
Wolken sind über das blaue Firmament gestreut. Die Sonne
verbreitet ein sanftes Licht u n d milde Herbstwärme. Schon
um 4V2 U h r schlagen wir das Lager auf reinlichem Sand
am Rande eines Holzbestandes auf, wo ich dies schreibe.
Wir sind etwas üb er 3,100 Fuss oder 942 Meter ü b e r dem
Meeresspiegel.
15. April. — Nachts ist wieder ein Regenschauer gefallen,
abe r der Morgen ist schön. Ich gehe 71/ s U h r allein
dem Wagen voran. Die Landschaft ist unverändert, genau wie
ein Marsch du rch einen nord d eu tsch en Forst. Um 9 U h r
h ö re ich das Rauschen des Mpusi-Flusses, den ich überschreite.
Es ist ein klares Gewässer, das mit seiner gewellten Bergumra
n d u n g mich ein wenig an den oberen Tana erinnert. An
seiner linken Seite frühstückten wir.
l 2 i / 4 U h r g eh t's weiter. Ich lasse diesmal den Wagen
mit den ande ren Herren vorangehen, um meiner Neig u n g nach
Einsamkeit zu folgen. Bald überhole ich jedoch auf meinem
Reitesel den Wagen u n d nehme n u n wieder die Tête. Das
Reisen mit Ochsenwagen ist zwar langsam (etwa 12 englische
Meilen den Tag), abe r es ist weitaus die bequemste der afrikanischen
Reisearten, welche ich kenne (Träger, Esel, Kameele).
Man h a t gar nichts mit dem Gepäck zu th u n u n d kann sich
nach Belieben fortbewegen. Die Ochsen brauchen auch keinerlei
F ürsorge nach Ankunft. D e r Leitochse mit seiner Glocke
um den Hals deutet an, wo sie sind. Sie werden einfach auf
die Weide getrieben u n d sich selbst überlassen. N u r des Nachts
werden sie zuweilen, wenn Löwen in der Nähe, angebunden.
U n ser Team ist so eingefahren, dass jedes Tier seinen Platz im
Joch k en n t u n d selbst dorthin geht. Der Wagen ist in seinem
hinteren Teil bede ckt u n d bietet Schutz gegen Regen. Das Gepäck
wird d u rch ein wasserdichtes Segeltuch geschützt. Die
beiden Transvaalbauern verstehen überdies ihr Handwerk aus
dem ff.
Den ganzen Nachmittag rieselt ein leichter Nebel, der
zeitweilig in einen wirklichen Regen übergeht. Die L andschaft
bleibt einstweilen u n v e rä n d e rt; der Weg senkt sich fortwähren
d d u rch sandigen Forst. Von Bergen ist im Holz nichts
wahrzunehmen. Plötzlich um 2 U h r öffnet sich der Wald
und wir marschieren du rch Maisfelder. Vor uns erh eb t sich
der Bergrand, den wir gestern schon sah en ; schroffe u n d
wunderliche Kuppen treten hier hervor. Das erinnert ein
wenig an den Drachenfels, an die Loreley. In etwa 12 Minuten
erreichen wir den Nymbaya-Fluss, welcher schnell an den
Bergen vorbeifliesst üb er felsigen G ru n d , etwa wie d er Neckar
bei Tübingen. An der anderen Seite finde ich einen schönen
Lagergrund, wo ich die Kolonne abwarte u n d das Lager auf-
schlagen lasse. Der Abend gestaltet sich zu r trü b en November
Regenlandschaft.
Alle die Flüsse, welche wir passieren, fliessen du rch den
Odsi in den Sabi. Wir sind bis auf 788 Meter abgestiegen.
16. April (meiner Mutter Geburtstag). — Ein herrlicher
Morgenmarsch. Links imposanter Bergzug mit mächtigen Gra-
■ n itkuppen, rechts der Blick üb er eine weite Ebene, übersät
mit pittoresken Granitkopjes. Dazu T autropfen auf jedem
Blatt, jeder Blume, u n d jedem Grashalm, in denen die Sohne
Millionen Mal kleine Regenbogen hervorzaubert. Um 91/ 2
überschreite ich einen murmelnden Bach u n d warte auf den
Wagen, der 11 U h r eintrifft. Um 2 U h r g eh t's weiter. Die
Landschaft, abgesehen von den Bergzügen, die grossartiger
geworden sind, bleibt stets dieselbe: echter Forst, durchzogen
von einem Waldweg. Aber die Formation beg in n t sich zu verändern.
Wir kommen aus dem Granit allmählich in Urschiefer
hinein, in welchem unverfälscht wir uns von U h r bewegen.
Gegen 4 U h r hö re ich das Brausen des Umbvum-
bvumvu, des stärksten Nebenstromes zum Odzi-Sabi. Beim
Überschreiten gerät De Closs um ein Haar mit meinem einen
Esel in einen Wasserfall. Ich ru fe ihm im letzten Augenblick
zu, abzusteigen, was De Closs u n d Esel rettet • - wenigstens
vor Arm- u n d Beinbruch. Der Umbvumbvumvu windet sich
du rch ein langes Querthal, welches lebhaft an das Thal von
Ilfeld im Harz erinnert. Wir müssen ihn dreimal überschreiten
— zweimal ist dies heute Nachmittag geschehen — und
ich bewunde re aufrichtig die Gewandtheit unserer Buren. Seit
zwölf Monaten ist kein Wagen ohne Doppelgespann d u rch
die brausenden Driften gekommen. Jetzt lagern wir unmittelbar
üb er der lärmenden Wassermasse u n d finden es schwer,
uns aus kurzen Entfernungen zu verständigen.