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Das Austreiben der blattbiirtigen Knospen an Bryoph y ll u r a c r e na t um
wird nacli W a k k e r ') nnd nach Go e b e l ") auch durch jede Unterbrechung oder
größere Störung der Leitungsbahnen bedingt, weil der zuerst nach den normalen
Affigetationspunkten fließende Strom jetzt von den, wenn auch nur mit schwacher
Anziehung begabten blattbiirtigen Knospen benutzt wird.
Go e b e l meint ferner, daß die A’egetationspimkte als Anziehnngszentren für
die Stoftbewegung dienen, allerdings nnr auf eine begrenzte Entfernimg. Darum soll
auch die Polarität an älteren Sproßstücken weniger ausgeprägt und im Blatt, soweit
dieses keine A’egetationspunkte besitzt, gar nicht vorhanden sein. Übrigens will
AAL Ma g n u s ") in mit Gallen besetzten Blättern eine Polarität beobachtet haben.
In bezug auf die Bedeutung der Leitnngsbahnen bei den Ersatzbildungen
besteht ferner eine Korrelation zwischen der Ausbildung des Leitungssystems und der
Tätigkeit der vegetativen Organe. So führt nach P r u n e t ') die Beseitigung der jungen
Blätter bei verschiedenen Pflanzen zn einer bedeutenden Reduktion der Gewebe der
Staniniknoten. Eine derartige Korrelation tritt, wenn auch in geringerem Grad auf,
wenn die Blätter von Gelbsucht befallen werden.
Sch izost e l i e infolge t r a uma t i s c h e r Einwi rk u n g e n .
Bekanntlich versteht man nach v a n T i e g h e m ") unter „Mer i s tele“ einen Teil
der Stammstele, welcher von letzterer abgetrennt, mit einem Mantel von Grundgewebe
( „ P e r i d esma“) umhüllt wird nnd einen eigenen Verlauf in der Rinde zeigt.
Eine derartige, mindestens aus einem Leitbündel und einer Säule von Grundgewebe
bestehende Meristele ist v o l l s t ändi g nnd immer r i n d e n s t ä n d i g . Sie kann aber
auch von vornherein unvollständig sein oder dnrch Reduktion unvollständig werden.
Ferner sind die Aleristelen „Blattspnren“ entsprechende oder „stammeigene“ (im Sinne
Nä g e l i ’s) — foliare oder caulinare Meristelen — je nachdem sie bald nach ihrer
Entstehimg in die Plätter übergehen oder, ohne das zu tun, mehrere Internodien
aufwärts neben der Stammstele verlaufen.
Je nach den Pflanzen sind die Meristelen entweder ganz frei oder zu einer
Röhre vereint. Im ersten Falle liegt die sogenannte D i a l y m e r i s t e l i e , im zweiten
die Gamome r i s t e l i e vor. Sind die Meristelen schon von dem Kotyledonarknoten
aus getrennt und bilden sie allein das Leitsystem des Stammes, welches durch die
Auflösung der sonst vorhandenen Monostele in Meristelen erschöpft wird, so liegt die
sog. Sch izost e l i e vor.
] ) A V a k k e r , Onderzoekingen over adventieve Knoppen, 1. c. p. 10.
2) G o e b e l , R e g e n e r a tio n im R f la n z e n r e ic li, 1. c. p . 4 3 6 .
3) M a g n u s , Exiicriinentell-morphologische Untersuchungen. Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch.
1903, Bd. XXT, p. 132.
4) Br u n e t , Becherclies sur les noeuds et entre-noeuds de la tige des Dicotylédones. Ann.
d. Sc. nat. 1890.
5) VAN T i e g h em et D o u l i o t , Sur la polistèlie. Ann. d. Sc. nat. VII. Série, T. III p. 348.
VAN T i e g h em , Sur les diverses sortes de méristèles corticales de la tige. Ibidem 1905 IX. Série
T . 1, p. 33.
Ich habe diese kurze Schilderung über das A'erhalten der Stelen im Stamme
vorausgeschickt, um hier das der Wurzel zu erläutern und zugleich zu zeigen, wie
traumatische Einwirkungen ein solches Aterhalten beeinflussen. In früheren Arbeiten
habe ich Fälle bei den Wurzeln von Vicia Faba illustriert, in welchen das Auflösen
der Monostele in einzelne Meristelen (Schizostelen) sowohl normal wie infolge äußerer
Eingrilfe vor sich ging'). Vergleicht man diese und andere von mir später beobachtete
Fälle mit den normalen, von van T i e g h em beschriebenen, so leuchtet ein, daß die
Schizostelie der Wurzel kein so natürlicher Vorgang wie die des Stammes ist. In
diesem treten die Bündel von der gemeinsamen Stele in die Blätter aus und streben
deshalb nach einer peripheren Lage. In der Wurzel dagegen bleiben sie auch
aus biologisch-mechanischen Gründen zu einem Zentralzylinder vereint und von der
Schutzscheide zu einem einheitlichen festen Komplex zusammengeschlossen. Nur die
äußeren Schichten des Zentralzylinders treten in Tätigkeit, wenn neue Leitbahnen sich
von der Gamostele abtrennen müssen.
Im Stamme teilt sich gewöhnlich jede Meristele auf der Höhe eines Knotens
derart, daß ein Teil in das Blatt übergeht, während der andere in den Stamm weiter
fortläuft. Bei der Wurzel treten dagegen die Meristelen vollständig in die Teilwurzel
ein, ohne irgend einen Teil der alten Stele zu hinterlassen.
Die Bildung der Stammmeristelen ist eine leichtere als die der Wurzelmeristelen,
weil die Trennung der kollateralen Bündel längs der Markstrahlen besser eingeleitet
nnd vollzogen wird, als die der radiären Bündel, welche ein viel einheitlicheres Ganzes
darstellen. Findet hier in dem einfachsten Falle die Abtrennung einer Xylemplatte
statt, so müssen sich mit ihr die benachbarten Phloeminseln abtrennen, da eine
Zerklüftung derselben in radialer Richtung nicht eintritt. Auf diese Weise ist die
i'egelmäßige Abwechslung von Phloem- und Xylemgruppen in dem Rest des ursprünglichen
Radiärbündels gestört, und es treten Unregelmäßigkeiten in der weiteren
Entwickhmg ein. Aus diesem Grunde tritt die Schizostelie in der Wurzel entweder
selten oder nnr infolge äußerer Eingriffe auf.
Die von mir in den Regenerationsvorgängen beobachteten Wurzelmeristelen
greifen tief in die gemeinsame Stele hinein und sondern sich successiv in eine bis
mehrere Peridesmasänlen, so daß die Rinde zwischen den so getrennten Meristelen
bis zum früheren Zentrum reicht. Genauer genommen liegt nur eine Säule Gnind-
gewebe vor, in der die einzelnen Meristelen getrennt und fast parallel zu einander
verlaufen. (Tafel I, Fig. 1—3.)
Die Bildung einer Meristele wird derart eingeleitet, daß. sich neue Primanen
an die Basis der keilförmigen Xylemplatten anlehnen und diesen dadurch eine breite
spindelförmige Gestalt verleihen (Taf. I, Fig. 1 rechts). Das Phloem geht zugleich
von der peripheren Stellung in die radiale über, indem es sich in Form zweier
schmaler Streifen an beide Seiten der radial gestreckten Xylemplatten stellt und dadurch
die Bildung periphloematischer Leitbündel veranlaßt.
1 ) L o p r i o r e , Regeneration gespaltener Wurzeln, 1. c. p. 5 5—63, Tafeln 6—8.
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