Abei- iviederuin dieselbe (Irimaldia mit mediterranen Riccia- und Barbulaceen-
Arten. verstärkt durcli ein Farn auf den Serpentinen des Gnrliofgrabens: Notho-
cl i laena Maran ta e , ist in neuester Zeit durch die hiesige Lokalforscliung von Baumg
ar tn e r , H e e g . Za hl b ru ckn e r zwisclien Melk, Krems. Aggsbacli, Schwallenbach
lind St. Micliael im unteren Donaugeliiet anfgedeckt worden'), und unser um die
Erforsclmng der niederösterreichisclien Pflanzen geograpliie iinermndlicii verdientei
Kollege. Prof. G. v. B e ck , liat die sicli an solche kryptogamisclie Genossenscliaft
anknüpfenden Folgerungen in einem Vortrage üiier „die Wacliaii“ i. J. 1898 anziehend
iiesproclien. Es sei neiienbei bemerkt, daß an diesen Standorten ganz älmiich wie am
Südliarz sicli gieiclifalls ein auffallendes Gemiscli von Hocligebirgspflanzen in niedersten
Höllen (Ericaüarnea und besonders das Gletschermoos der Zentralpen: Angstroemia
longipes) wiederündet, daß östliclie Steppenpflanzen sicli liier angesiedelt haben, alles
umralimt von der warmen „initteleuropäisclien“ Hügelflora.
Audi G. V. Beck faßt diese südliciien. liislier mir in der Wachau aiifgefiindenen
Laub- und Lebermoose nelist Flecliten und dem Farn Notiioclilaeiia „als Relikte einer
schon vor der Glacialzeit bestandenen Flora“ auf und, wenn ich seine Meinung darin
richtig verstelle, neigt er niclit einmal der Annalime zu, daß dieselben erst in dei
warmen Interglazialzeit eingewandert wären, sondern nimmt ein Überdauern derselben
im Donautal ülierliaiipt an, da weder Niederösterreicli völlig, nocii der Ostrand des
tertiären Alpenlandes gegen Ungarn zu jemals vergletscliert oder vereist gewesen sei.
Es sclieint ilim waiirsclieinlich, daß auch in diesem Alpenvorlande zur Glazialzeit der
Baum wuchs doch nicht vollkommen verniclitet wurde.
Unter Annahmen solclier Art ersclieint demnach die Arteniiste von solchen
Pflanzen, welclie wenigstens von der letzten Interglazialperiode bis zum Abschluß der
letzten (kleineren) Eiszeit auf dem mitteldeutsclien Boden der niederen Plügel und
Vorberge ausliarren konnten, niclit so klein. Sie umfaßte die borealen Bürger, welclm
die Ausdelinung des baltisclien Landeises nacli Süden trieb, und unter iiinen gewiß
den Hauptstock der alten skandinavischen Landflora, von der man vielleiciit niclit mit
Unrecht einen alten Reichtum an ganz anderen Montanpttanzen voraussetzen kann,
als die Alpen mit ihrem, dem alten Mediterrangebiet meiir entsprechenden Gebirgs-
charakter liesaßen. Aber diese altskandinavisciie Flora ist uns unbekannt und zerstreut.
Sie umfaßte ferner die präalpinen Fels- und Scliotterpflanzen, welche von den
alpinen Iniandgletschern verdrängt nordwärts der Donau, liesonders auf den Kalkbergen
in Scliwaben, Franken und Tliüringen, außerdem aucli im Rlieintal und im
böhmisclien Mittelgebirge auf Tuffen und Basalten sich ansiedeln konnten. Sie umfaßt
dann die Pflanzen der lieutigen obersten Waldregion, wie wir sie vielleiciit obeihalb
1000 in von den liayrischen Alpen bis zum Erzgebirge hnden, und eine Menge gemeiner
Siim])f-. Wasser- und Wiesenpttanzen, wie sie z. B. die Flora der Färöer, von
Island. Lappland, Nord-Sil)irien usw. bevölkern, also Arten wie Nardus, Ranunculus
Elammiila, Carex vesicaria, rostrata, leporina, dazu aucli solclie, die wie Archangelica
jetzt bei uns selten geworden sind. Und dazu kommt dann ein kleinerer Bestandteil
eeiiter Alpenpflanzen, wde Piilsatilla alpina, die sicli mit borealen Arten wie Saxifraga
decipiens mischten.
Hinsiciitlicli der Standorte muß nun seit jener alten Periode eine zwiefaclie
Umordnung stattgefunden liaben. Ein großer Teil jener alten Bürger der baltisclien
Eiszeit liatte damals unstreitig viel tiefere Regionen inne als lieute und folgte wahrscheinlich
dem Sclineefrei-Werden auf die Gebirge: so die Piilsatilla alpina, Linnaea
und Carex sparsiflora auf die Brockenliölie, Sweertia und Scheiiclizeria auf den Kamm
des Erzgebirges. Diesen Arten diente also erst die Postglazialzeit zur Erlangung
ihrer lieutigen Standorte, sie sind „wandernde Reliktarten“ geworden. Andere Arten
können im Verfolg der liier besproclienen Annahmen seit der Eiszeit niclit wesentlicli
von iliren damals eingenommenen Plätzen gewiclien sein, so das Hymenopliyllum der
Elbsandsteinschluchten, die Marciiantiaceen.-Cleveiden des Südliarzes und der Wachau,
die Nothochlaena, die Salix hastata des Alten Stollbergs bei Ilfeld. Von diesen Arten
ist dann, wenn sie zur arktiscli-alpinen Florengenossenscliaft geliören, das Ausharren
an so tiefen Plätzen zur Jetztzeit bemerkenswert; ihrem Ausliarren steht umgekehrt
das Verweilen mediterraner Artgenossenscliaften im eiszeitliclien Klima, oft am gleiclien
Standorte, gegenüber. Diese Reliktarten können wir demnach als „klimatisch-angepaßte“
bezeiclmen. Es ist in hohem Grade wichtig zu sehen, daß Plätze, an denen Pflanzen
von entgegengesetzter klimatisclier Anpassung sicli ziisammengefunden liaben, nur auf
dysgeogenem Gestein bekannt geworden sind, liesonders auf Kalk.
Es ist nicht unwalirscheinlich, daß der allgemein klimatische Verlauf der
Interglazialzeiten ein ähnliclier gewesen sei, wie der Anfang der heutigen postglazialen
Periode, zumal bei Beginn des Rückganges der großen Eis- und Sclineemassen, der
doch wolil auf der Wiederkehr analoger Verliältnisse beriilite. Diese Voraussetzung
ist aus dem Grunde wichtig, weil wir aus den Intergiazialiagern manclierlei wissen,
was zur Ergänzung unserer Kenntnisse der Postglazialzeit beitragen kann, und besonders
weil bei der geologisclien Unsiclieriieit in der Altersbestimmung vieler Hölilen-
funde wenigstens deren Allgemeincliarakter in ganzer Tragweite zur Benutzung herangezogen
werden kann.
Solclie Hölilenfunde sprechen aiier dafür, daß die Eiszeiten sicli nicht in
feuclitkülile Waldzeiten, sondern in trocknere Perioden mit kaltem Winter und heißem
Sommer zunächst iimgesetzt liaben; denn sie zeigen direkt den tlbergang von
arktisclien Tierresten (wie Lemming und Schneeliiilin) in solche von Steppentieren
(wie Ziesel, Springmaus und Pfeifhase); lößartige Böden mit solclien Resten sind
ebenso interglazial als postglazial gebildet, und nach den Untersuchungen sowohl von
A. N e h r in g am Nordrande des Harzes, als nacli den neueren von Mart in Kriz aus
Mähren') ersclieinen die Scliicliten diluvialer Hölilen gegliedert nur in einen jirägla-
zialen, einen glazialen und einen postgiazialen Absclmitt. Diesen letzteren nennen
wir Steppenzeit; icli bediene mich zu seiner schärferen Bezeichnung und um eine
1 ) Yei-h. d. zool. bot. Ges. Wien 1891 (Bd. LXI, p. 769) und 1893 (Bd. X L llI , p. 5 4 8 ff.).
Beiträge zur Kenntnis der Quart.ärzeit in Mäliren, Steinitz 1903 (p. 19, 183; 80—81).