In der Zentralzelle des Archegoniinns entstellt infolge der Befruchtung durch
die aus den Antheridien entleerten Sperinatozoiden die zweite Generation, bestimmt
Sporen zu erzeugen.
Das vegetative Leben ist bei den Moosen ausschließlich der ersten, die
Fruchtbildung ausschließlich dei- zweiten Generation ziierteilt. Nur der belaubte
Stengel wurzelt; die sporenbildende Generation zieht ihre Säfte ans jenem.
Die Art wie die zweite Generation auf der ersten entsteht, ist bei den
Farnen weit mannigfaltiger als bei den Moosen“.
So war denn das Vorkommen eines Generationswechsels festgestellt bei
PteridoplQ'ten und Gymnospermen, aber eine Einsicht in das wie und warum und in
den Zeitpunkt des Übergangs der einen in die andere felilte uns noch.
Diese Einsicht verdanken wir der Cytologie und in erster Linie den Untersuchungen
über Befruchtung. Es war 1883 daß E d u a r d v o n B e n e d e n ') nachwies,
daß die im Befrnchtnngsakt sich vereinigende Zellkerne eine gleiche Chromosomenzahl
führen. Aus weitei'en Untersnchnngen ging dann hervor, daß die generativen Kerne
nnr die halbe Cliromosomenzahl der vegetativen enthalten und daß der Zygotenkern
wieder dieselbe Chromosomenzahl anfweist, als die vegetativen Kerne.
Bereits im nächsten Jahre zeigten G u ig n a r d ") und S t r a s b u r g e r "), daß
bei den Angiospermen eine Reduktion der Chromosomenzahl stattflndet, in Verbindung
mit der Bildnng der reproduktiven Zellen, und zwar in den Pollenmiitterzellen und
in den Embryosackmiitterzellen resp. im Kern des Enibryosacks selber, wenn die
morphologische Embryosackmutterzelle direkt zum Embryosack wird. Demnach enthalten
also die reproduktiven Zellen der Angiospermen ob sie nun ungeschlechtliche
Zellen, wie die Pollenkörner, oder geschlechtliche Zellen, wie die Eier, sind nur die
Hälfte der Chromosomenzahl der vegetativen Zellen.
In seinem Artikel in den „Annals of Botany“ von 1893 sagt O v e r t o n , daß
man daraus schließen möchte, daß die essentielle Differenz zwischen somatischen
Zellen und reproduktiven Zellen eben in der geringeren Chromosomenzahl der
letzteren liege.
Aber, fährt ei' fort, obwohl dieser Schluß ganz berechtigt erscheint, so fragt
sich doch, ob er allen Tatsachen entspricht. Denn es soll nicht vergessen wei'den,
daß die Spore das erste Stadium des Gametophyten ist, und so fragt es sich, ob, in
Verbindung mit den obigen Funden, nicht die reduzierte Chromosomenzahl das Clia-
rakteristikum der ganzen Geschlechtsgeneration, des ganzen Gametophyten sei.
Um dies entscheiden zn können, sagt er weiter, ist die Untersuchung von
solchen Pflanzen nötig, bei denen der Gametophyt ans einer größeren Zeilenzahl besteht
als bei den Angiospermen. Als solche wären die Gymnospermen recht brauchbar,
da dort das Endosperm den Gametophyten darstellt.
1) Recherches sur la maturation de l’oeuf, la fécondation et la div. cell. Arch d Biol
Y"ol. D", 1883, p. 403.
2) Ann. Sc. nat. Bot. sér. 6, t. XX. Nouvelles recherches snr le Noyau cellulaire.
3) Neue üntersuchungen über den Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen.
Er wies dann in der Tat nach, daß bei C e r a t o z a m i a , Tsnga can a d e n s i s ,
Lar ix decidua und Ep h e d r a der Gametophyt die halbe Chromosomenzahl des
Sporophyten enthält.
Diese Untersuchungen O v e r t o n s bilden einen großen Fortschritt in unserer
Kenntnis.
Weiter fragt er ob nun bei den Pteridophyten und Moosen wo die Zahl der
Zellengenerationen in dem Gametophyten öfters noch viel größer als bei den Gymnospermen
ist die Reduktion der Chromosomenzahl an derselben Stelle wie bei den
Angiospermen oder an irgend einer anderen stattfindet.
Aus seinen Beobachtungen meint er in der Tat schließen zu dürfen, daß auch bei
den Gymnospermen und Pteridophyten in den Sporenmutterzellen die Reduktion stattfindet,
und daß auch dort der Gametopliyt, bei den Farnen also das Prothallium, die
halbe Chromosomenzahl des Sporophyten aufweist. Ganz bestimmt darf er dies der
Kleinheit und der hohen Zahl der Chromosomen wegen, jedoch noch nicht behaupten.
Der endgültige Beweis dafür wurde von S t r a s b u r g e r für Osmu n d a r e gal is
und 1894 von F a r m e r für ein Lebermoos, für P a l l a v i c i n i a erbracht.
Bereits 1891 hatte K l e b a h n ') bei der Keimung der Zygoten von Closte-
r ium und Cosma r ium die Bildung von. im Prinzip, vier Keimlingen nachgewiesen
und anf die notwendige Reduktion der Chromosomenzahl hingewiesen.
In seinem auf der Oxforder Versammlung der British Association 1894 gehaltenen
Vortrag") stellt dann S t r a s b u r g e r die gesammelten Erfahrungen zusammen,
nnd wirft in überaus glücklicher Weise folgende Frage anf:
,,Wie ist nun diese Reduktion der Cliromosomenzahl in den Geschlechtspro-
dnkten zu deuten?“
LTnd er antivortet: „Ihr physiologischer Nutzeffekt läßt sich ja leicht begreifen,
denn er bewirkt es, daß die Chromosomenzahl nicht in jeder folgenden Generation
sich verdoppelt, außerdem, daß beide Eltern mit einer gleichen Zahl von Chromosomen
in dem Kinde vertreten sind, ihre Substanzelemente somit in gleichem Maße
auf die Nachkommen übertragen. Die morphologische Ursache der Reduktion und
der Gleichheit der Chromosomenzahl in den Geschlechtszellen bei derselben Art ist
hingegen, meiner Ansicht nach, eine phylogenetische. Ich betrachte dieselbe als
Zurückgehen auf die ursprüngliche Generation, aus der ja erst, nachdem sie geschlechtliche
Differenzierung erlangte, die Produkte mit doppelter Chromosomenzahl
hervorgingen. Nicht also um einen nachträglich ausgebildeten Reduktionsvorgang
handelt es sich bei der Verminderung der Chromosomenzahl auf die Hälfte, vielmehr
um die Wiederherstellung der ursprünglichen Chromosomenzahl, wie sie den Kernen
jener Organismen zukam, die sich geschlechtlich erst differenziert haben“.
Dieser überaus fruchtbare Gedanke scheint mir für die Systematik von
größtem Wert.
1) Studien über Zygoten. Jahrb. f. wiss. Bot., XXII, 1891, p. 415.
2) Biol. Centralbl. 1894.