
Nach
Kaiser-
Wilhelm-
L a n d .
liess, antworteten sie mir b rü lle n d : „Ndara, n d a ra !“ (Hunger,
H u n g e r!) Ich griff n u n zu einem Stock; aber wie Spreu vor
dem Wind war die ganze Gesellschaft in den Feldern verschwunden.
Darauf rief ich ihnen z u : „Lauft n u r fort, lauft
alle fort. Ih r werdet in Tete mein Telegramm vorfinden, welches
Euch in's Gefängnis befördert. Ich werde Leute genug,
auch ohne Euch, hier bekommen."
D arauf kamen die Träger-Aeltesten zu mir u n d sagten,
sie dächten nicht daran, au szureissen; die Leute wären n u r
erschreckt gewesen. Sie wollten ihre Arbeit jetzt th u n . Ich
sprach ru h ig zu den drei Leuten, ihnen unsere Lage kla rlegerid:
„ Ih r wisst sehr wohl, dass ich Getreide kaufen würde,
wenn etwas hier zu haben wäre. Aber lasst uns an die andere
Seite des Ruenje marschieren. D o rt werden wir N ah ru n g
finden."
Gegen Westen also brachen wir auf, indem wir die Strasse
nach Matoko's Land einschlugen. Bald kamen wir auf eine
Wagenspur, welche hier d u rch Busch, d ann du rch Sumpf
u n d d an n wieder ü b e r Felsblöcke hinübe rführte. Die Insassen
müssen eine nette F ah rt g eh a b t haben. D e r Weg brachte uns
alsbald in eine grossartige Gebirgslandschaft. Granit, wohin
wir blickten, mit all’ seiner schroffen Schönheit, überzogen
abwechselnd von Busch- u n d Hochwald. Gegen 11 U h r erreichten
wir den Ruenje, welcher, an 150 Fuss breit, schnell
d u rch schroff abfallende Felswände dahinfloss. Wir fanden
ein Boot am Ufer, aber es war so klein, dass ich ihm unsere
Lasten n ich t anvertrauen mochte. Glücklicherweise entdeckte
einer meiner Leute einige h u n d e rt Schritte stromaufwärts eine
primitive Brücke, au f welcher wir den Fluss überschreiten
konnten. Hier war Diorit in den G ranit eingelagert, den wir
auch am rechten Ufe r strichweise wiederfanden, mit streifenweise
auftretenden Quarz-Reefs. Aber die vorherrschende
Formation blieb auch hier Granit, welcher den ganzen Süden
des sogertannten K a is e r-W ilh e lm -L an d e s auszufüllen
scheint. Ein Rundblick von jedem Hügel aus zeigt die G ranitkuppen,
wohin das Auge sich wenden mag. In einem heissen
Nachmittagsmarsch zogen wir vorwärts gegen Westen. Etwa
um 2 U h r erreichten wir Simbuyi, eine kleine Makalanga-Ansiedelung,
wo wir vom Häuptling Taüka freundlich aufgenommen
wurden und, wie ich gleich erfuhr, Getreide kaufen konnten.
Um n u r erst den H u n g e r der Leute zu stillen, brachte der
Häuptling sofort Massen von Erdnüssen u n d Tomaten, an
denen sie sich gütlich thaten.
Ich beschloss, hier am folgenden Tage liegen zu bleiben,
um uns gehörig fü r den Nhani-Marsch zu verproviantieren
und mich selbst ein wenig im Lande umzusehen. Wir hatten
am Morgen die sogenannte Lawley’s Concession durchzogen
u n d fanden uns n u r einige S tunden entfe rnt von d er Station,
welche Dr. Schlichter im Kaiser Wilhelm-Land angelegt hatte.
Unser Lagerplatz war 770 m hoch.
Bald nach unserer Ankunft h örte ich vom Dorfe her
einen lauten Ton, wie wenn jemand wiederholt stark nieste:
Es war d er Häuptling, der von einem hohen Holzgerüst her-
u nte r in's Land hinausrief: „Skoff, Skoff!" (Essen, Essen!),
ein Zeichen fü r seine Leute, Mehl zu stampfen u n d zum
Verkauf zu bringen. Schon gegen Abend sah ich zu meiner
Freude Scharen von Weibern mit den üblichen Mehlkörben
auf dem Kopf anziehen. Um das Geschäft noch energischer
zu betreiben, ordnete ich an, dass Tom mit Piso in der F rühe
zum Einkauf auf die umliegenden D örfer mit zehn unserer
Träger ziehen solle. Thatsächlich haben wir uns hier fü r
6 Tage im voraus verproviantieren können, was uns den Marsch
auf's Inyanga-Plateau garantierte.
Am Nachmittag des 4. August machte ich einen Ausflug
gegen N orden, in der Richtung auf's Rupire-Plateau zu. Der
Weg fü h rte in ein schroffes Felsgebiet hinein, welches d u rch weg
aus vulkanischem Granit bestand. Wenn das Kaiser
Wilhelm-„Goldfeld" existiert, kann es jedenfalls nicht an u n serer
Seite des Landes liegen. Wo hier alluviales Gold her-
kommen sollte, war unerfindlich, da nirgends eine Go ld fo rmation
zu entdecken war. Zwar waren überall die eigentümlichen
Geröllhaufen sichtbar, welche wir schon vor zwei
Tagen bemerkt hatten. Aber, wenn solche irgend etwas mit
Bergbau zu th u n hatten, konnte es sich n u r um Eisengewinnung
handeln. Dies war die Meinung G ram a n n ’s und
auch meine eigene. Einzelne Flüsse in der Nähe fü hren Gold,
P e t e r s , Im Goldland des Altertums. 7