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7. Uber die Bedeutung der Karstflora
in der Entwicklung der Flora der Ostalpen.
Von Dr. (xünther Ritter Beck v. Mannagetta (Prag).
Ein Blick auf eine Karte der Vergletschei'ung der Alpen in den Eiszeiten
läßt sofort die sehr bemerkenswerte Tatsache entnehmen, daß die Vergletscherung
dieses gewaltigen Gebirgznges, gerade so wie in der Gegenwart von Westen nach
Osten abnahm nnd daß dieselbe auch am Südhange der Aljien bedenteiid geringer
war als in den Zentral- und Westaliien. Im Vergleiche mit den gegenwärtig in den
Alpen herrschenden Verhältnissen erscheint daher die eiszeitliche Vergietsclierung
des östlichen Alpenznges nnr als eine Steigerung desselben Phänomens in der
Gegenwart.
Ich will diese durch berühmt gewordene, bekannte Eorscher gewonnene Tatsache
nicht näher aiisführen; es genügt in das Gedächtnis zurückznriifen, daß damals
die Zungen der ostalpinen Gletscher im Gebirge endigten und daß statt größerer,
zusammenhängender Eismassen in den östlichen Alpenländern nnr gesonderte, relativ
kleine Talgletscher vorhanden waren, ivelche das Vorland nicht mehr erreichten.
Damit war zur Dilnvialzeit die Vorbedingung des Gedeihens einer Vegetation
am Ostrande der Ostalpen gegeben, die ganz anders beschaffen sein konnte, als jene
des westlichen Alpenzuges im gleichen Zeitalter. Nehmen wir wohl unangefochten
eine unverändert gleiche Anpassung unserer schon damals die Hauptmasse der Vegetation
bildenden Gewächse an die damaligen klimatischen Verhältnisse an, so war selbst zur
Zeit der stärksten Vergletscherung der Alpen von der Schneegrenze, die sich in den
Ostalpen, wie z. B. in Niederösterreich, stellenweise bis zn 1400 m Seehöhe hob. bis
zu 330 m herab eine periodisch schneefreie Region vorhanden, in der sich eine
gehölzlose Hochgebirgsilora ausbreiten konnte, während von 330 m talwärts, in günstiger
Lage schon von 530 m angefangen, Bäume gedeihen konnten, also eine Waldvegetation
unter einem Klima ermöglicht war, das jenem in der Gegenwart zwischen dem 60. und
66. Grade nördlicher Breite in Europa herrschenden glieli.
Wenn man aber die Ausdehnung der alpinen Hochgebirgsregion der Elora
zur Zeit der stärksten Vergietsclierung der Alpen nach den derzeit noch in tieferen
Regionen vorhandenen, nicht auf Herabschwemmung zurückzuführenden Relikten von
Hochgebirgspflanzen in den Ostalpen bestimmen will, so gestaltet sich die Frage nach
der Existenz einer Waldvegetation noch viel günstiger, indem dann schon bei 600 in
Seehöhe ein Baumwuchs ermöglicht war.
Es steht demnach unzweifelhaft fest, daß in Nieder Österreich sowie in Steiermark,
und zwar im östlichen Teile der Alpen und in dem daselbst befindlichen Vorlande
eine frostharte Wald Vegetation selbst zur Zeit der größten Vergletscherung der
Alpen bestehen konnte, nnd nichts hindert anzunehmen, daß sich dieser im Vorlande
der Alpen gegen Ungarn und in südöstlicher Richtung gegen die Balkanhalbinsel eine
Vegetation anschloß, die an den Gestaden des ungarischen Binnenmeeres auch
empfindlichere Gewächse enthalten konnte.
Diese Tatsache, daß sich in den östlichen Alpen eine von den Eiszeiten
relativ wenig berührte Vegetation erhalten konnte, welche jedoch keinen subtropischen
Charakter besaß, bietet uns einesteils die Möglichkeit, zahlreiche pflanzengeographische
Tatsachen in den Ostalpen zu verstehen, andernteils auch die Bedeutung der Karst-
fiora für die Entwicklung der Flora in den österreichischen Donauländern zu erkennen.
In meinem Werke über „Die VegetationsVerhältnisse der Illyrischen Länder“
habe ich dargelegt, daß die Flora der Karstländer, welche einen Teil der west-
{lontischen Flora darstellt, derzeit nicht eine an den Abfall der Illyrischen Gebirge
gegen die Adria gebundene Vegetationsregion darstelle, sondern daß diese Flora auch
bis in das Tiefland der Save und bis zum Vrbasfiusse in Bosnien zonenartig verbreitet
ist. Für diese Flora sind vor allem zwei Pflanzenformationen besonders eigentümlich,
der buschreiche Karstwald und die Karstheide, die stets im Bereiche dieser Flora
mit ihren charakteristischen Bestandteilen und gleichen physiognomischen Eigentümlichkeiten
wiederkehren. Daraus entsiiringt die Annahme, daß die Karstflora als eine
scharf gesonderte Zone der westpontischen Flora zu betrachten sei, deren Verbreitung
im allgemeinen aus den Ländern der Balkanhalbinsel im Anschlüsse an das mediterrane
Florengebiet bis zum Südostrande der Alpen zu verfolgen ist.
Unschwer ist nun die Beobachtung zu machen, daß die massige Entfaltung
der Formationen der Karstrtora derzeit bis zu einer nordwestlichen Grenze stattfindet,
die in Österreich bis an den Trnovanerwald bei Görz reicht, den größten Teil von
Krain sowohl bis an die Gehänge des Triglav als auch an die Karawanken und Sann-
taler Alpen umgreift nnd in Steiermark den Südfuß des Bacher-Gebirges und das
Dranntal bis Pöltschach erreicht. Die Formationen der Karstflora überschreiten
aber in dem Hügellande gegen die ungarische Ebene weder die Kulpa noch den
Vrbasfiuß.
Über diese Grenzen hinaus sind die Karstgew'ächse wohl noch weiter verbreitet,
aber sie schließen nicht mehr zu Formationen zusammen, sondern zerstückeln ihre
Verbreitung. Sehr schön sieht man dies am Südabfalle der Alpen von Frianl bis zu den
oberitalienischen Seen und bis in die südliche Schweiz. Hier finden sich Karstgewächse
durchaus in einer Hölienregion, welche über der in den Flußtälern eingreifenden
Mittelmeerflora entwickelt ist.
Hier bemerken wir aber noch eine andere auffällige Tatsache. Zahlreiche
Karstgehölze wie; Os t rya car pi ni fo li a, Fr a x in u s or nus , Cotinus coggygr ia,
P r u n u s mahaleb, Que r c u s i a nu g inos a u. a. haben die Llochgebirgskette der
südlichen Kalkalpen überschritten.
Ich will die Aufmerksamkeit nur auf eine Pflanze richten, nämlich auf die
Hopfenbnche, O s t r y a car pi ni fol i a, weil sie ein Gehölz des Karstwaldes darsteilt,
welches die höheren Voralpen nicht zu übersclireiten vermag. Die Hopfenbuche ist