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mit den nackten Tatsaclien nnr Handlangerdienste beim Iloi-beischlejipen der Bausteine
zn leisten vermag.
Für unsere Frage liandelt es sich dabei um die äußei'st heikle Art, wie man
chemische Ermittlungen nnd biologische Prozesse in Einklang zu bringen vermag.
Der Chemikei-, wenn er mit hohen Temperaturen, mit stärksten Säuren oder Alkalien
arbeitet, bedient sich solcher Mittel, die dem lebenden Pi’otoplasma nicht zur Vei'-
fügiing stehen, und arbeitet unter Bedingungen, die dem Biologen nicht zur Hand
sind. Für den Chemiker stehen Körper, wie Kohlenoxyd, schweflige, sal})etrige, Blausäure
usw. jenseits von Gut nnd Böse und üben einfach irgendwelche Reaktion ans,
zersetzen oder verbinden.
Für den Biologen sind diese Körper aber auch Gifte, welche das Leben des
Protoplasmas bedrohen, und doch w-erden wir überlegen müssen, ob diese Köi'per
nicht trotzdem im Organismus fundamentale Funktionen ansznüben vermögen. Der
Tierphysiologe hat dem Ptlanzeniihysiologen gegenüber in diesen Eragen einen kleinen
Vorsprnng, und deshalb möchte ich besonders darauf hinweisen, daß der Organismus
tatsächlich eine ganze Reihe von solchen Körpern unschädlich zu machen oder sogar
als Nährmaterial zn verwerten vermag, die bei irgend einer Anwendimgsweise von
außen für denselben Organismus schwere Gifte sein können. Ja die Pflanze kann
Gifte, welche, als solche von außen auf sie einwirkend, tödlich für ihr Protoplasma
sind, wie z. B. die Blausäure, in bestimmten Organen anhänfen, wie z. B. bei
Pangium ediile.
Die Aufgabe des Organismus ist, sich potentielle Energie zu beschaffen, um
seine Arbeit zu leisten. Aber um dieses zu können, muß er in vielen Fällen das
gebotene Material auch entgiften, und dies leistet er durch Oxydationen nnd Reduktionen,
durch Synthesen, Polymerisationen und Kondensationen. Dadurch können
Körper, die, von außen gebracht. Gifte sind, in statu nascendi sofort entgiftet nnd
für den Aufbau verwertet werden.
Bei dem Aufbau des Protoplasmas wird aber die potentielle Energie in Form
von so ungeheuer komplizierten und labilen Molekeln aiifgebaut, die Hemmung,
welcke das vorzeitige Einreißen verhindert, eine so labile, daß in der Explosivität
dieser komplexen organischen Molekel ein reicher Ersatz dafür gefunden wird, daß
das Protoplasma unter den Bedingungen höherer Temperaturen, starker Säuren nnd
Alkalien nicht existenzfäliig ist. Indem das Protoplasma so labil aiifgebaut wird, bedarf
es zur Beseitigung der Hemmung seiner potentiellen Energie nm- geringer
Energiezufuhr, die als quantitativ auslösendef Reiz so groß sein muß, um diese
Hemmung zn überwinden, eine Erscheinimgsreihe, anf die ich in Aufnahme und
weiterer Ausbildung einer Vorstellung von P f l ü g e r auf der deutschen Naturforscher-
Versammlung schon 1893 hingewiesen habe. Inzwischen sind aber durch O stwald
die Erscheinungen der Katalyse studiert worden, und hierbei handelt es sich darum,
daß durch irgend eine Bewegungsübertragimg ohne Energieeintritt ein Vorgang eingeleitet
wird, der spontan, aber dann langsam oder zu nicht gewollter Zeit eintreten
kann, demnach durch den Katalysator nur beschleunigt wird.
Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Gruppen mag im einzelnen Falle
recht schw'er sein. Aber durch den so gereinigten und definierten Begriff der
Katalyse als der Beschleunigung spontan möglicher Vorgänge wird die Verbindung
gewonnen zn einer Auffassung, die J o hn F l e t s c h e r schon 1837 äußerte, wenn er
zwischen Eiweiß in „living and in dead cells“ unterschied. P f l ü g e r fand diesen ganz vei--
gessenen Gedanken selbständig 1875 wieder, und 0. Löw hat ihn dahin präzisiert,
daß aktionsfähige Aldehydgruppen unbedingt zum Leben nötig sind, und 0. Löw
und ich selbst haben später noch hinzugefügt, daß außer der potentiellen Energie als
Arbeitsvermögen im Sinne der anorganischen Natnrvoi-gänge, die auch das tote Eiweiß
bietet, im lebenden Eiweiß auch potentiell-kinetische Energie vorhanden sein
muß durch Anwesenheit von nicht abgesättigten Aldehyd- nnd auf der anderen Seite
von Cyan- oder Amidogi'uppen.
Damit verstehen wir chemisch, daß das Eiweißmolekel durch diese Gruppen
tätig ist nnd lebt, aber auch, da diese Gruppen uiitei' bestimmten Bedingungen
spontan aufeinander zn wirken vermögen, inaktiv werden und anf das Niveau toten
Eiweißes herabsinken kann. Wenn das sjiontan möglich ist, so kann dieser Vorgang
katalysatorisch beeinflußt, d. li. beschleunigt werden. Damit dürfen wir wohl eine
Vorstellung gewonnen haben, wie die potentielle Energie von totem inaktiven Eiweiß
stets nnd nnr durch Beseitigung der Hemmung und durch quantitativ verfolgbare
Reize, die vom lebendigen aktiven Eiweiß aber auch durch Katalysatoren ausgelöst
werden kann.
Wir können also jetzt einmal ganz allgemein den labilen Aufbau von
organischer Köriiersubstanz beurteilen, dann aber auch die besonderen Verhältnisse
der lebenden Körpersubstanz in die Betrachtung und zum Teil schon in die Untersuchung
ziehen, daß wir ermitteln, ob potentiell-kinetische Gruppen, wie Aldehyd-,
Amido- oder Cyangruppen in eine Verbindung eintreten können oder in einer solchen
vorhanden sind.
Wenn man die außerordentliche Vielheit der chemischen Körper in Betracht
zieht, welche sich bei der Lichtsynthese aus Kohlendioxyd zu bilden scheinen, so
kann man zwei Ansichten haben. Einmal, daß von vorn herein ganz verschiedene
Produkte aus Kohlensäure gebildet werden. So haben E r l e nme y e r die Ameisensäure,
L i e b ig organische Säuren überhaupt, B ayer Formaldehyd und W inogradsky
für die Chemosynthese sogar den Harnstoff als erste chemische Produkte angesprochen.
Wenn wir aber berücksichtigen, daß es im Gi'unde immer dieselbe schwer aktionsfähige
Kohlenäure ist, welche unter sehr ähnlichen Bedingungen zur Synthese reduziert
werden muß und immer ein Kohlenhydrat als Assimilationsprodukt auftritt, so liegt
chemisch und biologisch eine andere Möglichkeit näher, nämlich daß das erste Produkt
dasselbe ist nnd die Vielheit dadurch entsteht, daß dieser Körper sekundär durch die
weiteren Verändei-ungen, die er selbst erfährt, und dadurch, daß in verschiedenen
Stadien seines Aufbaues andere Stoffe, z. B. verschiedene stickstoffhaltige, eingreifen
können, die Viegestaltigkeit herbeiführt.
Wenn wii' uns unter Beachtung derartiger Gesichtspunkte die möglichen
primären Produkte der Kohlensänrezerlegung ansehen. so ist das einzige, das allen
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