
Sinderam will Dampf aufmachen. Der Nachmittag war regnerisch
u n d stürmisch, wie ein Spätseptembertag in der Lüneb
u rg e r Heide. Wir legten in der Nähe der Telegraphenstation
von Chimara an, wo ich im Regen Zelt aufschlagen liess.
16. Dezember. V - Am Morgen gehen wir hinübe r nach
C h i m b u e , wo wir einige Stunden liegen bleiben, um P ro viant
einzukaufen u n d Feuer fü r die Maschine aufzumachen.
Chimbue ist eine Station der Mozambique Co. Der Chef
Senhor Catrino kommt an Bord, w ährend ich mir den Platz
ansehe. Er frü h stü ck t hernach mit uns. Da er ein sehr liebenswürdiger
Mann ist, verleben wir einen netten Morgen. Um
12 U h r ist Dampf auf, u n d gegen 1 U h r fäh rt die „Tambara"
in schneller F ah rt stromabwärts. Leider dauert das Vergnügen
nicht lange, da n u r fü r 25 Minuten F ah rt Dampf da ist,
und die P umpen nicht arbeiten. Wir t r e i b e n dann wieder
stromabwärts. Der Nachmittag gestaltet sich märchenhaft
schön. Nach dem Regen zieht klares, kühles Wetter mit Sonnenschein
herauf, u n d in der ganzen P ra ch t tropischer Beleu
ch tu n g liegt d e r breite Zambesi da, mit seinen frischen
grünen Ufern u n d seinen palmenbestandenen Inseln. Die Luft
ist „hellhörig" wie im August bei uns. Bis in die weiten
Fernen schweift der Blick, Friede u n d Ruhe rings üb er der
Landschaft. So g eh t es in den kühlen Abend hinein. Gegen
Sonn en u n te rg an g h at Sinderam noch einmal Dampf auf, und
wir fahren noch etwa 5 Meilen stromabwärts, um unte r strahlendem
Sternenhimmel mein Zelt aufzuschlagen.
17. Dezember. — Bald nach Aufbruch sehen wir einen
Dampfer stromabwärts kommen, den „Cameron" von der
Flotilla Co., d e r sich längsseit legt u n d uns zunächst in’s
Schlepptau nimmt, w ährend sein Maschinist, Mr. Paterson,
unsere P um p en repariert. Der Captain Copland ladet mich
seh r freundlich ein, an Bord zu kommen, wo ich Senhor
Albano P o rtu g a l D u rao treffe, der soeben von den Namuli-
Bergen kommt. Er zeigt mir seine Karten und erzählt interessant
von seiner Expedition. Er ist ein höhere r Beamter der
Zambesia Co. Wir fahren n u n mit dem „C ameron“ weiter,
bald uns der eigenen Maschine anvertrauend, bald im Schlepptau.
Gegen ?'}£» U h r sind wir in Shipanga, wo unsere Maschine
endgiltig repariert wird. Von hier fahren wir an der
Jesuitenmission von Lacedonia vorbei nach Vicentis, dem Anlegeplatz
der Zuckerfabrik von Mopea, u n d am Nachmittag in
herrlicher F ah rt den sonnigen Zambesi hinunte r nach Mara-
meo, einer anderen Zuckerfabrik. Mopea h a t dieses Jahr 2700
Tonnen Zucker auf den Markt gebracht, Marameo 900 T onnen.
Zucker hat sicherlich eine grosse Z u k u n ft an diesem Strom,
Ich lasse mein Zelt dicht am Fluss aufschlagen, neben den
Anlagen d er Fabrik. Captain Copland u n d Mr. Paterson dinieren
am Abend mit mir, während Herr Sinderam einen leichten
Fieberanfall hat. Beim Abendessen erzählt mir Mr. Copland,
dass McKinley wieder Präsident sei, u n d in England die alte
Regierung gesiegt habe, dass in Deutschland Fürst Hohenlohe
abgedankt hat, u n d Graf von Bülow Reichskanzler geworden
sei. —
i8 . Dezember. — Hellstrahlend steigt der Morgen über
der Welt empor. Ich stehe schon 4 7 2 U h r auf, da die Tage
jetzt sehr lang sind u n d mache einen Spaziergang in die Umgegend.
Um 5 7 2 U h r dam pft der „C ameron" ab, wir folgen
eine S tunde später, da wir noch keinen Dampf aufhaben. Dann
g eh t es schnell stromabwärts. Ich schiesse täglich Flusspferde.
Aber die Krokodile nehmen sehr ab hier unten. Um 10 U h r laufen
wir Bento, eine Holzstation Sinderam's, an, u n d um 1 U h r
eine zweite Station am Ausgang des Chindeflusses, die S inderam
liebenswürdigerweise P e t e r s tauft. Mynheer Sinderam h at
das Monopol des Holzverkaufes zwischen Chinde u n d Chi-
romo. Bei der Station Peters bleiben wir liegen, weil wir
nicht wissen, ob unsere Maschine im Chindefluss, wo beide
Ufe r Sumpfland sind, also keine Ankerstelle bieten, nicht zusammenbrechen
wird. Am Nachmittag, als wir beim F rü h stück
sitzen, kommt plötzlich d e r Dampfer von Marameo, der
sich längsseit uns legt, u n d heute hier bleiben will. Captain
Evans u n d Herr Bourgignon suchen uns sofort auf. So haben
wir wieder Gesellschaft fü r den Abend. Von hier läuft der
Zambesi im Delta zum Indischen Ocean. Wie das Leben des
Individuums in das grosse stille Meer des Todes, so ström t der
Zambesi in's Weltmeer aus, in verzetteltem Lauf. Alle seine
Energie u n d alle Genialität seines Stromlaufes en d e t im Welt