
Das Ufer, an welchem die Expedition ihr Lager auf-
. schlägt, ist beschattet von üppigen Bäumen, in deren Zweigen
niegesehene Vögel hoch sich wiegen, und unte r denen Rinderherden
weiden.
Ich frage einen jeden Reisenden, welcher, wie ich, die Somaliküste
kennt, ob diese Schilderung auch n u r in einem einzigen
Zug auf jene sonnverbrannten, öden u n d wüstenartigen
Gestade passt. N u r Jemand, der niemals in Nordostafrika gewesen
ist, oder welcher der Darstellung in Deir-el-Bahri jeden
realistischen Wert abspricht, kann sie auf Nordostafrika beziehen.
Dagegen trifft sie völlig zu auf gewisse Gebiete Südost-
afrika's, z. B. auf Quelimane u n d die Zambesimündung, aber
auch auf Teile der Zanzibar-Küste. Die- Eingeborenen gehören
ih rer Kopfbildung nach augenscheinlich den punischen Stämmen
an, aus denen auch die Ägypter stammten. Aber die Fett-
wanstigkeit ihrer Weiber, welche d urchaus der der Hottentotten
entspricht, die Bauart ihrer Häuser lassen darauf schlies-
sen, dass wir es hier bereits mit negrisierten Puniern oder aber
mit Bastarden zu th u n haben.
Die Welt, in welche die Ägypter kamen, war ihnen ganz
neu. Wenn man von den westlichen Gestaden des Roten
Meeres nach Somaliland fährt, kommt man nicht in eine ganz
neue Welt, sondern da ist überall dieselbe trostlose, sonnverbran
n te Küste.
Ich glaube demnach nicht, wie die bisherigen Ausleger
meinen, dass die in der Inschrift erwähnten „Weihrauch-Stufenbe
rge " in d er N ähe von Kap Guardafui gelegen waren, da
dem jed er einzelne Z u g der Gesamtdarstellung widerspricht.
Produkte. U n d was brachten denn n u n die ägyptischen Seefahrer
aus dem Lande, zu dem sie gereist waren, nach Theben zurück?
In erster Linie ist eine Giraffe in der Rückfracht u n d gerad-
rückige Rinder, ein klarer Beweis, dass es sich um eine Expedition
nach Afrika, u n d nicht nach Arabien handelte, denn diese
Artikel gib t es in Arabien nicht. Dann abe r werden als wichtigste
P ro d u k te : Goldene Ringe, Goldstaub, Kupfer, Ebenholz
u n d andere Nutzhölzer, Elfenbein u n d Haufen köstlichen Bai-
Sams, Augenschminke etc. aufgeführt. Ausserdem 31 in Kübeln
eingepflanzte Weihrauchbäume. Ferner b ringt die Expedition
zurück Süssholz, Chesit-Holz, mit Ahem-Weihrauch, und
schliesslich befanden sich Leoparden u n d Leopardenfelle, Jagd-
pardel, Hundskopfaffen, Meerkatzen, Windhunde und Einwohner
in der Beute. Die verschiedenen Weihrauchartikel dieser
Darstellung sind, wie ich sehe, noch nicht alle genau bestimmt
(s. Glaser „das Weihrauchland u n d Sokotra" p. 7 ff.).
Aber das können wir von vornherein feststellen, dass sie allesamt
von Afrika geholt werden konnten, u n d zwar vom Zam-
besi ebensogut, wie aus Somaliland. Das Gold u n d Kupfer
jedoch weist uns viel mehr auf Südafrika als auf Nordostafrika.
Wenn jemand jetzt diese Artikel sich besorgen wollte,
würde er dann an die Somaliküste fah ren ? Wer fä h rt an diese
Küste ausser dem Zanzibar-Händler, welcher Kuhfelle aufkaufen
will? Alle die edleren Handelsartikel werden von Südafrika
geliefert, und zwar war d o rt vor 3500 Jahren sicherlich
auch erheblich mehr Elfenbein zu haben als heute. Dass im
zweiten Jahrtausend v. Chr. Gold u n d Kupfer d o rt gearbeitet
ward, und von punischen Männern gearbeitet ward, das haben
wir gesehen. Wer kann dasselbe von Somaliland nachweisen?
Wenn die Ägypter ihre Artikel aber nicht in Somaliland bekommen
konnten, nützte es ihnen auch nichts, irgendwo anders
nördlich von d e r Zambesi-Mündung zu landen. Denn auf der
ganzen Strecke sind keine antiken Werke entdeckt worden.
Dann mussten sie schon mindestens bis zum alten Rhapta
gehen, dem nördlichsten Eingangsthor in das himyaritische
südafrikanische Goldgebiet.
Somit stehen wir mit dieser U n te rsu ch u n g also auf demselben
Punkt, wie es uns seinerseits mit der Ophirfrage ging.
Wir haben einen indirekten Beweis dafür, dass die Punt-Expe-
diiion nach Südafrika ging, weil wir nicht sehen, wohin sie
sonst fü r die Beschaffung ih re r Fra cht gegangen sein könnte.
F ü r die Anwesenheit d er O p h ir-F ah rer in Südafrika fanden
wir aber ausser solchem indirekten Beweis noch weitere Spuren.
Die Frage wird sein, ob wir auf Beziehungen mit den alten
Ägyptern ebenfalls derartige U rk u n d en aufdecken können. *)
J) Selbstredend heisst diese Frage nicht, ob Südafrika ein antikes
sü d a ra b is c h e so d e re in antikes ägyptisches Kulturgebiet gewesen sei,
wie Prof. Keane zu meiner Überraschung mich behaupten lässt. Ich