Mi t t e l t emp e r a tu r 1840—1890 in No rwege n .
Aas (59» 40' n. Rr.) . . .
Christiania (59 ° 55' n. Br.)
liamar (60» 48' n. Rr.) . .
Uiiensvang- (60» 20' n. Br.)
Bergen (60» 23' n. Br.) . .
l'iorü (61» 36' n. Br.) . .
Karasjok (69» 17' n. Br.) .
Tromsö (69» 39' n. Br.)
Alten (69» 58' n. Br.) . .
Mai
C
9,2»
10,5 »
8,5»
9,8»
9.4»
s;5»
2 ,6 »
3,8»
3,4»
.1 uni
C
14,0»
15,5»
13,5»
13,5»
12,8 »
11,9»
9,1»
8,5»
8,8 »
Jnli
C
15,6»
17,0»
15,2»
14,8»
14,4»
13,8»
12,5»
11,0 »
12.1 »
August
C
14,7»
15,9»
13,9»
14,4»
14,2 »
13.7»
11,3»
10,6 »
11,8 »
September
C
10,5»
11,5»
9,5»
10,9»
11,5»
11,3»
5,6»
7,1»
7,0»
I Südnorwegeu
I Westnorwegen
> Nordnorwegen
wegen. An einzeinen Tagen hat man in Aiten während des Sommers eine Lufttemperatur
von 30,5° C, in Südvaranger sogar 31° C beobachtet.
Hierzu kommt indessen noch ein anderer sehr wesentiicher Umstand, auf
den S c h ü b e l e r nur wenig Rücksiciit genommen hat, nämiich die Lage des Bodens
gegen das einfaiiende Sonneniiciit sowie die Bodenbeschaffenheit seihst. Schon in
(ien ein wenig höher hegenden, engen Täiern Südnorwegens findet man, daß im
wesentlichen nur Abhänge gegen Süden bebaut werden. Ich liabe in einer früheren
Abhandlung') diese Tatsaclie in folgender Weise kurz besprochen: „Auf den ,Oplandene‘
(Umgebimgen des Mjösen) werden die schrägen Abhänge nach Norden „Lushatsiden“
genannt, weil sie im allgemeinen reicli mit Aconi tum sep t e n t r i ona l e (in der Volkssprache
,Lushat‘ genannt) bewaclisen sind; diese Abiiänge werden als wenig geeignet
zum Ackerbau angesehen, da das Getreide sehr schwer reif wird. Ilire Exposition
nach Norden führt nämlich mit sicli, daß sie wenig Sonnen wärme empfangen und sie
sind infolgedessen kalt und feuclit.“
Im nördlichen Norwegen spielt diese Rücksicht aber nocli eine viel größere
Rolle, dort wird überhaupt niclit die Rede davon sein, einen anderen als warmen
nnd trockenen Boden, der gegen kalte Winde gut geschützt ist und eine günstige
Lage gegen das einfallende Sonneniiciit hat, als Acker anzubauen. Unter diesen Umständen
wird die Wärme des Erdbodens bedeutend größer werden als dort, wo man,
wie im südlichen Norwegen verhältnismäßig flachere Böden bebaut. Da auch im
nördlichen Norwegen die Sonne während des größten Teiles der Vegetationsperiode
Tag und Naclit über dem Horizonte bleibt, wird dort der Boden während der Nacht
auch nicht so stark abgekühlt werden wie im südlichen Norwegen, wo die Sonne
nachts verschwindet. Im Flachlande des südlichen Norwegens, wo größere Flächen
feldmäßig bebaut werden, liat man im allgemeinen nur ziemlich wenig Dünger für
seinen Acker; hingegen hat man in den Tälern und besonders im nördliciien Norwegen,
wo die Vielizucht eine größere Rolle spielt und die Ackerstücke selir klein sind,
Gelegenheit, sein Feld reichlicher zu düngen.
1) N. W il l e und J e n s H o lm b o e , „Dryas octopetala bei Langesimd. Eine glaziale P s e u d o relikte“
. (Nyt Magazin for Naturvidenskaberne, Cliristiania 1903, Bd. XLI, p. 40.)
Die Angaben über die Vegetationsperiode der Getreidearten werden im allgemeinen
immer in der Weise gemaclit, daß man die Zeit zwischen dem Tag dei
Aussaat und dem der Ernte angibt. Im südliciien Norwegen, wo größere Acker-
fläclien bebaut werden, beginnt die Aussaat früher, weil der Boden eiier schneefrei
wird, indessen kann hier viel längere Zeit zwischen Aussaat und Keimung vergelien
als auf den nach Süden gelegenen Abiiängen, w'O die Bodenwärme ziemlich rasch die
notwendige Höhe erreicht, sobald die Erde schneefrei geworden ist. Hierzu kommt
noch, daß man im südliciien Norwegen, wo man im Herbst keine Nachtfröste zu
fürcliten liat, das Getreide so lange steilen läßt, bis es vollständig reif ist, während
man es in den liölier gelegenen Tälern und im nördliclien Norwegen so zeitig als
möglicli aberntet und es nach der Ernte naclireifen läßt. Eine Folge hiervon wird
dann auch sein, daß im Norden in Wirklichkeit eine sehr wirksame Auswalil des am
frühesten reifenden Getreides stattflndet; denn diejenigen Getreideähren, die bei der
Ernte noch niclit so weit sind, daß sie bei der Nachreife völlig keimfähige Körner
liefern, bilden das sog. Leiclitkorn, das bei der Reinigung des Getreides abgeschieden
und somit zur Aussaat im nächsten Jahre nicht gebraucht wird. Im Flachlande des
südliciien Norwegens erntet man im allgemeinen nicht eher als bis alles reif ist, und
da nun die spätreifenden Ähren oft scliwere Körner enthalten, werden gerade diese
hier ins Saatkorn gelangen und sicli im folgenden Jalire vermehren. Da man ja in
der Landwirtscliaft tatsäclilicli immer mit Mischungen vieler verschiedener Mutationen
arbeitet, die durcli den Einfluß stark ausgeprägter Standortsverhältnisse so gesichtet
werden können, daß eine einzige oder einige wenige Mutationen die herrschenden
werden, so kann die Bildung früh oder spät reifender Sorten befriedigend genug
durch diese Auswahl erklärt werden, ohne daß man eine direkte Anpassung anzunehmen
brauclit. Auf alle diese Faktoren, die man berücksichtigen muß, um sich eine Meinung
darüber bilden zu können, inwieweit der Anbau von Kulturpflanzen in nördlichen
Breiten neue Mutationen mit anderen Eigenscliaften hervorgebracht hat, hat S c h ü b e l e r
indessen keine Rücksicht genommen nnd konnte zum Teil auch keine Rücksicht auf
sie nelimen, da sie außerhalb der Gesichtspunkte, die zu seiner Zeit bekannt oder
maßgebend waren, lagen.
Indessen ist es aucli noch die Frage, ob nicht das ganze, von S c h ü b e l e r
benutzte Material an und für sicli ungenügend war, nm daraus irgendwelche Schlüsse
zu zielien, S c h ü b e l e r liat sich bezüglich der kurzen Vegetationsperiode der Getreidearten
im nördlichen Norwegen wesentlicli auf Angaben einzelner, dort ansässiger
Personen gestützt, die teils in Abliandlungen, teils ilim persönlicli Mitteilungen über
die Saat- und Erntezeit in einzelnen Jaiiren gemacht liaben. Es sclieint, als ob liier
der Lokalpatriotisraus insofern eine Rolle gespielt hat, als man hauptsäciilicli Angaben
aus besonders günstigen Jaiiren gemaclit, dagegen solche aus schlechten Jahren verschwiegen
liat.
Vor einigen Jahren wandte sicli ein bekannter norwegischer Landwirtschaftslehrer,
L. P. N i e l s s e n , der Direktor der nördliclisten Landwirtschaftsschule Norwegens
bei Bodö (67° 17' n. Br.) geworden war, an mich, da er fand, daß die Vegetationsperiode
der Getreidearten dort oben niclit mit den ScHÜBELERschen Gesetzen über