
2. Ka pi t e l .
Am Zambesi.
In C h in d e . Von d e r M ü n d u n g des Zambesi aus sollte der Vorstoss in
das antike Ruinenland also b egonnen werden. Der Zambesi
war augenscheinlich schon in d e r ältesten Epoche eine H ochstrasse
in's Innere gewesen. Ich werde später darth u n , dass
das Rhapta des Periplus maris erythraei, einer Beschreibung
der ostafrikanischen Küste aus dem ersten J a h rh u n d e rt n. Chr.,
augenscheinlich unser Quilimane gewesen ist, am nördlichsten
Mündungsarm des Zambesi. Bis hierhin fand also vor zwei
Jahrtausenden ein regelmässiger Handelsverkehr vom Mittelmeerbecken
a u s statt, d e r sich o hne Frage im Wesentlichen
auf die P ro d u k te von Zambesia stützte.
Quilimane hat heute, diese B edeutung verloren, weil der
nördliche M ündungsa rm des Zambesi stark versandet ist. An
seine Stelle ist Chinde getreten an der M ü n d u n g des schiffbaren
Chindeflusses. Von hier aus vermitteln mehrere Flussdampfergesellschaften
den Verkehr einerseits in das Nyassa-
Gebiet, andererseits Zambesi aufwärts. D e r Fluss ist 8—9
Monate h in d u rch fü r Dampfer schiffbar. In der ganz trockenen
Zeit von Mitte September bis gegen Ende Dezember
ist d e r Verkehr oberhalb der Shire -Mündung auf Segel- und
R u d e rb o o te angewiesen. Dies ist eine grosse Verkehrshemmung,
a b e r bei ih rer Beurteilung vergisst man häufig, dass
auch die Flüsse des europäischen Kontinents alljährlich etwa
eben so lange d u rch Eis verschlossen sind.
In C hinde war ich, wie erzählt, Ende März 1899 eingetroffen,
um von hier aus zunä chst an den östlichen Eingang
In Chinde. Abfahrt. 15
Strand von Chinde.
der. Lupata-Enge zu gehen. Wir waren im ganzen sechs Herren,
von denen ich n u r Mr. Puzey, H errn Gramann und
Herrn von Napolski erwähnen will. Dank der U n te rstü tzu n g
des liebenswürdigen H e rrn E ddelbüttel von der International
Flotilla & T ran sp o rt Co. wurden wir mit unseren Vorbereitungen
in einigen Tagen fertig u n d konnten am 3. April an
Bord des „King" Zambesi aufwärts gehen. Es war der O ste rmontag
des Jahres 1899. Man wird verstehen, wie glücklich
ich war, wenn man erwägt, dass wir allein 14 T o n n en an Gepäck
hatten verpacken u n d verladen müssen. Soviel Gewicht
schafften vornehmlich die Instrumente u n d Maschinen unserer
geologisch ausgerüsteten Expedition.
Die ganze europäische Kolonie von C hinde gab uns das
Lebewohl vom Strande, als d er „King" in weitem Bogen aus
dem Hafen in den eigentlichen Chindefluss hineindampfte.
Mit einem dreimaligen H u rrah u n d vielem Hutschwenken w ü rden
wir auf unsere Reise entsendet. Wir erwidern die fre u n d liche
Begrüssung, u n d bald verschwindet Chinde hinte r einem
V o rsp ru n g des grün um säum ten Flusses. Rechts u n d links sind
die Ufe r mit Mangrovebusch bestanden, spiegelklar liegt sein
Wasser u n te r uns im Schein der sinkenden Sonne, n u r am
Afterdeck wirbelt das mächtige Rad glitzernden Schaum empor.
Vor u n s beg in n t sich d er Himmel'allmählich in all’ die unsagbaren
Farben des Tropenhimmels zu kleiden. V om'leuchtenden
A b fah rt.
C h in d e fluss.