
Der Weg am Morgen fü h rt mich an zwei, der am Nach-,
mittag an weiteren zwei Buren-Farmen vorbei. Was Meisetter
fehlt, sind ein paar tausend tüchtige europäische Bauern. Das
Gras ist erstklassig fü r Rindvieh u n d Schafe; d er Acker kann
Alles hervorbringen, und der Wasserreichtum ist ungeheuer.'
Das • sp ru d e lt u n d raüscht von allen A nhöhen herunter.
Das Klima ist besser als in Transvaal. E s 'g ib t' n u r einen
kurzen Winter, mit leichten Frösten, u n d das Vieh kann .das
ganze J a h r auf die Weide getrieben werden, was im Trans-!
vaal nicht möglich ist. Dabei ist das Land fieberfrei. Mel-
setter heisst übrigens bei den umliegenden Stämmen Umsapa
od er Massapa — eine E rin n eru n g an die Epoche d er Sabäe
rherrschaft bei den Eingeborenen im Lande selbst She-
mano-mano. Meisetter wurde es von den Buren getauft. Viel
Geld ist zu r Zeit hier wohl nicht zu verdienen. Aber ein
gutes Auskommen kann eine fleissige Familie sich sehr leicht
erarbeiten. U n d dabei das herrlichste Klima d e r Welt! In
E u ro p a kann man sich davon ü b e rh a u p t g ar keine Vorstellu
n g machen. Ich kann n u r immer an Septembertage in N o rd deutschland
erinnern. Aber, um wie viel intensiver ist hier
alles, Licht, Farbe, ja Luft! Beschreiben lässt sich das eben
nicht.
Am Injahori frühstücken wir u n d machen dann einen
kurzen Nachmittagsmarsch, um einen gu ten Lagerplatz zu
suchen. Den finde ich gegen 4 U h r am grasreichen Rücken
eines Bergabhanges unte rha lb einer Farm, 1206 m oder 3980
Fuss hoch.
22. April. — D e r Weg fü h rt wieder bergan, an langgestreckten
Bergrücken entlang. Die Formation ist seit Meisetter
Diorit. Die T emperatur, welche in der N a ch t direkt kalt war,
erwärmt sich schnell in dem strahlenden Sonnenschein, welcher
die L andschaft geradezu verklärt. Ich reite weit voraus und
geniesse die schöne N a tu r in vollen Zügen. Gegen 81/ 2 U h r
tritt die Bewaldung von den Bergrücken zurück, kahle, grasige
Berghalden, welche mich an Partien in Massai-Land u n d an
Beachy-Head bei Eastbourne erinnern, ü b e r welches ich so
oft mit meinem P fe rd h in ü be rge sprengt bin. 9V 2 U h r erreiche
ich die H öhe u n d steige n u nm e h r in ein Thal hinab, durch
Fahrstrasse, Süd-Melsetter.
welches d e r klare Lusiti-Fluss hindurchfliesst, welcher meinem
Esel bis an den Sattel reicht, mit krystallklarem Wasser. Hier
wollen wir heute liegen bleiben, weil die Ochsen der Ruhe
u n d unser aller Wäsche d e r Reinigung bedarf. Wir lagern
1254 m (413 Fuss) hoch.
Nachmittags grosse Wäsche, Umpacken von Lasten, Trocknen
von Reis- u n d Salzsäcken etc. Während ich dies schreibe,
sehe ich- unsere Ochsen u n d Esel gemütlich am Flussrand,
Blöcker in seinem Zelt an der Erde u n d De Closs unte r
dem Wagen (ditto) liegen. Alles erfreut sich der wohlverdienten
Ruhe.
23. April. — Formation u n d Landschaft wechseln. Wir
kommen aus der Urschieferformation in Sandstein u n d am
Nachmittag in ausgesprochene Kohlenformation. Die Landschaft
verän d ert sich von schluchtenreichen, bewaldeten Ge-
birgspartien in kahle, grasbestandene lange Höhenrücken. Als
ob der Himmel diese Wan d lu n g stilvoll hervorheben wollte,
ist das Sonnenwetter verschwunden, u n d grau liegt das Land
v or unseren Augen. Ich bin der Kolonne weit voraus u n d
finde mich allein in dieser „R em brandt'schen" Landschaft,
welche öde u n d beklemmend au f die Seele wirkt. Aber doch
auch wieder erhebend, indem sie die Unendlichkeit vor u n serem
körperlichen u n d geistigen Auge zu eröffnen scheint.
Wie im Massai-Land ziehen diese weiten, grasbestandenen
Höhenrücken, deren eine auf die andere folgt, unsere Seele
in die Fernen. Ich bin sehr empfänglich fü r landschaftliche