
Arbeiterfrage.
da mich dringende Geschäfte unmittelbar nach Maniealand
zurückriefen.
Das Sabithal, in welchem wir lagerten, ist sehr geeignet
zu P lan tagenunternehmungen aller Art. Der. Boden scheint
ausserordentlich fru ch tb a r zu sein. Ich habe selten üppigere
Hirse- und Maisfelder gesehen. Baumwolle fanden wir wiederholt
in wildem Zustand, u n d der Boden brin g t vorzüglichen
Kaffee. Hier könnten E uropäer sicherlich alle Kulturen der
Tropenwelt betreiben, da die verschiedenen Höhenlagen von
2000 Fuss aufwärts übereinander gegeben sind. Hier wächst
Zucker, Kaffee, Thee, Kakao u n d Vanille. N u r müsste sich
der Farmer an die Wasserläufe halten. Das Klima wird im
Sommer zwar heiss sein, ist jedoch stets gemässigt. Der Säbi
ist mit einigen U nterb rech u n g en schiffbar bis zu r Küste (etwa
175 Meilen). Hier befinden wir uns auf der Hochstrasse,
auf welcher die Sabäer auf die Plateaus von Mashonaland
gezogen sind, von welcher Epoche die Ruinenkette am Sabi
un d Lundi bis nach Simbabwe in Viktoria noch heute Kunde
gibt.
Dieses ganze Gebiet trägt den Namen Ghaza-
land, ebenfalls eine E rinnerung an die semitische Epoche
d e r südafrikanischen Geschichte. Die Eingeborenen nannten
sich Shangans u n d haben fast den Typus von Hindus. Sie
sind ane rkannt gute Minenarbeiter; gehören sie doch selbst
zu einem uralten Minenvolk. Auch sind sie anstellig und
gewandt, sind abe r in ihrem eigenen Lande schwer zum Arbeiten
zu bewegen.
Als sie u n te r dem Schreckensregiment von G u n g u n jan a
standen, d a war es anders. Der Neger hat den Zwang nötig,
um etwas zu leisten. G u n g u n jan a war ein g eborener Herrscher
ü b e r Schwarze, welche er nicht mit Ruthen oder Skorpionen,
sonde rn mit Feuer und Schwert züchtigte. Dafür bewiesen
ihm seine Landeskinder eine geradezu a b g ö tt’sche Vereh
ru n g . Was m eh r ist, sie entwickelten sich zu dem besten
Arbeitermaterial, welches es in Südafrika gibt. Dann wurde
G u n g u n jan a gefangen u n d nach Lissabon geschafft. Da war
es mit d e r Negerherrlichkeit zu Ende. Heute, u n te r europäischer
Herrschaft, wo jeder Schwarze gleich ist vor dem
Gesetz, haben die einheimischen Häuptlinge jeden Einfluss
über ihre Leute verloren. Über die weissen Ansiedler, die
ebenfalls denselben Gesetzen, wie sie selbst unterstehen,
abe r lachen sie. Ein Schwarzer in Meisetter h at den Weissen
völlig in seiner H an d ,-so lan g e es nicht ein weisser Beamter
ist. Er kann ihn belügen, beleidigen, ja bestehlen. Der Weisse
hat demgegenüber n u r das Recht der gerichtlichen Klage.
Dazu muss er nach Melsetter u n d persönlich Zeugnis ab-
legen, was ihm Tage von Arbeit nimmt. Züchtigt er persönlich
einen seiner Leute, so wird er bestraft, zunächst mit
Geldbussen, dann mit Gefängnis. Der Schwarze weiss dies
Alles und spekuliert damit. So sind die Melsetter Farmer
dem Ruin überliefert. Arbeiter bekommen sie entweder gar
nicht, oder aber dieselben reissen aus, wenn sie am nötigsten
sind, z. B. gerade im Augenblick vor einer Ernte. Das
europäische Gesetz kennt nämlich auch kaum eine Strafe,
die den Schwarzen wirklich b erü h rt. Also, selbst wenn der
Farmer das grosse O p fe r bringt, nach dem fernen Melsetter
oder g ar Umtali zu ziehen, um einen Schwarzen zu verklagen,
kann er diesen nicht zu einer dem Neger imponierenden
Bestrafung bringen. G u n g u n jan a liess ihnen die Köpfe
oder wenigstens H ände und Füsse oder ande re Körperteile
abschneiden. Das war roh u n d unserem Gefühl du rch au s
widersprechend. Aber so sehr es europäisches Gefühl mit
Recht anekelt, es hatte die eine gute Rückwirkung, diese
Stämme arbeitsam und gehorsam zu machen. Heute haben
wir die Gefängnisstrafe. Die Gefangenen erhalten regelmässige
Verpflegung, sogar einmal in der Woche Fleisch,
gute Behausung und Bekleidung. Sie leben im Gefängnis
weit üb er das Mass ih rer gewöhnlichen Leb en sfü h ru n g und
lieben es infolgedessen.
Was Gefängnisstrafe für den Neger ist, mag folgender
Vorgang darthun, der im Frühling 1901 in Umtali stattfand.
Ein Schwarzer hatte sechs Monate Gefängnis abgesessen. Als
er nach Verbüssung der „Strafzeit" entlassen werden sollte,
fiel er vor dem Gefängniswärter in die Knie, fing an zu
heulen, u n d fragte, was er gethan habe, dass man ihn an
die Luft setze.