reaktionen, welche eine Wiederherstellung des Weggenoinmenen von der Wundfläche
aus bewirken. Da mm solche Reaktionen bei verletzten Stämmen und Wurzeln sich
besonders im oder am Vegetationspunkte abspielen, so führen sie oft zur Ergänzung
desselben oder der benachbarten Gewebe.
Dieser von W a k k e r und B e y e r in c k so begi-enzte Begriff scheint auch von
P f e f f e r ') und seinen Scliülern angenommen worden zu sein.
W a k k e r ") bezeichnet als Re p rodu k t i o n * ) die normalen (ohne Verletzung
auftretenden) Einrichtungen zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung, als Reg en e r a t ion
nur die bei Verletzung eintretenden Erscheinungen.
B e y e r i n c k ") versteht unter Reg en e r a t i o n nnr solche Neubildungen, bei
welchen nach einer Verwundung der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wii-d.
während er Organb i l d i i ngen solche Zustände nennt, wo aus einer Wunde ganz
andere Organe hervorgehen.
G o e b e l 0 versteht unter Reg ene r a t i on im allgem e i n e n S inne „die an
abgetrennten Ptlanzenteilen oder verletzten Pflanzen aiiftretende Neubildung von Organen
(oder Geweben)“, nnd „wenn Neubildungen an dazu nicht besondei's disponierten
Stellen durch Verletzungen hervorgerufen werden“, faßt er diese als Re g e n e r a t io n
im engere n Sinne auf.
M o r g a n ") gebraucht die Rezeichnung Re g e n e r a t io n auch generell fü r alle
Ersatzreaktionen bei Pflanzen; da er aber besonders die morphologischen Erscheinungen
berücksichtigt, bleiben die Gewebereaktionen nnd die Vorgänge bei der Wund-
heilnng außer acht.
Dieser allgemeinen Auffassung der Regeneration schließt sich auch W i n k l e r «)
an, obwohl er mit Recht hervorhebt, daß die Bildung von Blattsprossen an Tor e n i a -
Blättern nicht zu den Regenerationserscheinimgen gehört, nnd daß von regenerativer
Sproßentwicklnng nur dann die Rede sein kann, wenn infolge der Isolierung Zellen,
die im normalen Verlaufe der Entwicklung niemals zu Sproßanlagen geworden wären,
sich zu solchen umgestalten.
*) Diese Bezeichnung ( r ip r o d u z io n e ) wurde schon von S p a l l a n z a n i gebraucht. Seit der
Zeit liaben sich die Arbeiten über die Regeneration von Organen nnd Geweben im Tierreich in zwei
Jahrhunderten derart vermehrt, daß sie eine sehr bedeutende nnd ausgedehnte Literatur umfassen.
Die von den Biologen verfolgten Regenerationserscheinungen am Ei und Embryo haben zur
Ansbildnng einer „experimentellen Embryologie“ geführt.
1) P f e f f e r , Pflanzenphysiologie. Bd. II, p. 204.
2) W a k k e r , Ondezoekingen over adventieve Knoppen. Akademisch Proefschrift, Amsterdam
1885.
3) B e y e r in c k , Over regeneratie Verschijnseten van gespleten vegetatienpunten van stengels
en over bekerworming. Ned. Kruidk. 1886, Arch., Serie II, Deel IV, Stuck. I, p. 63—106.
4) Go e b e l , Organographie. Jena 1898, p. 36. — D e r s e lb e , Über Regeneration im Pflanzenreich.
Biol. Centralbl. 1902, Bd. XXII, p. 386.
5) M o r g a n , Regeneration. New York 1901.
6) W in k l e r , Über die Regeneration der Blattspreite bei einigen Cyclamen-Arten. Ber.
d. Deutschen bot. Gesellsch. 1902, Bd. XX, p. 81. — D e r s e lb e , Über regenerative Sproßbildung
auf den Blättern von T o r e n ia a s ia t ic a . Ibidem 1903, Bd. XXI, p. 104.
K ü s t e r ') vertritt in seiner „Pathologischen Pflanzenanatomie“ durchweg dieselbe
generelle Auffassung, indem er den direkten Ersatz als Re s t i t u t ion bezeichnte.
P e t e r s ") dagegen unterscheidet bei der Regeneration der H e lia n th u s -S te n g e l
den Ersatz von Geweben (eigentliclie Wundheilung) und den Ersatz von Organen.
S im o n ") bezeiclmet als echt e Reg en e r a t i o n (direkte und partielle) die der
Wnrzelspitze, den Ersatz der dekapitierten Hauptwurzel durch Neben wurzeln dagegen
in Anlehnung an P f e f f e r als Re p rodukt i o n, ein Wort, das vielleicht mit Fort-
])tlanzung verwecliselt werden kann.
Eine scharfe Abgrenzung des Begriffes wurde auch vonCouLTER und C h r y s l e r ')
neuerdings eingeführt. Bei der erweiterten Anwendung des Wortes, das ursprünglich
melir auf die Wiederlierstellung verlorener Teile als auf die Erzeugung vollständig
neuer Organe angewendet wurde, unterscheiden sie zwei verscliiedene Regenerationsarten
bei Pflanzen und Tieren. Die erstere ist nichts anderes als adventive Sproßbildung,
die zweite eine Wiederherstellung verlorener Teile, so daß das neugebildete Organstück
ein integrierender Bestandteil des alten ist.
In diesem engeren Sinne behandelt N em e c ") die Regeneration in einer
neuerdings erschienenen vorläuflgen Mitteilung. Bei den von N em e c verfolgten
Regenerationsvorgängen kommt sogar nur die Ergänzung der meristematisehen, in verschiedener
Weise angeschnittenen Wnrzelspitze in Betracht. Eine engere Begrenzung
des Begriffes ist demnacli nicht denkbar.
Ich werde später darauf hinweisen, wie zweckmäßig es ist, die zwei verscliie-
denen Arten der Regeneration scharf auseinander zu halten *).
Dekapi t at ion.
Dekapitierte Wurzeln regenerieren ihre Spitze vollständig, wenn diese bis zu
einer Länge von 1 mm entfernt wird.
Dieses von C i e s i e l s k i «) zuerst beobachtete Verhalten wurde später von
*) Wie wichtig es ist, bei Behandlung eines Gegenstandes den passenden Ausdruck richtig
zu wählen, geht aus folgender Stelle einer Arbeit H u g o V. M o h l ’s ‘) hervor: „Hätte ich einem Mediziner
gesagt, ich schreibe einen Aufsatz über Narbenbildung, so hätte er mich verstanden, ein Botaniker
hätte dagegen geglaubt, ich schriebe über die Bildung des Stigma. Unter diesen ümstän%n
wähle ich den Ausdruck V e r n a r b u n g und hoffe, es soll derselbe zn keinen Mißverständnissen Yer-
anlassiing geben.“
1) M o h l , Über den Vernarbungsprozeß bei der Pflanze. Bot. Zeitung 1849, p. 641.
1) K ü s t e r , Pathologische Pflanzenanatomie. Jena 1903, p. 3.
2) P e t e r s , Beiträge zur Kenntnis der YVundheilung bei H e l ia n t h u s a n n u u s L. und
P o ly g o n u m c u s p id a tu m Sieb. u. Zucc. Diss., Göttingen 1897, p. 109.
3) Sim o n , Untersuchungen über die Regeneration der Wurzelspitze. P r in g s h e im ’s Jahrb.
f. wdss. Botanik 1904, Bd. XL, p. 103—143.
4) Co u l t e r and Ch r y s l e r , Regeneration in Zamia. Bot. Gazette 1904, Vol. XXXIX, p. 453.
5) N em e c , Cher Regenerationserscheinungen an angeschnittenen Wurzelspitzen. Ber. der
Deutschen bot. Gesellsch. 1905, Bd. XXIII, p. 133.
6) Cie s ie l s k i , Untersuchungen üher die Abwärtskrümmungen der Wurzel. Co h n ’s Beiträge
z. Biol. d. Pflanze 1872, Bd. I, p. 21.
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