f üS
.1'
, í'
distichum zeocritliuin x H. tetr. trifurcatum. — In den bisher genannten Fällen
handelt es sich um Bildung einer neuen Vollrasse, d. h. bei Hervortreten des neuen
Merkmales als dominierend, mitdominierens oder rezessiv stellt e in b e s t imm t e i l
e il der Träger des Novums einer Vollrasse dar, ein anderer spaltet sich weiter
in bestimmte Formen und in bestimmtem Zahlenverhältnis. Nur wenn das neue
Merkmal — z. B. Sechszeiligkeit bei Gerste — als mitrezessiv sensu stricto auftritt,
siud bereits alle Träger desselben sofort konstant. Von ganz anderer Art ist die
Inkonstanz,, welche wir bei der Bildung einer Mittelrasse') oder einer Teilrasse aus
einer Defektrasse beobachten. Hier sind nämlich die Träger des Kreuzungsnovums
durchweg inkonstant, sie liefern in ihrer Deszendenz neben dem Novum elterngleiche
Individuen entweder in etwa gleicher Zahl oder sogarin der Mehrzahl. Beispiele solcher
Hybridmutationen mit unvollkommener Vererbungsweise stellen dar: Die Violettpuuktierung
der Samenschale bei Erbsenmischlingen aus nichtpunktiertem Pisum arvense
X P. sativum ebenso die Marmorierung der Samenschale bei Bohnenmischlingen aus
gleichmäßig gefärbten Elternformen weiß oder schwarz x hellbraun oder violettbraun.
Wähi-eml in diesen beiden Fällen eine Mittelrasse neu entsteht, dürften die kriechenden
und die Riesenformen unter den Bohnenbastarden Phaseolus vulgaris x Ph. multir
liorus Halbrassen darstellen. Der eben gegebenen Übersicht seien solche Fälle
gegenüber gestellt, in welchen e in Me r kma l der einen oder der anderen Elternform
infolge von Fremdkreuzung v e r s c hwi n d e t , also eine a b s t e i g e n d e Z u s t a n d s ä
n d e r u n g stattfindet. Auch hier kann das negative Novum vollkommene oder unvollkommene
Erblichkeit aufweisen. Als konstante Defektrassen wurden erhalten: Gleichmäßig
brauuschalige Deszendenten in der zweiten Generation aus marmoriert-samigem
Pisum arvense x P. sativum, ebenso aus punktiertsamigem P. arvense x P. sativum.
Des Weiteren wurden an Bohnenmischlingen aus dunkel marmorierter Samenschale
X weißer Samenschale konstante Individuen mit gleichmäßig gefärbter Samenschale
von der zweiten Generation ab erhalten. Noch deutlicher sind als Defektmutationen
zu bezeiclmen die wenigstens teilweise konstanten weißblühenden Bastarde in der
zweiten Generation und die weißschaligen in der vierten Generation aus Phaseolus
vulgaris (violettblühend und braunschalig) x Ph. multiflorus (rotblüheiid und marmoriert-
samig). Es gehören ferner hierher die Nova unter den Gerstenhybriden, nämlich
vierzeilige aus zweizeilig x sechszeilig und die bekannte grannenlose Gerste Rimpaus
aus der begrannten Steudelgerste x der kapuzentragenden- oder Gabelgerste. — Herabsetzung
einer Vollrasse zu einer Mittelrasse, also Degradierung eines Merkmales aus
dem vollaktiven Zustand zum halbaktiven Zustand, wurde erhalten bei Kreuzung des
konstant marmoriertsamigen Pisum arvense x P. sativum: kein einziger der marmoriert-
samigen Abkömmlinge aus der Kreuzung erwies sich als konstant, wie es doch der
P. arvense-Elter gewesen war. Ein gleiches Verhalten ist bezüglich gewisser Merkmale
an Bolmenmischlingen und Bolmenbastarden zu vermuten.
1) S c h e i n b a r e Mi t t e l r a s s e n stellen ilirer Deszendenz nacli jene Formen dar, welclie
sich durch die natürliche Kreuzung zweier bei Selbstbefruclitung völlig oder in bestimmtem Prozentsätze
konstanter F"'ormen immer wieder neu erzeugen. Ein solcher Eall ist beispielsweise durch die
Heterostylie iiei den Primeln gegeben.
Bezüglich der Bi l dungswe i s e der an g e fü h r t en Hy b r idmu t a t io n e n ist
es, wenigstens in der Mehrzahl der Fälle, ganz zweifellos, daß das Novum nicht
einfach durch eine Verbindung manifester Merkmale der beiden Eltern entsteht,
sondern ein wirklich neu aufgetretenes Merkmal darstellt. Das Vorkommen gelegentlicher
spontaner Andeutungen nach der betreffenden Richtung hin bei der einen oder
der anderen Elternform, das Vorkommen des betreffenden Merkmals bei nahen Verwandten
der Mutter- oder Vaterrasse berechtigt zu der Annahme, daß die Kreuzungs-
uova in dem einem Eltei-, eventuell auch in beiden bereits latent vorhanden sind.
Die Fremdkreuzung gibt also bloß die Auslösung- zum Manifestwerden ab oder ändert
den Zustand des Merkmals nach der Latenz hin. Allerdings ist es nicht in allen
Fällen, die ich früher aiiführte, zweifellos, welche der beiden Elternformen als kryptomer,
d. h. als Ti-ägerin des Kreuzungsuovum. und welche als bloß auslösend aufzufassen
ist. Sicher kryptomer sind jene Formen, welche ein sogenanntes typisches,
mit den anderen Merkmalen sonst verkoppeltes Merkmal vermissen lassen, welche
dadurch geradezu als Korrelationsbrecher erscheinen. Dies gilt z. B. von den angeführten
Defektrassen von Pisum arvense. Ja man darf wohl überhaupt Defektrassen —
speziell pigmentlose, albinotische Formen — als der Kryptomerie verdächtig bezeichnen.
Allerdings ist der experimentelle Beweis hierfür oft nicht durch Kreuzung mit j e d wede
r anderen Rasse zu erbringen. Nicht selten erweisen sich nur ganz be s t immt e
fremde Rassen als geeignet zur Aktivierung des Merkmals, welches in der kryptomeren
Form schlummert. So gibt nur Kreuzung einer glattblättrigen und einer behaartblättrigen
weißen Levkojenrasse violette Hybriden, nicht abei- Kreuzung zweier weißer
Rassen, welche im Charakter ihrer Blätter übereinstimmen. Es scheint, wenigstens
in manchen Fällen, ein ganz bestimmter Grad systematisclier Fremdheit der Elternform
zur Auslösung einer Hybridmutatiou erforderlich zu sein.
Ein bemerkenswerter Unterschied besteht zwischen der Ll y br idmu t at io n ,
also dem Auftreten einer neuen, diskontinuierlichen Abänderung und der Hyb r i d -
v e r s t ä r k u n g ei ner kont inu i e r l i ch en Var iat ion. So beobachtete ich, daß die
in continuo variierende Grünfärbung des Speichergewebes bei Pisum sativum oder die
Purpurpigmentieruug der Fruchtteile bei P. arvense im Anschlüsse an Fremdkreuzungeine
zweifellose Verstärkung erfahren kann. Niemals resultierte jedoch daraus eine neue
Form von gesetzmäßiger Vererbungsweise, speziell keine konstante oder Vollrasse. Ob
dabei etwa eine Hybridmutation des Liniencharakters im Sinne J ohan n s en s stattfindet
(was recht wohl möglich wäre) vermag ich allei-dings noch nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Zum Schlüsse sei die Frage nach der He r k u n f t der kry p tome r e n Fo rmen
behandelt. In den meisten oben geschilderten Fällen ist leider die Aszendeiiz
unbekannt, nur erscheinen die betreft'enden Rassen nicht durch kontinuierliche Variation
mit der typischen Form verknüpft, vielmehr diskontinuierlich oder mutativ davon
verschieden. Sie dürften daher nicht durch kontinuierliche Variation und Selektion,
sondern durch Rassenmutatiou, sei sie eine retrogressive oder degressive, entstanden
sein. Für einzelne Formen ist es sogar festgestellt, daß eine Hybridisation und Merk-
malsaufspaltuug ursprünglich zu ihrer Bildung geführt hat, daß sie selbst einfache
Kryptohybriden sind und bei einer ueuerlicheu Fremdkreuzung diese ihre Natur durch
einen anscheinenden gesetzmäßigen Atavismus veri-aten. In diesen Fällen, aber auch