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nahe zur Spitze der unter Di'uck gehaltenen Hauptwurzel voi’. Anzahl nnd Gewicht
der Nebenwni-zeln sind aber viel geringer als bei normalen Pflanzen. Dabei können
sich die Nebenwurzeln von Vicia Fab a auch am epi- nnd hypokotylen Glied üppig
entwickeln, schneller als die noi’inalen wachsen und eine beträchtlichere Länge und Dicke
erreichen. In Zusammenhang damit steht die von Kö h l e r beobachtete A'erbänderung.
Beim Aufhören des Druckes holen die Hauptwiirzeln das Versäumte bald nach und
erreichen eine Länge, die um 'Ä die normale überschreitet. Dementsprechend wird
die Nebenwurzelbildung wieder nach der Basis zu verlegt.
Der Stengel von Vicia Faba , deren Hauptwurzel unter Druck sich befindet,
entwickelt sich zunächst ebensogut oder gar noch besser als bei normalen Pflanzen.
Bald macht sich aber auch ein ungünstiger Einfluß auf das Stengelwachstiim bemerkbar.
Dmse von K ö h l e r gemachte Beobachtung kann ich anf Grund einiger Versuche von
mir an Vicia-Keimlingen bestätigen, an welchen die Hauptwurzel dekapitiert wurde.
Hiernach würde durch Druck sowohl wie durch Dekapitation die gleiche korrelative
Wachstiimshemmnng veranlaßt werden.
Wie zwischen AVnrzel- nnd Spi’oßsystem weitgehende Korrelationen aiifti-eten,
kommen dieselben wohl elienso deutlich auch zwischen einzelnen Gliedei'u des Sproßsystems,
so zwischen dem vegetativen und Fortpflanzungsorganen zum Ausdruck.
G o e b e l ') weist auf die bekannte Erfahrung hin, daß eine Hemmung der vegetativen
Wachstums die Blütenbildung vielfach begünstigt. Ma t t ir o l o ") hat dnrch Kastration
der Blüten von \ icia Fa b a nicht nur eine Überproduktion derselben erreicht und
die Blütendaiier bedeutend verlängert, sondeim auch die sog. „Caulifloida“ hervorgerufen,
d. h. die Bildung von Blüten an Stellen, wo diese normal sonst nicht auftreten.
Eigentümliche Korrelationen herrschen zwischen Blüten und Blättern bei
Cyclamen. So sterben nach Wi n k l e r ") mit den Stielen der entspreiteten Cyclamen
auch die in ihrer Achsel beflndlichen Blüten ab, und umgekehrt lassen sich derartige
Stiele zu keinerlei Regeneration veranlassen, sondern sterben sehr rasch ab, wenn die
Blüten abgeschnitten werden.
Eine Korrelation besteht ferner zwischen der Entwicklung der Blüte und
derjenigen des Stieles. Die jungen Stiele von Cobaea s candens hören nach Sc h o l z ')
zu wachsen auf, wenn die Knospe weggeschnitten wird. Wenn man zur Zeit der
Anthese die Blüte vom Stiele löst, so wird auch dann das Wachstum des letzteren
stark vermindert; Krümmungen aber treten, solange noch Wachstum erfolgt, ebenfalls
ein, und zwar in demselben Sinne, wie an nicht dekapitierten Blütenstielen.
Diiich Abschneiden der Blütenstände von Li lii im candidum und ihr Einsetzen
ms Wasser kann nach K ö r n ic k e die Bildung von keimfähigen Samen erzwungen
werden, während sonst ein normaler Samenansatz überhaiiyit nicht erfolgt. Durch
1) G o e b e l , Regeneration im Pflanzenreich, 1. c. p. 502.
2 ) M a t t i e o l o , Sulla influenza che l ’estirpazione dei fiori esercita sui tubercoli radicali delle
legummose. Malpighia, Y"ol. XIII, p. 382.
3) W i n k l e r , Über die Regeneration von Blattspreiten bei einigen C y c lam e n -A r te n , 1. c. p. 84.
c , . . , . S c h o lz , Die Orientierungsbewegimgen des Blütenstieles von Coba e a s c a n d e n s u n d 'd ii
luteneinrichtimgen dieser Art. C o h n ’s Beiträge zur Biologie der Pflanzen 1887, Bd. IV, p. 315.
dies Verfahren hat Li n d e m u t h nicht nur an Li l ium cand i dum, sondern auch an
L a c h e n a l i a l u t e o l a die Bildung von keimfähigen Samen beobachtet. Der Erfolg
wird dadurch erklärt, daß die im Stengel enthaltenen Baustoffe mit dem Beginne der
Ruheyieriode der Pflanze, dem sogenannten ,.Einzielien“, nicht zur Bildnng der Samen
verwendet werden, sondern abwärts wandern, um die Zwiebel zu kräftigen und als
Reservestoffe niedergelegt zu werden. Wird den Bildungsstoffen der Weg nach den
Zwiebeln abgeschnitten, indem man die Blütenschäfte an ihrer Basis abschneidet, so
flndet der Überschuß zur Entwicklung von Bulbillen am Blütenschafte Verwendung.
Wird andererseits die Wanderung der Nährstoffe zn den Blüten dnrch Abschneiden
derselben gehemmt, so treten am Blütenschaft und oft in unmittelbarer Nähe der
Blütenstielchen Bulbillen auf.
Hyac i n t hns or i e n t a l i s bildet an abgeschnittenen Blütenschäften an der
Spitze Knospen, weil hier normaler Samenansatz und demgemäß Wanderung von
Baustoffen nach oben stattflndet. Derartige Korrelationen rechtfertigen nicht immer
manches in der Praxis übliche Verfahren, wie das z. B. in den Niederlanden bekannte, die
Blütenschäfte von Hyazinthen abzuschneiden, um die Zwiebel zu kräftigen. Nach
L in d em u t h soll dagegen das Abschneiden der sterilen Schäfte die Zwiebel schwächen,
das Abstreifen der Blüten sie stärken.
Aus diesen A'ersnchen zieht Go e b e l ") den weiteren Schluß, daß für die
Sprosse ebenso wie für die Wurzeln nicht das unbegrenzte Wachstum, sondern die
Richtung, in welcher die Baustoffe wandern, für die „Anordnung“ der Neubildungen
(neben dem Wundreiz) von Bedeutung ist. Er verwirft also Vö c h t in g ’s Deutung
über „Polarität“ und meint, daß letztere nur auf die oben erwähnte Stoffrichtuiig
zurückzuführen ist. Diese Ansicht wird von ihm nicht nur auf die Tatsache gestützt,
daß die Polarität bei vielen Lebermoosen nicht ausgesprochen ist und bei Marchantia
fehlt, sondern auch darauf, daß die Unterbrechung der Leituiigsbahiien (speziell der
Siebröhren) sowohl das Austreiben als die Verteilung der Wurzeln und Sprosse bedingt.
Wenn man an einem Steckling (z. B. an Weidenstecklingen) ein ringförmiges Stück
der Rinde entfernt, so tritt oberhalb der Ringwunde Auswachsen von Wurzeln,
unterhalb derselben dasjenige von Sproßknospen ein. Sind aber markstänclige Siebröhren
vorhanden (wie bei den Solaneen), so tritt durch die Unterbrechung der Rinde
eine Polarität in der Wurzelbildung nicht hervor.
Demnach ist auch die basale Anordnung der Neubildungen an Organen
begrenzten Wachstums keineswegs eine allgemeine. Die aus einer einzigen Zellschicht
bestehenden Blätter der Lebermoose zeigen keinen bedeutenden Strom von Baustoffen
und daher auch keine basale Anordnung ihrer Neubildungen").
1) L in d e m u t h , Über Samenbildimgen an abgeschnittenen Blütenständen einiger sonst steriler
Pflanzenarten. Ber. d. Deutschen bot. Gesellsch. 1 8 9 6 , Bd. XIV, p. 2 4 4 . — De r s e l b e , Über Bildung
von Bulbillen am Blütenschafte von L a c h e n a l i a l u t e o l a nnd l l y a c i n t h u s o r i e n t a l i s .
Ibidem, p. 2 4 7 .
2) G o e b e l , Regeneration im Pflanzenreich, a. a. 0 . p. 4 9 7 .
3) S c h o s t a k o w it s c h , Über die Reproduktions-- und Regenerationserscheinungen bei den
Lebermoosen. Flora 1 8 9 4 , Bd. LXXIX, p. 3 5 0— 3 8 4 .