2. I n t r amo r ä n e , f o s s i l f ü h rende Ab l a g e r u n g e n im ze nt r a l s t e n Tei l
des schwedi schen Vereisu ngs gebi e t e s . Zu beiden Seiten der Eisscheide, die, wie
schon lange festgestellt ist, in Nordskandinavien ungefähr mitten zwischen der Ostsee
und der Wasserscheide der schwedischen Hochgebirge lag (vgl. Fig. 3 und 4), hat man
intramoräne Ablagerungen gefunden.
Bei der Stadt Ö s t e r s u n d auf der Insel Frösön im See Storsjön, ca. 30—40
km westlich von der Eisscheide, hat A. G. H ö g b o m ') unter einer bis 7 m mächtigen
überlagernden Moräne gebänderte Sand- und Tonbänke von bedeutender Mächtigkeit
gefunden. Der Ton enthält Kriechspuren von Mückenlarven (Chironomus) und sehr
feine Pñaiizendetritus von Moosblättern, offenbar sehr weit vom Ufer abgesetzt in
dem großen Eisstausee % der hier den Landeisrest bildete und in dem die Ton- und
Sandlager sich abgesetzt haben.
Die Moosrtora ist klimatisch ziemlich indifferent; folgende Arten wurden gefunden:
Amb l y s t e g i um e xa n n n l a t i im, Di c r a n nm s c o p a r i um? ,
Hylocomi i im pa r i e tin uní?,
Ma r s i l i a sp.
„ f l u i t an s ,
giganteum,
Andrma p e t roph i l a .
Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Lagernngsverhäitnisse ungestört, um
so mehr, als man dieselben an mehreren Punkten in der Gegend gefunden hat.
H ö g b o m hat früher die Meinung ausgesprochen, daß dieselben zu ihrer Erklärung
die Annahme einer vollständigen Abschmelzung des skandinavischen Landeises und
eine neue Vergletscherung fordern; ei'O hat aber später die von mii“*) gegebene
Erklärung wahrscheinlicher als seine erste gefunden. Nach derselben s t ammt die
decke n d e Mor ä n e aus e i nem am En d e der Ei s z e i t e r f o l g t e n Vo r st o ß des
noch n icht vo l l s t änd ig ab ge s chmo l zen en , an der Ei s s ch e i de g e l egen e n
Rü c k s t a n d e s des Landeis es . Dieser Vorstoß ist also meiner Meinung nach nicht
mit den großen Eiszeiten zu vergleichen, sondern mit irgendwelchen kleineren
Vorstößen der Art, die in den Alpen sehr genau studiert und in Schottland von G e ik i e
als l ower und upp e r tu rb a r í an bezeichnet wurde. Über Beobachtungen, die für
einen solchen Vorstoß sprechen, berichtet auch R a m s a y °) aus dem Hochgebirge der
Halbinsel Kola.
Bei der Stadt He r n ö s a n d an der Mündung der Ängermanälf, ca. 150 km
östlich von der Eisscheide, hat H. M u n t h e ein snbmoränes pfianzenführendes Süßwasserlager
entdeckt, dessen Lagerungsverhältnisse jedoch nicht ganz einwandfrei dar-
1) Om interglaciala aflagringar i Jämtland. Geol. Foren. Förh., Bd. 15 (1893), p. 28 u. f.
2) Vgl. G u n n a r A n d e r s s o n , Den centraljämtska Issjön. Ymer 1897, p. 41. Über die
intramoränen Ablagerungen siehe p. 62—63.
3) Geolog. Foren. Förh., Bd. 19 (1897), p. 817 u. 323.
4) Ymer 1. c. p. 63.
5) Das Neplielinsyenitgebiet auf der Halbinsel Kola. Fennia, Bd. 11 (18 9 3 ), No. 2,
p. 38—44 und Über die geologische Entwicklung der Halbinsel Kola in der Quartärzeit. Fennia,
Bd. 16 (1898), p. 121.
6) Om den submoräna Hernögyttjan och dess älder. Geol. Für. Förh., Bd. 26 (1904), p. 317,
gelegt werden konnten, da das Profil (Fig. 2) nur zufällig, bei der Grundlegung eines
Hauses, zum Vorschein kam.
Fig. 2. Profil S. von
Hernösand, 62“ 37' n. Br.
/ Moränenton, I I Sand und
Kies (glazial); I I I Sandige
Gyttja (interglazial); alles
nach M u n t h e . Die rechte
und die linke Hälfte des Profils
sind als einander rechtwinklig
zu denken. 1 l£Ö3]j3/»r«=riA=ro I I o ü \ CruK (jL tcù iU ) ( irUertiUtcial)
ProÜJ i kküare Hü Ucruö bryggori. 1.6 km S om licrnOsoad. Ju li Itiö'J.
Unter einer 2,5—5 m mächtigen Moräne lagert eine sandhaltige Gyttja
(0,7—3,0 m), reich an Pfianzen- und Tierfossilien; unter der Gyttja ragen in der einen
Ecke des Profites Sand und Kies empor. Die Ptianzenfossilien sind außer 11 Moosarten,
die alle in Schweden allgemein verbreitet sind, folgende Arten:
Bet u l a odo ra t a ,
„ nana,
Botry chium l unar ia,
Lycopodium anno t i num,
„ cl avatnm,
„ complanatum?,
selago,
Pin u s s i l v e s t r i s (mir Pollen),
Pt e r i s aqui l ina?.
S e l a g i n e l l a s e la g i n o i d e s ,
Cenococcum geopb il nm.
Carex sp.,
I s o e t e s echin osp orum,
,. l a c u st r e .
Po t amo g e tó n f i l i formis,
Algen (Bo tr yococcum Brauni i ) , Chry-
s omo n a d i n e e n , Diatomeen .
Von Tierresten wurden Cladoceren, Süßwasserspongien und Protozoen gefunden,
alles jedoch Arten mit großer vertikaler und horizontaler Verbreitung in der Quai tärzeit.
Das größte Interesse knüpft sich an zwei Decktlügel von Insekten, deren einer von
dem verstorbenen Entomologen C. G. T h o m s e n als Galeru ca a liii bestimmt, abei
später von E. Mj ö b e r g als Gyrinus s cu lp tu r a tu s n. sp. beschrieben wurde; auch
der andere in derselben Ablagerung gefundene Käferflügel wird von ihm als eine
neue Spezies, Ol o phrum i n t e r g l a c i a l e , aufgefaßtBWie
S e r n a n d e r gezeigt hat, kann man kein bestimmtes Urteil über die
Klimaverhältnisse, unter welchen diese Flora lebte, fällen, aber die ganze Gesellschaft
macht, wie er hervorhebt, auf den Pflanzengeographen den Eindruck, als stammte sie
aus einem subalpinen Birkenwald. Der Piniispollen kann vom Winde aus südlicheren
Gegenden in das offene Wasser, wo die Gyttja gebildet wurde, geführt worden sein.
M u n t h e sucht, auf die Diatomazeen gestützt, ein wärmeres Klima als das der
Birkenregion für die Ablagerungszeit der Gyttja zu vindizieren. Jedermann, der
weiß, wie schwierig es ist, selbst mit Hülfe der Verbreitungsverhältnisse der so genau
bekannten höheren Pfianzen Schlüsse auf das Klima zu ziehen, kann solchen, die sich
1) Über eine scbwediscbe interglaziale Gyrinus-Species. Geol. För. Förb., Bd. 27 (1905),
p. 233, lin d : Über eine scbwediscbe interglaziale Coleopterenspezies. Ibid. Bd. 26 (1904), p. 493.
ir I