
Ernst Gramann.
dem das G rü n d er Bäume u n d die phantastischen Formen der
Hügel sich grell abhoben. Jeder Ast, ja jedes Blatt an den
Bäumen tritt scharf umrissen hervor. Eine träumerische Stimm
u n g beschleicht die Seele, als wir so cjahin ziehen. Weit ausg
ed eh n t marschiert die Kolonne vorwärts, u n d ich finde mich
alsbald allein, n u r von Osman, meinem Somali, der meine
Dop p elb ü ch se trägt, gefolgt.
Das Bewusstsein, üb er uralt geschichtlichen G ru n d und
Boden dahin zu schreiten, macht sich geltend. Welche Gestalten
haben hier v o r Jahrtausenden gewandelt, u n d was fü r
ein Leben hat sich in dieser U m g eb u n g abgespielt? Ach, dieselben
Leidenschaften u n d Gesetze, welche die Gegenwart beherrschen,
wirkten auch d am a ls !
„Solange nicht den Lauf der Welt
Philosophie zusammenhält,
Erhält sich das Getriebe
Durch Hunger und durch Liebe.“
Als ob die Philosophie jemals deren Platz ausfüllen k ö n n te !
Der Nachmittag schreitet fort, die Sonne sinkt tiefer im
Westen. Die Felspartieen um uns werden schroffer u n d gestaltungsvoller;
sie scheinen Leben zu gewinnen. Hier grinst
fratzenhaft ein Gesicht uns an, d o rt e rh eb t sich d ro h en d ein
Arm, welcher uns zurückzuweisen scheint. „Was willst Du,
Armseliger, hier in unserem Reiche? Geschlecht um Geschlecht
Deines Gleichen sank vor unseren Augen in die Tiefe.
Für die Ewigkeit sind n u r wir geboren, die Söhne der TiefeJ
Was nützet Dir Dein leidenschaftliches Streben u n d Wollen!
Staub u n d Moder sind das Ziel, dem Du zu ren n st.'' „Aber
Andere werden mir nachfolgen, u n d Ih r selbst, Ih r trotzigen
Kinder des Erdinnern werdet Schutt u n d Staub sein, bevor der
Letzte meiner A rt üb er den E rd b o d en gewandelt ist." —
Bei S o nnenunte rgang trafen wir in Inja-ka-Lapa ein, einem
kleinen D o rf an der Nordwestseite des Flusses. Ich liess mein
Zelt auf dem reinen U n te rg ru n d des Flusssandes aufschlagen
und beorde rte die Eingeborenen d u rch Cuntete, Mehl fü r meine
Leute zu bringen. Dies geschah auch, u n d wir lebten im
Vollen.
Am nächsten Morgen in der F rühe marschierten wir wei- Loioa^oe.
ter, teils im Flussbett selbst, teils d u rch schönen Hochwald am
westlichen Ufer. Gegen U h r verliessen wir die Landschaft
Inja-ka-Fura u n d trafen eine Stunde später in Lolongoe ein.
Die Bevölkerung empfing uns seh r freundlich, u n d ich blieb
hier eine Stunde liegen, um mir den Platz genau anzusehen, an
welchem, wie die Eingeborenen mir erzählten, frü h e r eine p o rtugiesische
Station gewesen sein soll. Dies ist wahrscheinlich
das Longoe oder Bocuto des alten Berichtes in meinem Atlas
antique. Lo is t Artikel in südafrikanischen Sprachen. Theal in
seinem Buch „The Portugue se in South Africa" (p. 179) sagt,
Bocuto sei dreissig Meilen von Massapa entfernt, u n d zwar ein
bloss§s störe mit keinen besonderen Eigentümlichkeiten gewesen.
Massapa lag dicht am Berge Fura, von dessen Höhe