
U n te r dem Terrassenberg, an dem wir am Morgen des
7. August vorbeimarschierten, fanden wir eine derartige Menge
von alten Steinwällen, dass der Durchmarsch länger als eine
Stunde dauerte. In regelmässigen Reihen erstreckten sich die
viereckigen u n d ringförmigen Mauern, ganze lange Strassen
bildend. Wenn hier eine alte Befestigung bestanden hatte, so
war d e r P u n k t vorzüglich gewählt, denn er beherrschte den
Z u g an g von N orden in das eigentliche mittlere Inyanga-Thal.
Ziemlich an der nördlichen Seite der Ruinen fand ich einen
Tempel, kreisrunden Bau, welcher augenscheinlich einen Tempel darstellte.
Genau dem Osten gegenüber befand sich ein Altar
aus Steinen, neben dem zu beiden Seiten je 5 kleinere Altäre
an d er Umfassungsmauer entlang den Kreis beschlossen. Hier
fanden wir die künstlich geformten eigentümlichen Steine,
welche wir auf d e r H öhe der Fura-Ruine gesehen hatten, unter
Anderem entdeckte ich auch wieder einen Phallus. Was dem
Ganzen einen besonders fremdartigen Charakter verlieh, war
ein von Steinen eingefasster Weg, welcher in verschlungenen
mysteriösen Windungen von der Westseite auf den Bau zulief.
Konnte dieser Z u g an g zu Prozessionszwecken derartig
angelegt sein? Ich hatte keine Antwort auf die vielen Fragen,
welche auf mich einstürmten, u n d in einer Art von beklommener
U n ru h e schritt ich d u rch diese Menge von scheinbar
unlöslichen Rätseln weiter.
Inmitten dieser Steintrümmerhaufen schien ein Formationswechsel
einzutreten, indem wir aus dem G ran it in ausgesprochenen
Schiefer hineinkamen. Als wir um den Terrasseri-
b e rg herum waren, nahm ich wahr, dass alle die Abhänge
rechts u n d links mit analogen Arbeiten überzogen waren. Wir
selbst hatten beim Abstieg in das vor uns liegende Thal etwa
10 Minuten lang ü b er derartige Terrassen hinunterzuklettern,
welche mich an die Terrassen von Sans-souci erinnerten. Hier
fand ich wiederum Spuren von in Stein gefassten künstlichen
Wasserleitungen in V erb in d u n g mit diesen Terrassen.
Das Gebiet vor uns war bis auf eine weitere Stunde
Marsch übersä t mit Stein-Umwallungen u n d Steinhaufen, so-
dass d er D urchmesser dieser ganzen Anlage von No rd en nach
Süden auf 6 englische od er l 1/^ deutsche Meilen veranschlagt
werden muss. Hier müssen vor Zeiten H underttausende von
Menschen beisammen gewohnt haben. Am südlichen Rand
dieser geschlossenen Ruinenstätte liess ich gegen 12 U h r F rü h stückspause
machen u n d marschierte dann weiter gegen Süden
in den Nachmittag hinein. Das Land wurde je tzt ausserordentlich
wasserreich. Bach neben Bach fliesst von der östlichen
U m ran d u n g q u e r du rch das Thal der Vereinigung mit dem
Ruenje zu. Im Osten zieht sich hier ein Schiefermassiv entlang,
der Westen verbleibt G ranit mit phantastischen Formen.
Die künstlichen Steinwälle hörten zwar auch hier nicht auf,
aber es wurden ihrer entschieden weniger, wie Dörfer, welche
unweit einer Stadt liegen. Der Geist konnte sich wieder freier
der Betrachtung der Landschaft zuwenden, welche vornehmlich
an der Westseite fesselnd war, wo d e r G ran it sein altes
Spiel mit der Phantasie trieb.
D o rt schaute gross u n d deutlich aus dem Fels emporsteigend
die Figur eines Ritters mit Mantel u n d Degen auf
uns herab, die Hand am Knauf, ü b e r das weite Thal zu seinen
Füssen blickend. Als wir n äh e r kamen, bemerkten wir, dass das
steinerne H au p t das eines Schädels war. Es war der Tod
selbst, welcher ü b er diesem seinem eig'nen Gebiet Wache zu
halten schien. Die Ähnlichkeit war so täuschend, dass Herr
Gramann u n d ich einen Augenblick still standen, unsicher,
ob hier ein Spiel d er N a tu r oder ein Werk der Kunst vor uns
lag. Um ihn herum glotzten die üblichen Fratzen u n d
Formen von- phantastischen Zinnen u n d Felsburgen herab.
Gegen drei U h r lagerten wir an einem rauschenden Fluss,
welcher von d e r östlichen U m ran d u n g herabkam, die hier
schroff mit zerklüfteten Schieferplatten in's Thal abfällt. An
einer Stelle bemerkten wir eine rötliche Einlagerung, die uns
von unten aus wie Quarz auszusehen schien. Ich schickte
einen T räger hinauf, um uns P ro b en herabzubringen. Aber
es war Schiefer, welcher hier wie am Msusiberg stark eisenhaltig
war. Gegen Abend w u rd e es so kalt, dass ich schon vor
6 U h r zu Bett ging. Unser Lager war 1058 m hoch.
Unsere Marschrichtung war in Inyanga soweit im Wesentlichen
S. S. O. bis Süd gewesen. Vom nächsten Morgen hielten
wir genau S ü d rich tu n g inne. Wir hatten den ganzen Mor-
L an d
d e s T o d e s.