blieb so während der ganzen Miozänzeit und tauchte erst in einem sjiaten Abschnitte
der Pliozänzeit wieder aus den Fluten empor.
Innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches sind uns im Tietlande aus
dieser frühesten Übergangszeit zwischen Tertiär- und Quartärsystem bislang keine
Funde von I’llanzen bekannt geworden. Aber in Holland ist neuerdings von E u g e n
D u b o i s eine Fundstätte aus diesem Zeitaltei- beschrieben worden. Sie liegt bei
Tegelen, unweit der Maas, ungefähr in dei’ Mitte der Provinz Limburg. In tonigen
Schichten, die sich im Liegenden von fluvioglazialen Kiesen und Sauden der ersten
Eiszeit beflndeii, sind neben den Resten von Trogontherium Cuvieri, Hippoiiotanuis
amphibius, Rhinozeros etrnscus usw. zahlreiche Pflanzenreste geiumlen worden, von
denen ich nur Abies pectiiiata, Juglans tejilirodes. Staphylaea pinnata, Trapa natans,
Cornus mas und Vitis vinifera erwähnen will').
Die älteste prädiluviale Fundstelle diesseits der holländischen Grenze dürfte
die bei Premeii ca. 99 m unter der Oberfläche. 91 in unter N. N. erbohrte sein.
Hier fand sich unter einer etwa 94 m mächtigen diluvialen Aufschüttung eine 4 dm
mächtige Torfschicht unmittelbar über dem Miozän. Sie bestand zum größten Teile
ans den Resten von Alnus glntinosa. Daneben zeigten sich die Reste einer Föhre,
einer Birke, eines Farns, einiger Cyperaceen und von Rubus cf idaeus-).
Reicher war die Ausbeute in dem Aufschluß der trühdiluvialen Schichten um
Inineburg Q. Es handelt sich dort um ein ehemaliges Hochmoor, dessen Schichten durch
gewaltigen Druck, dem es ausgesetzt gewesen sein muß, auf 1,10 m zusammengeiireßt
waren. Die Oberkante des Siihagnumtorfes war auffallend verwittert, darüber war
eine 90 cm starke Sandschicht mit Resten subglazialer und glazialer Pflanzen abgelagert
1111(1 wiederum mit 6—7 Metern fossilfreier diluvialer Sandschichten überdeckt.
Die Oberkante des Torfflözes lag 30 m über dem Meere (N.N.). Das Liegende besteht
aus Sauden, die für solche tertiären Alters gehalten werden.
Von den hier gefundenen Pflanzen nenne ich nur die massenhaft vorhandene
Picea oniorikoides, die ich nur für eine an mehr aljiine Verhältnisse angepaßte kleinere
Form der Picea omorika Pane, halte, ferner Pinus montana var. })iimilio und eine
Heidelbeere, von der mehrere Blätter so gut erhalten waren, daß ich ihren innern
anatomischen Bau zwecks näherer Bestimmung untersuchen konnte. Es zeigte sich,
daß sie mit keiner jetzt in Europa lebenden Vaccinium-Art übereinstimint, sondern
ostasiatischen und nordainerikanischen Formen nahe steht, aber auch mit keiner der
bis jetzt von dort bekannten identiflziert werden kann. Sie wurde als Vaccinium
priscLim bezeichnet.
1) Fu(i. Dubois, Over een e(iuivaleiit van het Cronier Forest-Bed in Nederland, \ ersl. v.
d. kf>l. Akad. v. A'et. te Amsterdam, Afd. Wis. en Natunrk. Verg. 24. Sept. 1904, p. 2 4 8—251.
2) H ä p k k , Über Tiefbolirungen, insbesondere über die Tiofbolirung auf dem Bremer
Sclilachtbofe. Abh. Naturw. Ver. Bremen 1898, Bd. XIV, p. 392 f. — W e b e k ,, Untersuchung der
Moor- und einiger anderer Schichtproben aus dem Bobrloclie des Bremer Schlaclithofes Ebenda, j). 475.
— .loKDAN, Die organischen Reste in den Bolir])roben von der Tiefbobrung auf dem Scblaclitliofe.
Ebenda 1903, Bd. XVII, p. 523.
3) Müller u. Weber, Über eine frülidiluviale und vorglaxiale Flora bei Füneburg« Abb..
d. Kgl. preuß. geol. Landesanstalt 1904, Neue Folge, Heft 40.
In der Oberkante des Torfflözes und der sandigen Schicht unmittelbar darüber
erschien Betula nana in ungeheurer Menge neben den genannten; unmittelbar
unter den fossilienfreien Diluvialsanden des Hangenden wurden auch reichlich die
Reste kriechender Weidenarteii, leider in schlechter Erhaltung, gefunden, wahrscheinlich
von Salix herbácea und vielleicht auch von S. lapponum oder S. helvética herrührend.
Die letzte als prädilnvial und frühglazial angesehene, besser wohl als hochglazial
zu bezeichnende Ablagerung, die ich erwähnen möchte, liegt schon jenseits der Grenze
des Tieflandes, aber doch dieser sehr nahe, bei Bad Oeynhausen. Unter 8,5 m
moränischen Materials lag dort über pliozänen Elußschottern eine dünne Moostorfschicht,
ungefähr 67,5 m über dem Meere. Sie bestand überwiegend ans Hypnum
tnrgescens. Daneben war ziemlich reichlich Hypnum revolvens und mehr untergeordnet
Hypnum stellatum var. sqnarrosum vorhanden, letzteres eine von Jensen in
Grönland lebend beobachtete Foi'in. Außer spärlichen Resten einer oder zweier Carex-
Arten waren keine Spuren höherer Pflanzen aufznflnden').
Ist nun das Zeitalter der vier genannten Örtlichkeiten richtig bestimmt, und
habe ich sie in der der Wirklichkeit entspi’echenden Reihenfolge genannt, so gewähren
sie uns in großen Zügen ein deutliches Bild der Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt
unseres Gebietes zu Beginn der Quartärzeit. Diese Entwicklung kann im allgemeinen
als eine rückschreitende bezeichnet werden. Wir haben zuerst eine reiche,
bunte Flora vor uns, die dem kühlem Teile des heutigen Mittelmeergebietes entspricht.
Sie weicht allmählich einer düstern arktisch-alpinen und diese geht endlich in eine
armselige baum- und stranchlose glaziale Moostiindra über.
2. Diluviales Zeitaltei*.
Damit leiten die paläophytologischen Befunde schrittweise zu jenem Ereignis
hinüber, das sich nunmehr vollendete, nämlich der Bedeckung Norddeutschlands mit
dem nordischen Landeise, das unser ganzes Gebiet lange Zeiträume hindurch zu einer
pflanzenleeren Einöde machte.
Die Mehrzahl der norddeutschen Geologen ist gegenwärtig der Ansicht, daß
Norddeutschland wiederholt vom Landeise bedeckt gewesen ist, und daß zwischen
diesen Eiszeiten wärmere Interglazialzeiten lagen. Wieviel solcher Interglazialzeiten
in dem in Rede stehenden Gebiete stattgefunden haben, ob nur eine oder, wie man
gewöhnlich annimmt, zwei, will ich hier nicht näher erörtern. Jedenfalls zwingen,
wie mir sclieint, die paläoiihytologischen Befunde zu der Annahme, mindestens einer
Interglazialzeit mit einer Vegetation mildern Klimas. Auf den Widerspruch, der
von einigen Geologen dagegen erhoben wird, möchte ich nachher einige Worte verwenden,
nachdem ich Ihnen eine solcher interglazialen Fundstätten in Kürze vorgeführt
habe. Ich wähle dazu die von Honerdingen bei Walsrode auf der westlichen
Abdachung der Lüneburger Heide.
1 ) M ü l l e r u. W e b e r , Über ältere Flußscliotter bei Bad Oeynhausen und Alfeld und eine
über ihnen abgelagerte Vegetationsschicht. Jahrb. d. Kgl. preuß. Geol. Landesanstalt für 1902,
Bd. XXIII, Heft 3, 1903.