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bei den normal unverzweigt bleibenden Wurzeln von Ophioglossum peduncnlosnm
bei der Regeneration keine Polarität nachznweisen. Hier ist eben sclion an der unverletzten
Wurzel die Rildung der Seitenwnrzeln keine in gesetzmäßiger Weise fortschreitende,
vielmehr ti-eten Seitenwurzeln hier normal überhaupt nicht auf. Die
Begünstigung der Wurzelbildimg in basaler, der Sproßbihhmg in apikaler Richtung
am Sprosse aber dürfte, wie im Anschluß an ältere ähnliche Anschanimgen ansge-
führt wurde, am wahrscheinlichsten anf Ernährungsbedingnngen znrüclvzufüliren sein.
Dafür sprechen namentlich auch die interessanten Angaben L in d e m u t h s , wonach die
Blütensprosse der Lilien, welche keine Samen ansetzen, Adventivsjirosse am basalen
Ende, die der Hyazinthen, welche Samen ansetzen, am apikalen Ende entstehen, ferner die
von W a k k e e . wonach die Adventivsprosse an den Internodien der knollenbildenden Begonia
discolor an der Basis entstehen. Ebenso sehen wir bei dem Sproß von Colchicum
antumale, welcher an der Basis einen Reservestoffbehälter, die Knolle hat,
auch die b a s a l e Knospe gefördert'). Mit anderen Worten, die Polarität bei der Regeneration
von Sprossen und Whirzeln ist nach der hier vertretenen Anschauung der
Ausdruck der in den Pflanzen vorhandenen Baustoffverteilung. Sobald ein Sproßpol
und ein Wnrzelpol induziert sind, verteilen sich, da diese als Anziehungszentren
wirken, auch die Baumaterialien so und werden die Leitungsbahnen so ausgebildet,
daß gegen den Sproßpol hin die für die Sproßbildung erforderlichen, gegen den
Wurzelpol hin die für die Wnrzelbildung geeigneten überwiegen. Dies scheint mir
wenigstens derzeit die einfachste ümschreibiing der Tatsachen zu sein, und auch
M o r g a n ") kommt für Tubularia — obwolil er meint, seine Ansicht sei von der unter
anderem auch von mir vertretenen fundamental verschieden — neuerdings zn der Ansicht
„polarity it only a name for the gradation of the material and on this at a basis
the formative changes are carried out“. Nnr wendet er sich scharf gegen die Annahme,
daß die Verteilung des Materials durch eine Wandei'ung bedingt sei, während meiner
Auffassung nach gerade bei Pflanzen kein Zweifel daran sein kann, daß die Wanderung
und ihre Richtung nnd damit die polare Ausbildung des hinter den Vegetationspunkten
liegenden Gewebes durch die Vegetationspnnkte bestimmt ist. Es braucht
kaum bemerkt zu werden, daß damit nicht etwa eine Lösung des Polaritäts]iroblems
gegeben sein soll, sondern nur eine Richtung bezeichnet wird, in der sich weitere
Untersuchungen bewegen können. Vielleicht wird die hier vertretene Auffassung am
deutlichsten durcli eine liypotlietische Betrachtung einer einzelnen Zelle. Nehmen wilder
Einfachheit halber an, in dieser erfolge der Stofftransport durch zirknlierende
Protoplasmaströmungen, so würde dieser nach unserer Annahme mehr für die Sproßbildung
geeignetes Material nach dem apikalen, mehr für die Wnrzelbildung geeignetes
nach dem basalen Teile der Zelle schaffen und die Zelle dadurch „polarisiert“
erscheinen; von diesem Material bleibt aber nnr ein kleiner Teil liegen, der größere
wandert weiter und wird um so melir magaziniert, je mehr die betreffenden Zellen
1) An der Knolle, welche ein angeschwollenes Intennodium darstellt, sitzen zwei Seitenknosjieii,
die basale ist stets gefördert, die apikale entwickelt sich sehr häufig überhaupt nicht weiter.
2) P. H. Mo r g a n , An attempt to analyze the phenomena of polarity in Tubularia. The
journal of experimental zoology, Baltimore 1904, Vol. I, No. 4.
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der apikalen oder der basalen Region genäliert sind. Der Protoplasmakörper der
Zelle aber ist so beschaffen, daß die Stoffwanderung nur jeweils in bestimmter
Richtung vor sich gellt, welche ihm durch seine Lage induziert ist. Eine derartige
Annahme würde auch die von V ö c h t in g bei seinen Transplantationsversuchen bei
inverser Lage der überpflanzten Gewebestücke beobachteten Störungen verständlich
erscheinen lassen, und das schlechte Gedeihen bei der Wurzelregeneration von Taraxa-
cnm invers entstandener Sprosse wäre eine Hnngererscheinung, welche auf dasselbe
Verhalten zurückzuführen wäre.
Eür die Blätter hat sich ein ziemlich verschiedenes Verhalten herausgestellt.
Die Blätter der Lebermoose, sowie isolierte Randteile des Thallus talloser Formen
zeigen, soweit sie untersucht sind. Adventivsprosse in regelloser Verteilung ohne Bevorzugung
einer bestimmten Stelle, ebenso verhalten sich einige Phanerogamenblätter
wie die von Utricularia peltata, die meisten aber haben die Neubildungen an der Basis,
die Blätter zweier Utriculariaarten Utr. montana und Utr. longifolia sind bis jetzt die
einzigen'), welche an der Spitze nach der Abtrennung Sprosse hervorbringen. Da
diese Blätter durch ein Spitzenwachstum ausgezeichnet sind, wie es unter den Blättern
der Phanerogamen nur vereinzelt vorkommt, so liegt es nahe, anzunehmen, daß damit
die eigenartige Polarität in Beziehung steht, d. h. daß die Spitze den embryonalen Charakter
und damit die Regenerationsfähigkeit am längsten behält, während bei den inter-
kalar wachsenden Blättern die jüngste Zone an der Blattbasis liegen würde. Außerdem
tritt bei den Blättern eine Beziehung zu den Leitungsbahnen, den Blattleitbündeln deutlich
hervor, die Adventivsprosse stehen vorzugsweise über diesen. Es kann bis jetzt
nicht mit Siclierheit gesagt werden, ob dies darin begründet ist, daß die Leitbündel eine
direkte Zufuhr von Baumaterialien ermöglichen, oder darin, daß das Gewebe oberhalb
der Leitbündel speziell die Epidermis weniger differenziert also mehr embryonal ist, als an
anderen Stellen, tatsächlich sehen wir ja, daß hier z. B. die Bildung der Spaltöffnungen
unterbleibt, die Differenzierung also weniger weit fortschreitet als sonst an der Epidermis.
Indes spricht eine Anzahl von Tatsachen dafür, daß die Blattnerven in ihrer
Eigenschaft als Leitungsbaimen in Betracht kommen, so namentlich die, daß eine
Unterbrechung derselben bei Begonia und vielen anderen Blättern zur Hervorrufung
von Adventivsprossen genügt. Wir haben offenbar zweierlei Arten von Blättern zu
unterscheiden: solche bei denen das Regenerationsvermögen auf bestimmte Stellen
begrenzt ist, wie Utricularia u. a. und solche bei denen das nicht der Fall ist, natürlich
kann es Kombinationen und Übergänge zwischen diesen Formen geben. Die
ersteren verhalten sich gewissermaßen wie Sproßstücke mit Vegetationspunkten. Wenn
diese Sproßstücke isoliert werden, treiben zunächst die Vegetationspunkte aus, und
vielfach sind die vegetationspunktlosen Sproßstücke wenigstens nach den bis jetzt
angewandten Untersuchungsmethoden überhaupt nicht regenerationsfähig oder bilden
nur Wurzeln. Ebenso bilden also Blätter mit lokal bevorzugten, den embryonalen
Charakter weniger als andere verlierende Stellen an diesen Adventivknospen, sei es
abgelöst oder im Zusammenhang mit der Pflanze.
1) G o e b e l , Über Regener.itioii bei Utricularia. Flora 1 9 0 4 .