
Mauern am Boden angedeutet. Wir erreichten bald darauf
den Fuss d e r östlichen Hügel, an denen ein m unte rer Bach
entlang lief, u n d hier wurden die Reste von Steinbauten immer
verwirrender. Terrassenförmig lief um den Hügel herum eine
Mauer ü b e r der anderen. Auf freien, augenscheinlich künstlichen
Plätzen standen die viereckigen Wälle, wie wir sie unten
gesehen hatten, welche ganz den Eindruck von Überresten
alter W ohnhäuse r erweckten. Der Bach, welcher an dieser
Ansiedlung entlang lief, war künstlich gefasst u n d augenscheinlich
nach den Bedürfnissen d e r ehemaligen Bewohner geleitet.
U n terh a lb dieser Bauten aber waren zu Dutzenden, ja H u n derten
jene von Katerere an gesehenen Haufen aus Quarzgeröll,
o hne Frage künstlich zusammengeschleppt. Augenscheinlich
standen wir hier auf dem Boden ehemaliger menschlicher
Thätigkeit, abe r das Schweigen des Todes ru h te jetzt
über der Landschaft. Die Scene hatte etwas von Dornröschens
Schloss an sich. Wenn die Quarzhaufen mit bergmännischen
U n te rn ehm u n g en etwas zu th u n hatten, so mussten sie ganz
plötzlich verlassen sein, die Arbeit musste mit einer Katastro
p h e ih r Ende gefunden haben. Wenn sie abe r ohne Zus
ammenhang mit solchen standen, was konnten sie dann zu
bedeuten h a b e n ? Verwirrt u n d g rü b e ln d zogen wir weiter,
die östliche Hügelkette in einem Pass überschreitend. Uebe r
immer neue u n d zum Teil ganz unverständliche Steinbildungen
fü h rte unser Weg. Bald schien es, als ob Wege zwischen
zwei Steinketten in den wunderlichsten Schlangenwindungen
eingefasst gewesen waren, bald lagen auf mächtigen Granitblöcken
Steine auch n u r zu schnörkelhaften Figuren zusammengestellt.
D e r E indruck gestaltete sich von S tunde zu Stunde
unklarer, ja fast unheimlich. Dazu die Masse von künstlichen
Steinhaufen nicht m eh r aus Quarz, sonde rn auch aus Granit-
u n d Schiefergeröll, soweit das Auge blicken k o n n te : zum Teil
regelmässig au f einander geschichtet in viereckigen länglichen
Haufen wie unsere Chausseesteine, bald in ru n d en Formen,
bald ganz unregelmässig zusammengeworfen. Sehr häufig standen
Wälle em p o r wie unsere Brunnenumfassungen aus Schiefer
od er Granit, gefüllt mit einem andersartigen Steingeröll.
Dazwischen immer wieder viereckige u n d ru n d e Steingerölle,
welche wir fü r Reste menschlicher Wohnstätten nehmen mussten.
Zuweilen schien, was wir sahen, Sinn u n d Verstand zu
haben, d ann wieder kam es mir vor, als ob wir in ein Land
hineinkamen, in dem eine Gesellschaft Wahnwitziger gehaust
haben mochte. Dieses Gefühl, nicht begreifen zu können, was
unser Auge wahrnahm, wirkte beklemmend, ja geradezu beängstigend.
„G e t away'.'' rief d e r Vogel uns zu, dessen Stimme
ich nirgends häufiger g eh ö rt habe, als an diesem Morgen.
Ich fragte Cuntete u n d unsere F ü h re r aus Katerere, was
dies alles zu bedeuten habe. „Lapa mefamba mazimo, basso",
antworteten die L e tz te re n : „Dies haben Gespenster gethan."
„Ach was, Gespenster, hier müssen Menschen gearbeitet haben.
Wisst ih r nichts von ih n e n ? " „Dies ist kein Land d e r Menschen,
dies ist das Land d e r Seelen von Abgestorbenen. Menschen
fürchten sich, hier zu wohnen, ja auch n u r einsam hindurchzuwandern.
Es ist ein Land des Todes."
Freilich befanden wir uns auf einem Schauplatz dahingesunkener
Geschlechter. Plötzlich aber wurden wir diesen Betrachtungen
entrissen durch den Anblick der Telegraphenlinie,
welche jenseits der Hügelkette in nord-südlicher Richtu
n g dahinlief, u n d der breiten Fahrstrasse parallel zu ihr.
„Ndjila ia Wasungu" „de r Weg d e r Weissen". Das war das
neue pulsierende Leben, welches hier üb er den Ruinen
spriesste. Ein Gefühl freudiger G en u g th u u n g kam üb er uns.
Freilich auch diese Strasse war menschenleer, wie das
weite Thal u n d das Gebirgsgelände zu beiden Seiten, abe r es
war der Stempel unserer Rasse, welcher der Landschaft aufg
eprägt war, u n d wichtiger als alle sentimentalen Empfindungen
war die Wohlthat, jetzt auf leidlicher Strasse dahinziehen
zu können.
Wir marschierten noch etwa \ l / 2 Meilen gegen Süden,
dann liess ich das Lager an einem Wasserlauf, der von d e r östlichen
zu r westlichen Be rg um ran d u n g inmitten einer alten
Steinansiedlung sich befand, um Mittagszeit aufschlägen. Wir
befanden uns hier 1015 m über dem Meeresspiegel. Ein kalter
Wind, welcher sich in d e r N ach t zum Sturm entwickelte, pfiff
über das Thal von Inyanga.
Am Nachmittag sah ich mir die Ansiedlung des Näheren