
8 . K a p i t e l .
Das Ziel der Puntfahrten.
P u n t id e n tis
c h m it
O p h ir?
Brugsch sprach 1896 die Vermu tu n g aus, dass Ophir
und P u n t ein u n d dasselbe Gebiet gewesen sein möge. Beides
war ein überseeisches Eldorado, u n d die Rückfracht' der
altägyptischen Puntexpeditionen ist den Gütern der Salomonischen
Ophir-F ahrten sehr gleichartig.
Nun h a t Glaser, dem ich hierin folge, nachgewiesen, dass
das Punt, Pwnt oder P ö n a t der ägyptischen Inschriften kein
einzelnes Land bezeichnet, sonde rn ein e thnographischer Begriff
ist, welcher die ganze punische Welt am Indischen Ocean
umfasst, vom Persischen Golf üb er Bab-el-Mandeb bis über
Abessynien gegen Westen u n d die Küste Ostafrika’s entlang
bis üb er das Cap Corrientes hinaus. Dies habe ich im vorigen
Kapitel auseinandergesetzt.
Die Frage, welche der berü hm te deutsche Ägyptologe
angeregt hat, b ed eu te t also nicht, ob etwa O p h ir im Bereich
dieses allgemeinen Puntgebietes gelegen war, sonde rn die bestimmte
Untersuchung, ob die Ägypter im sechszehnten Jah rh
u n d e rt v o r C hristi G eb u rt ihr Gold aus demselben Distrikt in
P u n t holten, aus welchem 5—6 Ja h rh u n d e rte später das gelbe
Metall nach Jerusalem gelangte.
Wir haben gesehen, dass die Pharaonen jen er Zeit ihr
eigenes Goldgebiet hatten im Lande d er Shasu, der Beduinen,
im Süden ih re s Reiches. Aber die V erb in d u n g d o rthin
ging ü b er Land, u n d dieser Distrikt wird klar unte rschieden
von dem Ziel der berü hm ten P u n tfa h rt u n te r der
Königin Hatschepsu, welche eine U n te rn ehm u n g zu r See war,
Punt-Überlieferung. 277
und zwar mit einer Flotte von acht oceantüchtigen Segelschiffen.
Wohin war diese Oceanexpedition gerichtet?
Bevor ich zu r U n tersu ch u n g üb er diese Frage übergehe, Standpunkt
bemerke ich, dass ich aus dem Studium des P unt-P roblems Forschung,
zu der Überzeugung gelangt bin, dass die ägyptische Überlieferung
in den verschiedenen Jahrtausenden nicht immer
ein und dasselbe Einzelgebiet versteht. Sondern bald ist diese,
bald jene Gegend aus dem weiten Rahmen der Glaser’schen
Kennzeichnung gemeint gewesen, u n d wiederholt hande lt es
sich ohne Frage um Gebiete am Roten Meer. Ich will mich
hier darauf beschränken, zu untersuchen, ob die Expedition,
welche (nach Petrie) um 1500 v. Chr. von der Königin Hatschepsu
nach P u n t gesandt wurde, zu den Landschaften
sich wendete, welche wir im vorigen Kapitel als das
Ziel d er Salomonischen O p h irfa h rt festgestellt haben. Dass
dieses Gebiet ein Teil des ägyptischen Pwnt war, wissen wir
durch Glaser. Auch ist es an sich wahrscheinlich, dass das
ägyptische Amu-Gold dieser Punt-Expeditionen aus Mashona-
oder Maniealand kam, u n d nicht aus Shasuland, welches mehr
oder weniger eine Provinz Ägyptens war, w ährend bei P u n t
ausdrücklich bemerkt wird; dass die Ägypter d o rt zum ersten
Mal erschienen. Ein drittes Eldorado aber gab es damals in
Ostafrika nicht. Es ist sehr bequem zu sagen, die Reise ging
nach Somaliland. Aber man weise nach, wo u n d wie die
Ägypter aus Somaliland ihre verschiedenen Puntfrachten zusammenbringen
konnten. Auch fü r das P u ntproblem gilt der
Standpunkt, den wir fü r die Behandlung der Ophirfrage fest-
.stellten. Wir müssen archäologische Beweise verlangen, u n d
können uns nicht mit allgemeinen Räsonnements begnügen.
Doch ich will den Gegenstand von G ru n d aus beh an deln,
u n d dazu haben wir zunächst zu untersuchen, wie bei
Ophir, welche Merkmale von P u n t uns die ägyptische Überlieferung
Selbst an die Hand gibt.
Die erste E rw äh n u n g des Landes P u n t ist eine Notiz, dass Quellen,
unte r König Assa (3580—3536 v. Chr.) d u rch Baur dedu ein
Deng oder Zwerg von d o rt nach Ägypten geb ra ch t sei (s. Petrie
a. a. O. I, 100). Diese Mitteilung besagt fü r unsere Zwecke
nichts, da keinerlei geographische Angabe damit v erknüpft ist.