetisch oder chemosynthetisch gebildet,
zu den charakteristischen Assimilationsjirodukten des Kohlenstoffes, den Kohlehydraten,
daneben aber auch durch den Eintritt von Stickstoffverbindungen und Kondensationen
zn einer außerordentlichen Vielgestaltigkeit von Körpern kommen, deren Bedeutung
für die Eiweißsynthese feststeht. Die ungeheuere Vielheit der Erscheinungen läßt
sich demnach wider Erwarten auf eine relative Einfachheit zurückführen nnd, wenn
auch im Eiweiß schließlich mehrere Kerne vorliegen, so dürfte doch keine Notwendigkeit
vorliegen, eine übermäßige Anzahl anzunehmen.
Schon einfache Polymerisationen, Synthesen nnd Kondensationen führen uns
zu sehr komplexen Molekeln, w'elche alle für das Eiweiß charakteristische Eigenschaften
tätsächlich enthalten, nämlich:
1. stickstoffhaltige Kerne,
2. eine Kohlenhydratgruppe,
3. außerordentlich labilen Aufbau des ganzen Molekels mit sehr leicht auslösbaren
Hemmungen.
4. aktive potentiell-kinetische Atomgruppen nnd zw'ar speziell Aldehyd-.
Amido- nnd Cyangruppen, welche spontan und katalysatoi'isch inaktiviert werden
können.
Wir dürfen deshalb wohl erwarten, daß gerade die chemosynthetischen Untei'-
suchiingen über Kohlensäureassimilation nnd damit in Verbindung stehend Versuche
über Stickstoftässimilation bei den Kleinlebewesen die Untersuchungen der Pflanzenphysiologen
über die Assimilationsvorgänge durch Chromophylle, aber auch die Tierphysiologie
nützlich ergänzen werden.
Soll ich noch einmal zusammenfassen, was wir als positive Fortschritte zu
verzeichnen haben, so steht w'ohl zunächst die Talsache fest, die E n g e l m a n n nachgewiesen
hat, daß 1. bei einigen Pflanzen in den sichtbaren Strahlen arbeitende
Chromophylle neben dem Chlorophyll vorhanden sind; 2 . die Ermittlung von E n g e l m
a n n , daß es Chromophyll gibt, welches auch außerhalb der sichtbaren Strahlen
arbeitet; 3. die von mir erhobene Erscheinung, daß es neben der Photosynthese auch
eine Chemosynthese zur Assimilation der Kohlensäure gibt; 4. daß die Synthese mit
der Analyse, die Assimilation mit der Dissimilation in engster Weise verbunden sind
und nur infolge der phylogenetischen Entwicklung teilweise getrennt wurden.
In diesem Sinne ist a) hervorzuheben die chemische Verwandtschaft von
Chlorophyll und Hämoglobin, und b) die von mir gebrachte Feststellung, daß die
Oxydationsgährungen und die Entwicklung der Oxydasen anknüpfen an die Ernährung
und Assimilation.
M. H.! Bei den vielen Lücken, die selbstverständlich jetzt noch zu verzeichnen
sind, kommt uns allen vielleicht einmal das zu Gute, was G a l i l e i die Liebenswürdigkeit
der Natur nannte. Mir selbst kommt hoffentlich bei dem heiklen Thema
zu Gute, daß Sie als Vertreter der Scientia amabilis persönlich so viel Liebenswürdigkeit
entfalten, nm dem Vertreter einer anderen Disziplin so lange Gehör
zu schenken.
Gerade aus diesem Zusammenarbeiten darf man erwarten, allmählich zn
weiteren Tatsachen und fruchtbaren heuristischen Hypothesen zu kommen, da wir
doch schließlich alle trotz aller Schwierigkeiten unentwegt an der einen großen Aufgabe
arbeiten, an dem Ausbau der Biologie, für deren Bedeutung und uns alle
fesselndes Interesse wir an G o e t h e s Wort festhalten, daß das Leben die schönste
Erfindung der Natur ist.
V®’L4v!::i|
L'il